@*******ouet:
Normalität ist das, was die anderen einem vorleben ... Nun, dann ist für mich Vielfalt normal, dass die Frau arbeitet und Geld verdient. Das ist das, was mir in meinem Beruf tagtäglich vorgelebt wird und auch für die früheren Frauen in meiner Familie normal war. Und dass es meist sogar mehr Geld ist als das der jeweiligen männlichen Partner ist auch "normal", wie ich erst gestern wieder in einem Gespräch erst mit zwei Kolleginnen und dann mit meiner Schwester feststellen durfte.
Und normal ist auch, dass Männer sich Frauen gegenüber ein bisschen unterwürfig und respektvoll verhalten, jedenfalls passiert mir das beruflich dank weiblicher Chef-Etage und eigener verantwortlicher Position und auch privat deutlich häufiger als alles andere.
Allerdings gilt das jetzt, wo ich dreißig bin und mich selbst und den zu mir passenden Lifestyle gefunden habe. War nicht immer so.
Demzufolge muss ich mir inzwischen eigentlich auch keine Gedanken um meine Identität machen - FemDom scheint ja normal und gängig und üblich zu sein. Und dass ich dann zu meinem eigenen Vergnügen manchmal auch switche, heißt dann ja auch nur, dass ich schließlich auch mal das Recht auf Entspannung habe. Klar, ich habe mal davon gelesen, dass es auch so was wie Männer gibt, die führen können oder so und auch viel Geld verdienen - aber ich habe auch mal davon gelesen, dass es Raumschiffe gibt, die zum Mond geflogen sind, und in einer Fernsehserie habe ich sogar mal eine Raumstation im Weltall gesehen.
Aber im Fernsehen schaue ich momentan schließlich auch meine neugekauften sechs Staffeln Xena, und auch da sieht man schließlich, dass es normal ist, dass Frauen stärker sind und für Gerechtigkeit kämpfen und Männern im Zweifelsfall überlegen sind, aber sich auch dafür einsetzen, dass auch Männer wertvoll sind und zu ihrem Recht kommen und dass es manchmal wunderschön sein kann, sie zu lieben.
Auch historisch ließe sich das alles recht gut begründen, ich kann problemlos in jedem Jahrhundert jede Menge Frauengestalten finden, die genauso waren. Alleine schon die Marienverehrung ...
Also ist FemDom normal, gesellschaftlich legitimiert und alles andere ist total seltsam und irgendwie unweiblich?
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Ehrlich gesagt käme ich niemals auf die Idee, es so zu begründen. Vielleicht hab ich zu viel von der Welt gesehen, um nur ein Modell als das richtige zu empfinden. Wenn ich genau hinschaue, sehe ich viele, viele Menschen, die es anders leben, die andere Modelle als richtig empfinden, und rein quantitativ ist mir klar, dass mein Modell zu einer Minderheit gehört.
Normal ist, verschieden zu sein. Letztlich ist es das, was ich vom Leben gelernt habe. Normal ist, verschieden zu sein. Ich bin verschieden, andere sind verschieden, jeder ist verschieden.
Und diese Verschiedenheit zu akzeptieren und aus sich selbst heraus zu entscheiden: Ich bin so, ich möchte so leben - das ist es, was meiner Meinung nach das einzige ist, was wirklich funktioniert. Ich bin so, du bist anders, er ist noch mal anders - aber Menschen sind wir alle. Muss man das Anders-Sein denn kaschieren? Je normaler und selbstverständlicher man damit umgeht, desto mehr Akzeptanz kriegt man.
Im Studium hatte ich noch jede Menge Mädchen neben mir, die meinen Beruf eigentlich nur gewählt hatten, weil er ein "typischer Frauenberuf" ist, den man gut mit Kindern vereinbaren kann. Viele von denen waren heimlich auf der Suche nach einem Arzt oder Rechtsanwalt, der natürlich auch noch mal deutlich mehr verdienen wird als sie. Damals war ich auch noch "anders", habe nicht dazu gepasst, war viel zu ehrgeizig und kämpferisch und was-weiß-ich-nicht. Und habe mich immer mehr dafür geniert, die anderen versucht schlechtzureden für ihre Art, mich selbst schlechtzureden für meine Art ... Ich hatte keine Chance, so "normal" zu werden wie die.
Musste ich aber auch nicht. Je mehr ich angefangen habe, zu sagen "ich bin so, du bist anders und auch richtig", desto mehr wurde ich für meine eigene Art respektiert. Da musste ich dann gar nichts mehr verstecken, unterdrücken, kaschieren und um jeden Preis versuchen, normal zu sein.
Eine echt submissive Frau, die das auch im Alltag leben will, hätte vermutlich unter den gleichen Frauen das gleiche Problem, das ich damals hatte, von der anderen Seite gehabt. Aber auch für sie hätte gegolten: In dem Moment, wo sie die anderen für ihren Stil nicht mehr ablehnt, sich selbst für ihren Stil nicht mehr ablehnt, sondern einfach akzeptiert: "Ich bin so, ihr seid anders, beides ist gut, und ich würde mich riesig freuen, wenn ihr heute meine Gäste seid und ich für euch alle kochen darf" - die hätte dafür genauso wenig Ablehnung bekommen, wenn sie es einfach mit ruhigem Stolz und ruhiger Würde vertreten hätte.