@TwoDresses
Eine Paartherapie lehnt er ab. Er redet auch nicht mit anderen Männern darüber. Ich versuche ihn immer wieder dazu zu bewegen doch externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. Er glaubt, dass er es selber schafft. Es ist ein großes Tabu, deshalb hört man auch nicht viele Männer hier darüber sprechen.
Bei diesem Satz klingelten mir die Ohren, denn es war meine Haltung vor meiner Psychotherapie. Mein Leidensdruck durch mein Depressionen war irgendwann so hoch, dass ich erkannnte, dass ich es selbst nicht schaffe und die Hilfe eines Profis brauche, weil ich bereits Suizidgedanken hatte. Erst dann wagte ich den Schritt, meinen Hausarzt um eine Überweisung zum Psychotherapeuten zu bitten. Das wird für einen Mann schon mit dem Gefühl einer Kapitulation begleitet, weil wir Männer doch sonst ALLES ALLEINE auf die Reihe bekommen ... zu bekommen haben, das haben uns schon unsere Väter vorgelebt und eingeimpft. Und letztlich wird es auch von der Gesellschaft so erwartet und von den Medien so propagiert.
Während meiner depressiven Jahren hatte ich auch absolut keine Lust auf Sex. Man hätte mir eine Frau mit den perfekten Schlüsslreizen vor die Nase setzen können, sie hätten mein Lustzentrum nicht erreicht. Nun, nachdem die Therapie vorüber ist, ich meine Sexualität wieder habe wecken konnte und mit einer darin herrlich harmonierenden FreundschaftPlus diese aktuell auch ausleben kann, ist mir Folgendes klar geworden: Unlust kann zwei Gründe haben - psychisch (Depressionen, Traumata etc.) oder organisch (Hormonshaushalt gestört etc.). Das Tier Mensch an sich hat einen angeborenen Trieb, und Sex gehört zu unseren Grundbedürfnissen. Bei der Ursachenforschung nach Unlust ist das Ausschlußverfahren also hilfreich. Wenn der Hormonhaushalt in Ordnung ist, dann sollte nach psychischen Ursachen gesucht werden. Da diese viel schwieriger zu orten sind, weil es die Mitarbeit des Betroffenen erfordert, sind hier auch die Lösungen schwieriger. Liegt ein psychischer Grund vor und der Betroffene verweigert sich einer Therapie, wird sich an dem Problem nichts ändern. Dann stellen sich neue Fragen und mögliche Alternativen.
Du schreibst, dass ihr so super miteinander reden könnt. Bist Du aber sicher, dass Dein Mann sich wirklich zu diesem Thema absolut aufrichtig äußert? Sein Inneres preisgibt, um gemeinsam die Situation zu klären? Wir Männer finden immer tolle Ausreden, wenn es um ein Thema geht, was uns unangenehm ist und was unsere "männliche Dominanzrolle" gefährden könnte. Wir haben ja alles im Griff und was nicht wie im Griff erscheint, soll genauso sein und stört uns nicht. So sagen wir es jedenfalls, weil wir Schiss haben, etwas zu ändern und dabei zu versagen.
Meine Entscheidung, eine Therapie zu beginnen, war mit die beste meines Lebens ... ich hätte sie nur früher fällen sollen. Und ich bin stolz darauf, meine Depression bewältigt und meine Probleme nicht weiter verdrängt zu haben. Ich habe mich aus der passiven Opferrolle befreit und bin in die Position des aktiv Gestaltenden übergewechselt.
Wenn Dein Mann eine Paartherapie ablehnt, dann sage ich Dir als Mann, dass in ihm ein wunder Punkt sitzt, den er auf keinen Fall anrühren möchte, weil er sich sonst in seinem Mannsein beschädigt fühlt. Ihr mögt ja gut miteinander reden können, so wie Paare das oft perfekt können, wenn es darum geht, eine Familie zu managen. Aber DIESES spezielle Reden funktioniert bei euch definitiv nicht, weil Dein Mann sich im Grunde einer Analyse verweigert. Und er tut damit auch Deine Bedürfnisse als banal ab.
Letzen Endes - und das sage ich auch wieder als Mann - muss man uns die Pistole auf die Brust setzen: Entweder gehst Du mit mir zu einem Paartherapeuten oder ich werde Dich verlassen - DU hast es in der Hand. Die Verlustangst ist meist größer als die Angst, sich bei einem Therapeuten zu öffnen. Auch wir Männer wählen gerne das kleinste Übel und gehen den Weg des geringten Widerstandes ... wir sind halt auch nur Menschen
Viel Glück!
J.R.