Bei der Diskussion, die hier vom Zaun gebrochen wurde, traue ich mich fast gar nicht mich jetzt einzumischen...aber ich tu's trotzdem!
Ich will einfach erstmal auf den Ursprungspost eingehen:
Es ist vielleicht waghalsig, an dieser Stelle für mich und meinen Partner zu sprechen, aber ich kenne ihn ja doch recht gut und will daher versuchen, den weiblichen und den männlichen Part zu erläutern.
Wir führen eine offene Beziehung, jedoch mit seltenen Exkursionen. Für uns beide bedeutet das: Schnelle Nummern zwischendurch, aber längerfrisitge Affären oder Verhältnisse mit emotionaler Bindung sind fehl am Platz. One-Night-Stands eben. Würde uns etwas anderes, als die reine sexuelle Abwechslung zu jemand anderem hinziehen, wären wir uns wohl schnell einig, dass in unserer Beziehung etwas grundsätzlich schief läuft. Mit Herz und Seele gehören wir allein einander und das habe auch ich als Frau recht gut auf dem Schirm und nicht das geringste Problem damit, das auch umzusetzen (da ist es dann eher an den anderen Beteiligten, die durchaus mal verdattert darüber sind, dass ausgerechnet eine FRAU so locker mit ihrer Sexualität umgeht).
Meinem Freund wäre es wohl manchesmal am liebsten, wenn man sich einfach optisch abcheckt, zwei drei Sätze miteinander wechselt und es dann direkt zur Sache gehen kann. Um zu philosophieren oder zum Pferdestehlen hat er seinen Freundeskreis und mich, sexuelle Begierde ist da einfach ganz anders zu kategorisieren. Sicherlich gibt es da auch Ausnahmen - die bestätigen da schließlich die Regel. Im direkten Vergleich würde ich sagen, dass ich mehr Wert auf geistige Gemeinsamkeiten lege, als er.
Wenn wir mal eine Weile keinen Sex haben, bin ich diejenige, die am Boden zerstört ist und überhaupt nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Mal ganz abgesehen davon, dass ich dann schnell unausstehlich werde. Vielleicht spielt da auch der Altersunterschied ausnahmsweise mal eine Rolle, aber man kann ja nun nicht sagen, dass fast 40-Jährige es grundsätzlich ruhiger angehen lassen. Na jedenfalls zermater ich mir dann doch recht schnell das Hirn, während er sich immer nur zu sagen scheint "Tja, es ist wie es ist - dann wird halt mal 'ne Weile nicht gevögelt!" Sobald mir jemand etwas bedeutet werde ich von Verlustängsten zerfressen, weshalb ich halt hin und wieder auch den Kontakt zu solchen schätze, die mir im wahrsten Sinne des Wortes egal sind. Weil es unbeschwerter ist. Würde man jetzt mal die Rollen tauschen und ich würde ihm signalisieren, dass ich keine Lust mehr auf Sex mit ihm habe, würde ihn das sicherlich schwer schocken. Das dann aber nur, weil er genau weiß, dass das an sich nicht meine Art ist und er sich sicher sein könnte, dass er irgendwas verbockt haben muss.
Letztendlich ist aber - nicht nur in sexueller Hinsicht - das A und O die Kommunikation. Wenn die stimmt, muss sich denke ich kein Part Gedanken machen, sondern kann Zweifel sofort aus dem Weg räumen oder sie eben auch bestätigen lassen.
Insgesamt muss ich sagen, dass wir einfach auf einem Nenner sind und ich nicht das Gefühl habe, dass wir dabei spezifische Geschlechterrollen einnehmen. Meistens legt man sich diese Fesseln selbst an, vor allem wenn man der Gesellschaft über irgendein Pflichtgefühl hat. Mir war's immer egal, ob ich der Norm entspreche oder nicht. Das hat mich sehr befreit und mich dazu gebracht, meine Vorstellungen und Wünsche auszuleben - egal ob sie einer Frau (oder worüber ein Mensch sonst so definiert werden mag) "zusteht" oder nicht.
Somit muss ich auch zum aufgeführten Klischee sagen, dass es eine Charakterfrage ist! Derartige Denkprozesse finden schließlich zwischen den Ohren und nicht zwischen den Beinen statt!