Allgemein gültige Definitionen für Gut und Böse
gibt es ja sowieso nicht. Es ist wohl so, dass eine Gesellschaft, wenn wir alle von Ihr etwas haben wollen, gewisse Grundsätze respektieren muss. Wenn ich jederzeit alle anderen angreifen, berauben, beklauen und unterjochen darf, geht es wohl jedem irgendwann an den Kragen und wir leben alle in ständiger Angst. So gibt es eben (auch kulturell geprägte) Vorstellungen einer Mehrheit in einer Gesellschaft, welches Verhalten wünschenswert ist und was man vermeiden sollte.
Das sind Dinge, die man sich bewusst machen und rational verarbeiten muss. Auf der anderen Seite gibt es aber noch die Triebe in uns, die aus einer Zeit stammen, als allenfalls die Regeln der eigenen Sippe einzuhalten waren und das Hauptaugenmerk aller auf ihr Überleben und das Verbreiten der eigenen Gene gerichtet war.
Und so haben wir eben auch die Gier und die Aggression in uns, die Lust auf das andere Geschlecht etc. - gut dosiert haben diese Triebe alle ihren Sinn, aber richtig ausgelebt führen sie allesamt zu asozialem Verhalten.
So gibt es nach meiner Auffassung drei Sorten von "Bösewichten":
Die einen glauben einfach, dass die andern ruhig auf human machen sollen, während man diese Doofen eben unterdrückt, ausbeutet, beklaut, ihr Eigentum stört etc. Die sind einfach zu egoistisch, um eigene Wünsche hintenanzustellen. Das sind die Arschlöcher, die man aber ganz gut durch Abschreckung, Kontrolle und gesellschaftlichen Zwang beherrschen kann. Weil die immer die Kosten gegen den Nutzen abwägen.
Dann gibt es noch diejenigen, die nicht von selbst verstehen, dass es so viel einfacher und besser ist, wenn alle ein paar Spielregeln einhalten. Die einfach so weit nicht denken, dass sie selber eines Tages beraubt, verhaun etc. werden könnten. Und dass es geiler wär, abends ohne Teleskopschlagstock im Park abhängen zu können. Denen kann man das erläutern, bei denen greifen auch die entsprechenden Trainings- und Läuterungsmaßnahmen.
Und die anderen habe einfach nicht genug Kontrolle über sich... das sind die wirklich gefährlichen. Weil bei denen selbst die eigene Einsicht, die eigene Überzeugung, das Falsche zu tun, nicht weiterhilft.
In Momenten, in denen mich die Aggression übermannt und ich z.B. auf etwas einschlage und mich dabei gar selber schädige, nur um nicht auf jemanden loszugehen, kann ich sehr gut verstehen, wie es funktioniert, gegen die eigenen Triebe den Kürzeren zu ziehen.
Es ist also weniger eine Frage von Gut und Böse, sondern eher eine Frage der Einsichtsfähigkeit und der Triebsteuerung. Jeder von uns muss eben mit seinen Trieben klarkommen. Da gibt es unterschiedlich ausgeprägte Triebe und unterschiedlich intelligente und willensstarke Menschen. Nicht bloß ganz weiß oder richtig schwarz...
Für mein Leben bedeutet aber die grundsätzliche Erkenntnis, dass es unter den Menschen Schafe und Wölfe gibt, die Hoffnung darauf, mit meinem Rudel auf der richtigen Seite des Zaunes zu leben. Ich bin - wenn es darauf ankommt - immer lieber Raubtier als eine Beute. Und gehe im Zweifel lieber kämpfend unter, als auf der Flucht gerissen zu werden.
Irgendwo tief in mir drin ist auch der Wunsch verankert, vor dem Ableben noch einmal richtig auf die Pauke zu haun und an ein, zwei meiner Lieblingsselbstbediener und höchstbezahlten Gesellschaftsschädlinge ein Zeichen zu setzen. Bin ich deshalb böse? Oder gut?