Glück auf dem Opferaltar der Liebe?
@*********asure
Das drückt auch mein Empfinden aus bezüglich der Beschwerung des Begriffs Liebe.
Ich find's schlimm, wenn "ich liebe dich" dasselbe bedeutet wie "ich gehe gerne bei einer großen us-amerikanischen Imbisskette essen".
Naja, das tut es normalerweise aber nicht. "Love" heißt im Englischen eben auch "Grüße", es war von vornherein frei von teutonischer Schwere. Wir hier meinen damit schon ein tieferes Gefühl, man wird selten Leute treffen, die Liebe als etwas in sich Flatterhaftes begreifen, denke ich. Trotz Burgerkette.
Und sicher geht das mit einem Wertewandel einher. Zusammenhalt, Gemeinschaft ist weniger wichtig als Selbstverwirklichung, individuelles Vorwärtskommen.
Ich sehe es etwas anders. Zusammenhalt und Gemeinschaft ist ein zweischneidiges Instrument. Zum einen ist es Stärke in der Not. Zum anderen missbrauchter Wert in Deutschlands diktatorischem Regime vor 1945. Zusammenhalt und Gemeinschaft sind nicht
nur ein leuchtend guter Wert, sie sind auch Werkzeug im Krieg gegen "Andere". Ein Volk voller individualistischer Selbstverwirklicher hätte sich nicht derartig einspannen lassen, vermute ich.
Warum eigentlich soll Zusammenhalt und Gemeinschaft über dem individuellen Wohl stehen? Gibt es eine verbindliche Werteskala oder einen plausiblen Grund dafür? Ich halte Zusammenhalt und Individualismus schlicht für zwei unterschiedliche Strategien, die in unterschiedlichen Situationen ihren Wert beweisen. In der Not oder bei Großprojekten bringt es der Zusammenhalt, in guten Zeiten gilt die Konzentration der Verantwortung für sich selbst.
Der gegenwärtige Individualismus ist für mich ein Zeichen von Wohlstand und Zuversicht. Es ist gut, wenn jeder sein eigener Schutzengel ist. Und sich nicht zum Schutzengel seines Nächsten aufschwingt.
Wenn der andere einen am individuellen Glück hindert oder zu hindern scheint, dann wird die Gemeinschaft eben aufgelöst, man geht getrennte Wege.
Wäre es besser, wenn das individuelle Glück für den zähen Erhalt einer Gemeinschaft geopfert würde? Und wofür wäre es gut? Und: Was wäre daran Liebe, wenn in einer Beziehung einer von beiden auf Erhalt der Gemeinschaft besteht, selbst wenn das individuelle Glück des "geliebten" Menschen darunter leidet (selbst wenn dieser sein Leid so "nur" empfindet)?