Begriffsverwirrungen
Die Verwechslung von Willenlosigkeit und Hörigkeit mit Tabulosigkeit, wie sie etwa aus Blackbondages Beitrag spricht, hilft der Frage des Threads nicht wirklich weiter. Deshalb sind auch die an den Haaren herbeigezogenen Beispiele von Selbstmord auf Befehl und befohlenem Seitenwechsel nicht aufklärend für die Fragestellung.Das Wort Tabu stammt aus Polynesien und wurde erst vor ca. hundert Jahren in unsere Sprache eingeführt. Es meint eine Handlung oder Verhaltensweise, die durch die Sitte oder das Gesetz verboten ist.
Da wir hier nicht über das gesetzlich Verbotene diskutieren (der Threaderöffner hatte diese Möglichkeit explizit ausgeschlossen), interessiert nur noch das Tabu der Sitte.
Tabulosigkeit ist damit die Bereitschaft, auf das Gebot der Sitte keine Rücksicht zu nehmen. Und da wir den Begriff im Rahmen von BDSM diskutieren, geht es nur um die Missachtung von Tabus in sexueller Hinsicht.
Die bisherige Diskussion verfolgte in der Hauptsache den Gedanken, Subs Einwilligung zu haben, etwas Tabuloses zu tun. Die Missachtung der Sitte im Bereich der Sexualität ist nun aber etwas, was als erotisch äusserst prickelnd empfunden werden kann. Insofern wäre der andere Gedanke, dass Sub seine Tabulosigkeit liebt, weil sie ihm einen erotischen Kick gibt, mindestens so interessant wie der erstgenannte. Ein Mensch könnte geradezu deshalb ein Sub-Verhältnis eingehen, weil er als Sub Tabubrüche begehen kann, die ihn erotisch kicken, ohne dafür "verantwortlich" zu sein, denn Dom hat es ja befohlen.
Ein oder eine tabulose Sub wäre ein Mensch, den es kickt, im Negieren der Gebote der Sitte durch den Befehl des Doms erotische Erfüllung zu bekommen. Wenn zudem Dom die Möglichkeit hat, Sub vor den gesellschaftlichen Folgen eines solchen Verhaltens zu schützen (etwa für sein materielles Leben zu sorgen), wüsste ich nicht, warum ein tabuloser Sub undenkbar wäre. Es wäre ein Mensch, bei dem die JC-Fragenliste "Was ich mag" und "Was ich nicht mag" fehl am Platze wäre.
Es geht nicht um die Frage, ob eine Sub aus dem Fenster springt, wenn Dom es befiehlt (solche perversen Argumentationen zeichnen die wahren BDSMler dieses Forums aus ), es geht auch um nichts, was "Körper, Geist und Leben länger gefährden" – das "länger" lese ich als "für eine längere Zeit" - , es geht um Subs, die im erotischen Bereich hemmungslos genug sind, alle denkbaren Varianten sexueller Begegnungen auszukosten. Subs, die keinen Verbotskatalog aufstellen ("also in den Arsch möchte ich nicht gefickt werden" – "nackt darfst du mich nie deinen Freunden präsentieren!" – "Einen fremden Schwanz fasse ich nicht an!"), da sie die Übertretung der Sittengebote als erotischen Kitzel empfinden. Warum soll es solche Subs nicht geben?
Wenn einer einmal den Reiz empfunden hat, die Schere im Kopf, die ständig zensiert, was wir zu tun und was wir zu lassen haben, auf die Seite zu legen und genau das zu tun, was Mama ihm oder ihr immer verboten hat ("Pfui!"), dann ergibt sich oft ein Prozess des Weiterwollens. Der Spielbereich hinter den einst überwundenen Sittengrenzen wird alsbald als "normal" empfunden und verliert somit seinen Kick. Man sucht neue Tabus, die man brechen will. Ist man auf diesem Weg ein Stück vorangegangen, mag man sich sehr wohl als "tabulos" bezeichnen wollen.
Aber eigentlich wäre es Sache des Threaderöffners, zu erklären, was er unter "Tabulosigkeit" versteht.
Und dann wäre es natürlich toll, wenn einer der Leser sich hier einbringen würde und schriebe: "Ich bin ein tabuloser Sub" und uns seine Sicht der Dinge erläutern könnte.
stephensson
art_of_pain
P.S. Die Punkte hinter dem von mir sehr bewusst gesetzten F-Wort stammen nicht von mir, sondern von der Sittenpolizei des Forums. Deren elektronische Helferlein zensieren meinen Text ganz automatisch. Von Tabulosigkeit kann hier im JC keine Rede sein .....