Erfahrung mit schmerzhaftem Ausgang...
Als Trend sehe ich die polyamoren Beziehungen nicht. Ich bin der Meinung, dass es sie immer schon (in absoluter Minderheit) gegeben hat, nur keiner darüber spricht. Nachdem diese Beziehungsform nicht gesellschaftsfähig ist, kann ich mir vorstellen, dass allein aus diesem Grunde so mancher Versuch, dies zu leben, im Sande verläuft, da man nicht tagtäglich seine Beziehung und gelebte Liebe zu mehr als einer Person, verheimlichen kann. Allein das Verheimlichen zur Außenwelt empfinde ich schon als großen Energieverlust. Komplett offen damit zu leben bedeutet aber für mich genau den gleichen Energieverlust, da mit Anfeindungen, Freundesverlust etc. zu rechnen ist. Ich empfinde solch einen Weg als absolute Herausforderung, was Leid mit sich bringen kann aber auch äußerst wertvolle Erfahrungen.
Ich (sie von lige) habe vor meinem jetzigen Partner eine offene Beziehung gelebt. Es war schon eine komplizierte Konstellation. Auch wenn vielleicht jetzt manch einer die Hände über dem Kopf zusammen schlägt, es war in der Zeit, als mein Sohn zwischen 7 und 9 Jahre jung war und auch vor ihm haben wir nichts geheim gehalten. Mein einer Freund war alleine, mein anderer Partner hatte auch eine Freundin, die ihrerseits verheiratet war mit Kindern. Jeder wusste von jedem. Alles ganz offen. Das Problem: der eine Mann war 160 km entfernt, der andere 50 km, die andere, verheiratete Frau 400 km….. Also etwas total Gemeinsames konnte dadurch nicht entstehen.
Wir hatten jedoch alle Kontakt miteinander und es kam auch zu seltenen Zusammentreffen, wo ich mit beiden Männern zusammen war oder mit dem einen Mann und seiner Freundin.
Wir waren zu dem Zeitpunkt in einem sehr spirituellen Forum. Und dachten, das wären offene, tolerante Menschen. Deshalb haben wir (wir kannten auch einige aus dem Forum persönlich) dort auch über dieses Thema geredet und uns offenbart. Es war aber erschreckend, wie wir dort teilweise angefeindet wurden. Vor allem auch wegen meinem Sohn. Rabenmutter war noch eine nette Bezeichnung für mein Tun. Außerdem wurde bezweifelt, dass frau mehr als zwei Männer lieben kann. Ich wurde quasi als Lügnerin hingestellt und ziemlich durch den Kakao gezogen.
Meinem Sohn ging es wahrscheinlich am Besten in dieser ganzen Zeit. Egal, welcher Mann gerade bei mir war, sie waren beide sehr liebevoll mit meinem Sohn. Und gerade, WEIL ich nichts verheimlicht habe, war diese Situationen für meinen Sohn völlig normal und herrlich harmonisch. Kinder spüren, wenn bei den Erwachsenen etwas nicht stimmt und zeigen es uns auf ihre Art. Doch mein Sohn lebte in dieser Konstellation total zufrieden.
Aus dem super spirituellen, ach so liebevollem Forum bin ich dann ausgetreten….
Was mit der Zeit jedoch alles ins Wanken gebracht hat, war meine Eifersucht. Wie es gewesen wäre, wenn wir alle örtlich nah beieinander gewohnt hätten, weiß ich nicht. Jedoch die Zeit, wo der eine Mann zu seiner anderen Freundin fuhr, wurde für mich immer unerträglicher. Die Eifersucht fing an, an mir zu nagen. Obwohl ich meinerseits keinem meiner Männer das Gefühl gab, vernachlässigt zu werden und ich mich sehr wohl mit beiden fühlte, konnte ich langfristig mit meiner eigenen Eifersucht nicht mehr umgehen. Nachdem ich aber gerne etwas dazu lerne in meinem Leben und ich der Meinung war, Eifersucht ist nur Besitzsucht und mangelndes Vertrauen, habe ich weitergemacht, und versucht, meine Eifersucht abzulegen. Ich wollte dieses Geschenk annehmen, die Möglichkeit zu haben, etwas bei mir zu verändern. Es ist mir allenfalls gelungen, die Eifersucht zu verdrängen. Dann wurde ich krank. Nierenbeckenentzündung. Hatte ich vorher noch nie. Drei Wochen war ich krankgeschrieben. Selbst danach versuchte ich noch wochenlang an der nun doch sehr schwierigen Situation etwas zu verändern. Die andere Frau war auch eifersüchtig auf mich. Wir waren in telefonischer Verbindung, hatten uns sehr lieb und doch blieb die Eifersucht aufeinander.
Somit kam der nun noch kaum vermeidbare Entschluss, mich von diesem Mann zu trennen. Ich tat ihm sehr weh damit, doch er konnte mich loslassen. Heute haben wir eine sehr schöne Freundschaft. Die Beziehung zu dem anderen Mann endete zwei Jahre später. Eine Fernbeziehung auf Dauer lag mir nicht und es war keiner bereit, seinen Wohnort zu verlassen. Auch mit ihm verbindet mich nun eine sehr harmonische Freundschaft.
Geplant war das Ganze nicht. Wie die meisten bin ich da sozusagen hineingeschlittert. Habe mich ein zweites Mal verliebt. Weil der erste Mann bereits poly war, brauchte ich das nicht geheim halten. Konnte diese Liebe einfach integrieren.
Heute bin ich froh, keine solch offene Beziehung mehr zu leben. Mein Sohn ist 14 Jahre alt und hätte mit Sicherheit nach außen hin ein Problem mit so einer „geschlamperten“ Beziehung seiner Mutter. Und alles ständig unter Verschluss halten, würde mir zu viel Energie rauben.
Mal gelegentlich eine kleine Schwindelei, wenn mein jetziger Lebensgefährte und ich einen erotischen Abend außerhalb verbringen gehen, ist ok.
Ich möchte die Erfahrungen, die ich gemacht habe, keinesfalls missen. Ich habe eine Menge gelernt über mich und auch über andere. Eine weitere polyamore Beziehung kommt für mich nicht mehr in Frage, doch ich sage „Hut ab“ vor denen, die das leben und dabei auch noch zusammen wohnen. Nur die Herausforderungen des Lebens bringen uns weiter, halten uns wach.
In meiner jetzigen Beziehung bekomme ich so viel Liebe, Verständnis, Vertrauen, erfüllenden Sex, dass ich mir nicht mehr vorstellen kann, dass ein weiterer Partner jemals Platz bei uns hätte. Meine polyamore Phase ist lange vorbei und ich vermisse sie nicht.
Ich habe gelernt, mich zurückzuhalten, was Offenheit in dieser Richtung anbelangt. Deshalb fand ich es super, dass sich hier schon mehr Leser/Schreiber zu ihrem Lebensstil bekannt haben. Übrigens: Meine Mutter wusste von meiner Doppelbeziehung. Und hat mich nicht verachtet. Das rechne ich ihr hoch an. Dass ich allerdings in SC gehe, würde ich ihr niemals erzählen. Das würde ihre heile Welt dann doch ins Wanken bringen…
Das ist mein Beitrag zu diesem Thema und mein Lebensgefährte wird diesen Lebensabschnitt von mir hier auch das erste Mal mitlesen…
Herzliche Grüße, lige (sie)