Ersteinmal unseren Glückwunsch zu diesem Thema!
Viele Menschen erfahren das Beschriebene und stellen sich in ihrer Betroffenheit dann wohl ähnliche Fragen, die im gegebenen Rahmen meist nur eines beantwortet wissen wollen -Warum will der andere mich nicht mehr?-
Grundsätzlich sollte, wie in anderen Beiträgen gefordert, die Frage was Liebe überhaupt ist, geklärt werden. Am Ende dieses Textes werden wir vielleicht nochmal darauf eingehen
Warum?
Vor und noch während der Industrialisierung, also zum Ende des 18. Jahrhundert bis in das 19. Jahrhundert hinein, galt Liebe noch als eine Geisteskrankheit. Zu dieser Zeit kamen Menschen in der Regel aus ganz pragmatischen Gründen zusammen. Es ging um die Ausweitung politischen Einflusses, Vergrößerung des Familienkapitals oder das zusammenführen von Ländereien. Ein Aphorismus der sich zwar auf die Eheschließung bezieht aber in der Folge dieses Beitrages etwas deutlich macht, lautete zu dieser Zeit: "Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob die Wies zum Acker findet."
Erst während der Industrialisierung, die allgemein auch als die Moderne bezeichnet wird, änderte sich an dieser pragmatischen Einstellung einiges. Die Familie gewinnt an Liberalität und wird bürgerlich, Kindern wird eine Kindheit zugestanden anstatt ab dem 10 Lebensjahr schon arbeiten zu müssen. Vor allen Dingen sind Gefühle wie Liebe zulässig. Ein Aphorismus zu dieser Zeit: "Drum prüfe wer sich ewig bindet, ob das Herz zum Herzen findet."
An diesen beiden Abschnitten scheint noch deutlich etwas durch, was durchaus als Verbindlichkeit zu beschreiben ist.
In der Postmoderne also unserer heutigen Zeit ist so einiges anders. Viel zielt auf Individualität aber auch Singularität ab. Es ist alles sehr beschleunigt und lässt wenig Spielraum sich umfassend mit etwas auseinanderzusetzen, das führt fast zwangsläufig zur Unverbindlichkeit. In Familien müssen beide Partner arbeiten gehen um den Familienunterhalt zu gewährleisten. Ebenso kann eine Familie auch wieder aufgelöst werden. Es tauchen völlig neue Familienkonstellationen wie die sogenannte Einelternfamilie auf. Ein passender Aphorismus für unsere heutige Zeit lautet: "Drum prüfe wer sich ewig bindet, ob sich vielleicht was besseres findet."
In dieser leicht soziologischen Abhandlung zeigt sich, dass sich in den letzten 150 Jahren ein enormer Wandel vollzogen hat was Partnerschaft angeht. Weg von einer pragmatisch angelegten Verbindlichkeit, hin zu einer unverbindlichen Individualität die es möglicherweise leichter macht, sich aus welchen Gründen auch immer, vom Partner zu trennen.
Sozialpsychologisch sieht das Ganze dann ein wenig anders aus, ebenso wie das nachfolgendende Erklärungsmodell es beschreibt.
Eigentlich geht es bei der aufgezeigten Fragestellung um Beziehung, die im Zeitlichen Verlauf an Intimität gewinnt. Der Zugewinn an Vertrautheit wird an einem sogenannten Zwiebelschalenmodell dargestellt. Die Partner legen Schale für Schale ab und lassen in diesem Sinn den anderen immer näher an sich heran. Beziehung meint vereinfacht ausgedrückt, das ein Partner etwas tut um von dem anderen etwas zu bekommen. Was sich mit dieser Aussage recht pragmatisch darstellt, findet auf der unbewussten Ebene statt, ist für die Beteiligten also nicht konkret sichtbar. Darüber hinaus wohnen jeder Person offene Wünsche und verdeckte Bedürfnisse inne die sie möglicherweise und ebenfalls unbewusst in der anderen Person, dem Partner, erfüllt oder befriedigt sieht. In diesem Sinne unter einer der vielen Schichten der beschriebenen Zwiebel erhofft.
Man macht Beziehung, ...
Also man macht Beziehung, was meint man verhält sich und tritt mit dem Partner in Interaktion. Das was man zunächst zurück bekommt sind Zwiebelschalen, Spaß beiseite, man sieht die nächste Schicht, es wird intimer. So fällt Schicht für Schicht und dann eines Tages man mag es nicht glauben, sieht man eine Schicht die einem gar nicht gefällt oder man bekommt plötzlich ein Bewusstsein dafür das die zuvor beschriebenen Wünsche und Bedürfnisse durch den Partner nicht erfüllt werden obwohl man es sich intuitiv (unbewusst) erhofft hatte. Im Kontext der Beziehung stellt einer der Partner fest das er/sie ganz viel getan um etwas zurückzubekommen, aber es kommt nicht das, was er/sie im Partner gesehen respektive erhofft hat. Also mag dann an besagtem Zeitpunkt einer der Partner nichts mehr tun um vom anderen etwas zurückzubekommen, die Beziehung ist an dieser Stelle dann möglicherweise am Ende.
Es gibt noch eine ganze Reihe von Erklärungsmodellen, viele zielen darauf ab, dass es verschiedene Persönlichkeitstypen gibt die sehr ähnlich aber auch komplementär sein können. Darüber hinaus gibt es dann noch das Modell der Big Five an dem Beschrieben wird das Offenheit und Extraversion die zwei Eigenschaften einer Person sind, die bestimmend für das Gelingen einer dauerhaften (Liebes)Beziehung sind.
Letzten Endes kann man auf die gestellte Frage keine wirklich konkrete Antwort geben da das Gelingen oder Scheitern einer Liebesbeziehung von sehr vielen individuellen Faktoren abhängig ist. In einem Beratungssetting kann man möglicherweise solche auslösenden Faktoren ausfindig machen und sie als Grundlage für die Arbeit an dieser Beziehung nutzen.
Ach ja, was ist denn nun "Liebe"?
Der Begriff „Liebe“ ist ein Symbolbegriff wie jeder andere Begriff auch. Er umfasst eine kulturell und historisch geprägte Entwicklung. Unsere Vorstellungen von Liebe
entwickeln sich im persönlichen und sozialen Gedächtnis. Sie symbolisieren Beziehungen, Gefühle und Eigenschaften.
Liebeserfahrungen sind facettenreich und doch ähnlich. Sie zeigen sich in Beziehungen zu intimen Partnern, zu Freunden, Familie oder Fremden, zu sich selbst, zu der Arbeit, Lebensaufgabe, Umwelt und dergleichen. Erst in der Erfahrung wird Liebe als Wirklichkeit erkannt. Diese Erfahrung kann so weit gehen, dass Liebe nicht als eine Wirklichkeit unter vielen anderen im Erfahrungsstrom des Ich wahrgenommenen wird, sondern als die Wirklichkeit überhaupt. Alle anderen Bewusstseinsinhalte verblassen
dann vor der Bedeutung und Realität der Liebe.
In der menschlichen Perspektive ist Liebe längst nicht immer Wirklichkeit. Liebe bleibt eine Ahnung oder eine Sehnsucht. Liebeserfahrungen werden bestimmten Bereichen zugeschrieben, wie den Beziehungen, Spiritualität und religiösen Erfahrungen. Liebe wird so zu einem Produkt und zu einem situationsabhängigen Phänomen. Eine unabhängige grundlegende Realität der Liebe, wird ohne ihre Erfahrung für spekulativ gehalten. Liebe hat sich daher weitgehend zu einem psychosozialen, kulturellen und
psychosexuellen Gegenstand entwickelt. Sie bedeutet Paarbeziehung, Sexualität, Bindung, Romantik oder Leidenschaft mit historisch unterschiedlich gewichteten Akzenten. Dabei erfindet die soziale Geschichte immer wieder andere Mischungen, in denen die Zutaten für Liebe anders zusammengemischt oder weggelassen werden müssen.