@antaghar
vielen Dank, für euer Eingangsposting, ich habe es noch nie so bewusst und zusammengefasst gelesen.
Es beschreibt sehr schön, zu was falsche Erwartungen vom Partner führen können.
Ich erlebte genau das selbst in meiner Beziehung. Mein Partner war für jedem unserer Freunde ein geschätzter Gesprächspartner, wenn wir allein waren sah das Gespräch so aus, dass ich ihm mögliche Antworten vor gab und er sie dann mit ja oder nein beantwortete. Das schmerzte mich natürlich sehr und ich fühlte mich nicht richtig, nicht Wert geliebt und beachtet zu werden.
Das zehrte so sehr an mein Selbstbewusstsein, dass ich mich selbst nicht mehr annehmen konnte. Ich war im Alltag die treusorgende Mutter(für seine Kinder und meinem Sohn), die Hausfrau und der Handwerker, die Köchin und die Psychologin, die Verdienerin und Initiatorin und ich erwartete einfach nur Anerkennung. Mir war nicht bewusst, dass ich meinen Mann damit völlig an die Wand stellte und er sich nicht getraute seine Argumente und Wünsche einzubringen. Er war hilflos und zog sich damit immer mehr zurück, in jedem Bereich. Selbst unser Sexleben wurde immer weniger. Ich war für ihn in jedem Punkt überlegen, verbal und auf materieller Ebene und bettelte gleichzeitig um körperlicher Nähe, die er mir gar nicht mehr geben konnte. Und ich fühlte mich sexuell verhungert.
Es gipfelte darin, dass ich beschloss, mich seiner Kommunikation anzupassen. Ich stellte ihn keine ja/nein Fragen mehr und schwieg. Wir sprachen 3 Monate! kein Wort mehr miteinander. Am Anfang merkte er es gar nicht, es war ja auf einmal sehr harmonisch und ruhig. Dann viel es schon auf aber aus lauter Angst, dass Falsche zu sagen schwieg er auch.
Ich dagegen durchlebte jeden Abend die Hölle. Es waren Erwartungen einer zutiefst vernachlässigten Frau, die scheinbar alles für die Familie getan hat und ihre Bemühungen nicht gewürdigt wurden.
Eines Nachts kamen bei mir Erinnerungen ins Bewusstsein, von Zeiten, wo wir gleichberechtigte Partner waren und auch die Lust noch gelebt wurde. Mein Mann schien den gleichen Traum zu träumen und wir erlebten Stunden voller Glück, wie zu Beginn unserer Beziehung. Wir verliebten uns neu, es waren zwei Wochen voller Harmonie und Prickeln, wie es am Anfang der Beziehung war.
Dann fuhr er auf Dienstreise und hatte ein Erlebnis mit einer anderen Frau.
Bei dieser konnte er sich gleichberechtigt und als ganzer, angenommener Mann fühlen.
Es war für uns beide eine sehr schmerzhafte Zeit. Die Verletzungen hätten wahrscheinlich auch zum Bruch geführt, wenn da nicht unsere Freunde waren, die unparteiisch als Schiedsrichter in unserer Aussprache zur Seite standen.
Es kam alles auf dem Tisch, nichts wurde beschönigt und nichts mehr verheimlicht.
Die Gespräche waren ohne dem Beisein eines dritten, der ebenso psychologische Kenntnisse hatte nicht möglich.
Die einschneidendste Frage, die ich mir in allen Aspekten immer wieder stellte war: was will ich wirklich? Kann ich mir ein Leben ohne ihn oder mit einem anderen Partner vorstellen?
Die Antwort öffnete mich für meinen Partner, der trotz meiner Aggression und Wut immer noch sagte, dass er zu mir steht.
Aus heutiger Sicht bin ich sehr dankbar, für diese Erfahrung. Es hat uns zueinander gebracht, wie es in der Zeit des Verliebt seins nicht möglich war. Wir haben uns intensiv mit uns selbst auseinander gesetzt und so viele Gespräche geführt, dass wir oftmals die ganze Nacht brauchten und keinen Schlaf mehr hatten.
Die Essenz ist, dass wir beide wissen, dass wir zueinander gehören, dass wir in der Partnerschaft gleichberechtigt sind, dass wir Emotionen ausdrücken dürfen und verstanden werden, dass wir ein sehr erfülltes und befriedigendes Sexleben haben, das wir dem Partner Freiheiten und Wünsche ohne Verlustangst zugestehen- kurzum dass wir wissen, dass wir uns lieben.
LG kara