Wenn euch jemand die berühmte Million für eine Nacht böte, wie in dem Film "Ein unmoralisches Angebot" mit Demi Moore und Robert Redford - Würdet ihr widerstehen können? Oder würdet ihr euch prostituieren?
Vor dreißig Jahren erhielt ich ein spontanes Angebot über zwei Promille des obig erwähnten "unmoralischen Angebots". Für mich war es das Angebot schlechthin (ja, es war die Zeit der DeMark und nicht des Euros), denn mein monatliches Einkommen betrug das dreifache jener mir angebotenen Summe. Das Gespräch hatte zuvor auf meine damalige prekäre Situation und dass ich mir damals gerne mehr Geld als Einkommen für mein Auskommen gewünscht hätte. "Ein bisschen faul, wie? Ich könnte dir da ein Angebot machen", war dann der Fortgang der Unterhaltung mit meinem Gesprächspartner. 200 M'chen würde er mir bieten. Er erhöhte später auf 300 DM'chen, was der Hälfte meiner monatlichen Einkünfte entsprach. Und was tat ich? ... Bereits damals kam ich nicht auf der Buttermilch daher geschwommen. Die Gegend zum Vollzug dazu war nicht dafür geeignet. Wenn er prellen würde? Welche Garantie hätte ich gehabt? Polizei? Lachhaft. Deutschland damals war archaischer. Gefährlicher. Trotz dass mir Sex bereits damals Vergnügen bereitete.
Und heute? Mein Einkommen ist ein vielfaches des damaligen und ich bin in der Lage, nicht Freiern eine Dienstleistung anbieten zu müssen, sondern kann selber freierorientierte Dienstleistungen in Anspruch nehmen zu können. Auch habe ich mit diversen Szenen dazu beschäftigt. Dem dafür und dem dagegen.
Was, so frage ich mich also, ist denn an Prostitution so schlimm?
Die Argumente:
(...)
Der Job ist mitunter unappetitlich.
Ja, aber das ist Kanalreinigung, Hebammentum, Kosmetikerin oder Wurstbräter auch.
Kanalreinigung. Hebammentum. Kosmetikerin. Wurstbräter .
Aha.
Bin ich froh, dass Vivisektion und Pathologie nicht erwähnt wurden. Bei Prostitution fällt den wenigstens wahrscheinlich als Assoziation "Kanalreinigung" ein. Um dann als nächste Assoziation "Hebammentum" zu deklarieren ...
Okay, jedem seine Assoziationskette.
Die Frage, die sich bei Prostitution stellt, sehe ich nicht auf dem Gebiet der Moral. Als moralische Gesichtspunkte werden noch nicht mal Sommersprossen klassifiziert, warum dann gerade Prostitution? Prostitution wird sogar in atheistischen Staaten verfolgt. Mit Religion hat das ganze also weniger zu tun, sondern eher mit Befindlichkeiten. Geschäfte haben mit moralischen Aspekten nichts zu tun. Prostitution ist ein Geschäft. Und das, was die meisten daran bewegt, ist die neutrale juristische Frage "Cui bono?", auch wenn gerade diese Frage gerne im Zusammenhang mit Verbrechen gesetzt wird. Wem gereicht es zum Vorteil?
Es gibt Untersuchungen zum Thema "Prostitution" und das nicht nur inländisch sondern auch in anderen Ländern. Prostitution als Überlebensstrategie ist anerkannt. Und im Deutschen mischt sich dann noch als Forderung das "erst die Arbeit und dann das Vergnügen" hinein ("Darf Prostitution den Prostituierten Spaß machen?"). Allein der Aufbau der Phrase dieser Forderung impliziert die Antwort: "Nein", denn ist es Spass, ist es keine Arbeit. Im Mittelalter wurde das ganze mit einem "wenn es Spass macht, ist es Sünde" vervollständigt. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.
Geschäfte sind immer bar jeder Moral und können auch nicht mit moralischen Aspekten beurteilt werden. Denn es kommt immer drauf an, auf welcher Seite man steht und wer Nutznießer ist.
Nebenbei: Das Wort "Moral" kommt aus dem lateinischen und heißt dort "mos (mores)"und jeder weiß "Ohne Moos, nix los" und da sich in unseren freiheitlich-demokratischen Strukturen niemand mit Kleingeld abgibt, wird auch gerne der "Scheindemokratie" das Wort geredet. Oder hat wer schon mal beim Anspruch der Dienstleistung "Sex" mit Münzgeld heimgezahlt? Eben. Pecunia non olet, meinte schon ein römischer Kaiser und erließ eine neue Steuer im Lande. Geld stinkt nicht. Mit Moss ist immer was los. Moos ist geruchsneutral. Mos, mores, Moral. Moral war von jeher schon immer geruchsneutral. Gestunken haben immer die anderen.
Prostitution, cui bono?
Wenn die verdienende Person nicht die Sexdienstleistende ist, wenn Sexdienstleistende auf einer Beziehungsebene fremdbestimmt arbeiten, dann ist es für mich negativ belegt. Weil die Personen nicht selber das Ergebnis ihrer Arbeit erhalten, wie es andere auch bekommen. Verdient die sexdienstleistende Person selber dran (egal, ob sie Spass dabei hat oder nicht), dann ist es für mich neutral. Positiv ist es für mich dann, wenn die Leute - die den Beruf ausüben oder in Anspruch nehmen - Spass dran haben. Aber für mich hat das nichts mit moralischen Kategorien (Schubladen) von "schlecht" oder "gut" zu tun.
Ist Prostitution nicht Frustitution für die ausübende Person, dann stimmt etwas nicht (ist in jedem Beruf so). Der Adressat der Dienstleistung selber erwartet einen bestimmten Service, und wenn beide Spass haben und Geld die Brieftaschen wechselt, wen interessiert es? Richtig. Das Finanzamt und den selbsternannten Sittenwächter, die für deren eigene Überzeugung auch noch gerne Kriege führen würden ...
Bildunterschrift:
Liebe gegen Geld ... von jeher ein heikles Thema.
als Bildunterschrift ist für mich selber fehlbelegt. Sex und Liebe sind für mich zwei getrennt voneinander existierende Dinge. Und ohne Zweifel macht es mehr Spaß, wenn beide zusammen geführt werden. Die Kombination beider macht für mich mehr aus als die reine Addition beider. Aber "Liebe gegen Geld"? Can't buy me love ...
... Hat der Mann mit Downsyndrom (...) mehr Recht auf eine Prostituierte als der hässliche Nachbar oder die schüchterne Kollegin, die einfach keine Sexpartner aufgegabelt kriegen? ...
Vielleicht sollte die Autorin mal in den Einrichtungen arbeiten, wo Menschen mit Down-Syndrom betreut werden. Also auch die, welche nicht in Eigenregie leben können, auf deren Wünsche aber so weit wie möglich eingegangen wird. Sie würde sich sicherlich sofort ein anderes Beispiel suchen. So etwas ist komplett undifferenziert in den Diskussionsring geworfen. Wer jemals solche Menschen betreut hat, wird versuchen dieses Thema differenzierter zu betrachten, denn das zeugt ein wenig stark von Klischees und Oberflächlichkeit zu dem Thema "Down-Syndrom" (um es mal nett auszudrücken) ... egal, das möchte ich nur dazu ergänzen, da das Ganze erheblich komplizierter ist ... vielleicht muss man auch auch erst einmal mit Behinderten zusammengearbeitet haben, um hierbei differenzieren zu können ... aber das ist nur meine private Anmerkung dazu.