Sexuelle Attraktivität
Ich möchte die Anregungen von Katharina und Granatapfel aufnehmen: "lets talk about sex" - über Intelligenz haben wir lange genug geredet und uns wohl auch schon öfters im Kreis gedreht. Reden wir also über die andere Seite der Frage, ob Intelligenz "scharf machen", sexuell attraktiv sein kann, also die Frage, was das eigentlich ist: sexuelle Attraktivität ?
Ich bin insofern ein Anhänger der Sexualtheorie von Sigmund Freud, wie er sie vor allem in seinen berühmten "Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie" niedergelegt hat. Freud stellt darin unsere landläufigen Vorstellungen von Sexualität radikal "vom Kopf auf die Füsse". Er geht davon aus, daß das gesammte Spektrum menschlicher Sexualität, wie wir es wahrnehmen - vom zärtlichen "Blümchensex" unter Liebenden bis zu dem, was wir gerne als "versaut-verdorben-pervers", als "hardcore" bezeichnen, in uns allen von Geburt an - also genetisch - angelegt ist, und erst im Laufe der Entwicklung, vor allem der kindlichen Entwicklung auf das "Normalmaß" zurückgestutzt und kanalisiert wird, das gesellschaftliche Akzeptanz genießt. Dieser Prozeß funktioniert indessen nicht einheitlich, woraus sich die große Variationsbreite der gelebten Sexualitäten erklärt, und auch nicht störungsfrei. Freud geht davon aus, daß ein Großteil der psychischen - und in deren Folge auch psychosomatisch körperlichen - Störungen und Erkrankungen auf Störungen dieser Sexualentwicklung zurückzuführen sind. Er drückt sich - sinngemäß - so aus: die Neurose ist das Spiegelbild der Perversion. Unter "Perversion" fasst Freud alle Sexualitäten zusammen, die vom mainstream zur Zeit der Jahrhundertwende abgewichen haben, zB auch Homosexualität - man muß den Text insofern "historisch" auffassen und verstehen, und sollte sich hüten, hier sofort anklagend "Diskriminierung!" zu rufen. Unsere individuellen sexuellen Vorlieben sind also, nach Freud, das Ergebnis unserer Lebensgeschichte, insbesondere der Geschichte unserer Kindheit und Jugend.
Die sexuelle Lust - die berühmte "Libido" - ist nach diesem Menschenbild ursprünglich einheitlich, umfasst selbst den Stoffwechsel, der seinerseits ursprünglich sexuell lustvoll erlebt wurde - auch in der Ausscheidung, die ja von etlichen -zB mir - auch im Erwachsenenalter wieder als sexuell lustvoll erlebt wird - "NS/KV". Im Laufe der Entwicklung wird diese ursprünglich einheitliche Libido jedoch zu einem großen Teil "sublimiert", dh in andere Lebensbereiche abgelenkt, zum Beispiel eben auch in den Verstand, den Intellekt. Freud's Tochter Anna Freud beschreibt unter anderem auch den Vorgang der "Intellektualisierung" in der Pubertät recht ausführlich in "Das Ich und die Abwehrmechanismen". Diese "Intellektualisierung" muß nicht bei jedem Menschen eintreten - ich schrieb hier schonmal kurz darüber; bei mir jedenfalls war sie eingetreten gewesen. Meine "Intellektualität" hat also sehr viel mit - ursprünglich - sexueller Lust zu tun.
Worauf ich also eine kühne These wagen und zur Diskussion stellen will:
Inwieweit wir "Intelligenz" (nach welchem konkreten Intelligenzbegriff auch immer) als sexuell attraktiv empfinden, hängt - unter anderem - davon ab, inwieweit unsere eigene sexuelle Libidio "intellektualisiert" worden ist. Je stärker unsere Intelligenz von sublimierter sexueller Libido geprägt ist, um so mehr erregt uns Intelligenz bei anderen, potentiellen Sexualpartnern. Ist auch der andere ein solcher Mensch mit intellektualisierter Libido, dann wird auch der rein intellektuelle Kontakt zunehmend erotischer - anderweitige Faktoren sexueller Anziehung oder Abstoßung treten zunehmend in den Hintergrund.