Die Krux mit den Erwartungen
Das ist ja schön, was der Dalai Lama schreibt - aber in mir sträubt sich alles, etwas freiwillig zu machen, wenn der andere es erwartet.Ich mag es nicht, für mich abzuwaschen. Wenn ich woanders bin, mach ich es gerne und freiwillig - weil es niemand erwartet. Mache ich dasselbe jedoch zuhause, könnte es sein, dass mein Partner das als so selbstverständlich hinnimmt, dass er es irgendwann erwartet - und ab da macht es keinen Spaß mehr, weil "alles an mir" hängen bleibt (überspitzt formuliert).
Das Problem ist dann die Selbstverständlichkeit, mit der wir Dinge innerhalb einer Beziehung annehmen, ohne uns Gedanken darüber zu machen. Jedes Mal, wenn der andere eine Pflicht übernimmt, sollten wir das anerkennen und nicht für selbstverständlich nehmen - dann ergibt sich das Problem vielleicht gar nicht erst.
Ich glaube, daß das Problem woanders liegt. Nicht die höheren Ansprüche, sondern die geringere Bereitschaft, Kompromisse einzugehen und den Partner einfach so zu nehmen, wie er/sie ist, scheint mir das eigentliche Problem zu sein.
Wer sagt denn, dass die Bereitschaft geringer geworden ist, Kompromisse einzugehen? Genausogut könnte ich behaupten, dass der Anspruch höher geworden ist / dass von den Partner eine höhere Kompromissbereitschaft erwartet wird. Oder es kommt sogar beides zusammen.
Ich habe mich in einer meiner Beziehungen angepasst, um nicht zu sagen, dass ich mich gebeugt habe. Es waren nicht einmal Kompromisse - und gewürdigt wurde es auch nicht. Was ich daraus gelernt habe, war, dass ich zu allererst bei mir selbst bleiben muss. Und dass ich so schnell keine Erwartungen mehr erfüllen mag. Weil mein "Liebesbeweis" als selbstverständlich hingenommen wurde, weil es ein Anspruch wurde, dass ich mich für die Beziehung opfern sollte.
Sicher, zuviel Egoismus schädigt eine Beziehung - aber man sollte sehr genau wissen, wo die Grenze zum gesunden Egoismus ist. Wenn jeder bei sich bleibt, fällt es auch leichter, den anderen zu akzeptieren, wie er ist. Ändern kann man den anderen nicht - nur sich selbst. Und das auch nur, wenn man es selbst so will.