Hallöle,
bei mir gibt es keine feststehende Diagnose, außer die Feststellung, dass es sich bei mir um eine Persönlichkeitsstörung handeln würde.
Seelische Behinderungen liegen seit jeher in meiner Familie. Ob die nun weitervererbt wurden oder eventuell beim Umgang mit den entsprechenden Menschen, die sich oft keine Hilfe oder erst sehr spät geholt haben, "entstanden" sein könnten bzw. eventuell verstärkt wurden, möchte ich bewusst offen lassen.
Ich hatte keine schöne Kindheit und nie das Gefühl jemals wirklich gewollt zu sein.
Ich selbst habe eine einjährige Therapie hinter mir, die ich abbrach an einem Punkt, an dem ich nicht mehr weiterkam in Bezug auf ein ganz spezielles Trauma.
Heute geht es mir ganz gut. Ich habe mich von der Vergangenheit getrennt, bin umgezogen, habe den Kontakt zu meinen Eltern und anderen Verwandten stark eingeschränkt und angefangen herauszufinden, wer ich eigentlich bin. Dabei habe ich für mich gesteckte Grenzen hinterfragt, sie auch manchmal einfach überschritten um dann festzustellen, dass es eigentlich gar nicht so schlimm war und das meine Grenze doch woanders liegt. Mittlerweile ist es eine Selbstverständlichkeit für mich Auto zu fahren oder einkaufen zu gehen, das sah früher anders aus.
Ich habe ein Studium begonnen und mich in Arbeit gestürzt. Das tut mir unglaublich gut.
Während ich früher immer vermeintliche Freunde hatte, habe ich mich von dem Gedanken getrennt überhaupt Freunde haben zu müssen. Ich komme mit dem damit verbundenen und durch mich empfundenen Stress noch nicht richtig klar. Ich bin eine sehr schlechte Small-Talkerin und leider überaus ehrlich und direkt. Das mögen die wenigsten. Ich fühle mich im Moment also auch komplett ohne Freunde sehr wohl.
Mir selbst hilft ein enormes Level an Ignoranz. Früher habe ich mich immer darüber aufgeregt, wenn ich mitbekam, was andere über mich sagten oder gar hinter meinem Rücken tratschten. Im Moment bin ich dagegen weitestgehend immun.
Mein Umgang mit anderen hat sich verändert. Früher war ich sehr aggressiv. Dann habe ich einen Kurs belegt, der mir beibrachte gewaltfrei zu kommunizieren. Das hielt ich auch ein halbes Jahr lang weiter durch, fand für mich jedoch heraus, dass einen das im Leben nicht unbedingt weiterbringt. Also habe ich mich durchaus bestimmt artikuliert in entsprechenden Situationen, in denen das nötig war.
Ein einziges Mal lief es suboptimal. Eine Nachbarin hat sich mir und meiner Familie gegenüber sehr respektlos verhalten und sich extrem daneben benommen. Als sie dann anfing meine Kinder zu bedrohen, hat´s kurz ausgesetzt und ich habe sie beleidigt. Die Beleidigung war zwar relativ harmlos, im Gegensatz zu dem, was ich ihr am liebsten gesagt hätte, vor den Kindern aber nicht sagen wollte, doch heute frage ich mich, ob´s nicht auch anders gegangen wäre. Für mich ist es schwierig das einzuschätzen, weil ich von Berlin in ein ganz kleines Dorf gezogen bin und die Leute hier das mit dem Respekt anderen gegenüber nicht ganz so ernst nehmen.
Ich wünsche jedem Betroffenen, dass er seinen zu ihm passenden Weg findet damit umzugehen und trotzdessen oder gerade damit glücklich leben zu können.
LG
Candice