Ich war selbst mal der Part, der "unlustig" war. Letztlich hat dies dazu geführt, dass unsere Ehe den Bach runter und er fremdging. Ich kann euch also zunächst einmal aus dieser Sicht berichten.
Wir waren gerade Eltern einer süßen Tochter geworden. Er ging einer Tätigkeit im Schichtdienst nach, ich war nach Vollzeitbeschäftigung plötzlich zuhause mit dem Kind. Man muss dazu sagen, dass sie ein sehr pflegeleichtes Kind war. Dennoch wurde das Leben total umgekrempelt. Es fiel uns am Anfang nicht schwer, dennoch unsere Auszeiten für uns zu finden. Wir haben uns dann quasi verabredet, einen Termin gemacht, die Omas eingespannt zum Sitten, sind ins Kino gegangen, anschließend in ein hübsches Restaurant. Wir freuten uns des Lebens, endlich mal wieder als Paar und nicht nur noch als Eltern aufzutreten. Da funktionierte es auch noch mit dem Sex (wir waren vor der Schwangerschaft sehr aktiv gewesen!).
Und doch, bei aller Pflegeleichtigkeit des Kindes kam das, was man häufig beobachtet. Das Sexleben schlief ein, ich war häufig müde. Er ging noch seinem Leistungssport nach. Ich hatte quasi gar nichts. Ich war alleinerziehend in einer Ehe. Dass mich das nach und nach überforderte, war klar. Nur noch Mutter und Hausfrau? Und das die meiste Zeit allein? Und dann noch Gemeckere, wenn der Haushalt nicht gerade stand, das Essen nicht pünktlich vor oder nach der Arbeit auf den Tisch kam (ich koche gerne, also nicht falsch verstehen!).
Mein Exmann war dann auch noch eifersüchtig auf das Kind. "Die hängt öfter an deiner Brust als ich" war nur einer der Sätze, die ich mit schöner Regelmäßigkeit zu hören bekam. Dabei war ich keine von diesen "das-Kind-soll-immer-und-überall-seinem-Nuckelbedürfnis-an-der-Brust-nachkommen"-Mutter. Alle vier bis sechs Stunden zur Nahrungsaufnahme, mehr nicht. Der Nuckel war dazwischen sehr willkommen. Dennoch war er eifersüchtig auf das kleine Baby, was ich regelrecht "pervers" fand. Es war schließlich auch SEIN Kind, und ich fand, dass der Vergleich hinkte. Als es dann Fläschchen gab, hat er nur selten die Gelegenheit beim Schopfe gepackt, dies auch selbst mal zu verabreichen.
An eine Szene entsinne mich, die bei mir wirklich dazu geführt hat, dass ich am Ende gar nicht mehr wollte. Er kam aus dem Bad, frisch geduscht, kurz vor der Arbeit. Ich saß auf dem Bett und legte Wäsche zusammen. Da stellte er sich vor mich hin, ließ das Handtuch fallen und sagte "guck mal hier, nimm ihn doch mal in den Mund". In dem Moment kam ich mir vor wie eine Hure, so nach dem Motto "los, mach, mir ist jetzt danach, zack-zack". Dass ich gerade ganz woanders war, ne schlechte Nacht hinter mir hatte oder ob ich überhaupt gerade Lust hatte, interessierte ihn nicht. Ich reagierte pampig - und damit war es um unser Sexleben geschehen. Ein Missverständnis gab im weiteren Verlauf das andere. Er ging noch mehr seinem Sport nach, machte nebenher noch seinen Meister, motzte zuhause nur noch rum, ich konnte gar nichts mehr richtig machen - und er fing eine Affäre an.
Ich wurde ab da natürlich nur noch zurückgewiesen, was wiederum dazu führte, dass WIR gar keinen Sex mehr hatten. ER hatte ja seine Affäre, von der ich erst viel später erfuhr. Wenn man dann auch noch mit seinem durch die Schwangerschaft veränderten Körper hadert, weil die Pfunde einfach nicht weichen wollen, belastet das eh schon das Selbstwertgefühl. Wenn dann noch Zurückweisung dazu kommt, wie soll da Lust entstehen?
Meine Unlust war in vielen Kleinigkeiten begründet, die für sich gesehen mit Sicherheit Pillepalle waren, aber in der Summe verheerend waren. Überforderung mit der Mutterschaft war es mit Sicherheit nicht, dazu war das Kind zu unkompliziert. Er nahm sich wenig Zeit für die Familie. Mein Leben bestand nur noch aus einem Mikrokosmos, der sich um Haushalt und Kind drehte. Und Lust auf Knopfdruck so nach dem Motto "wir müssen jetzt mal", das funktioniert halt einfach nicht.
In meiner jetzigen Partnerschaft (Fernbeziehung, noch
) ertappen wir uns auch mitunter dabei, dass wir gar nicht mehr über einander herfallen, wie am Anfang. Aber wir reden drüber - locker, nicht verkrampft so nach dem Motto "wir MÜSSEN das jetzt klären!". Manchmal kommt Appetit beim Essen, manchmal eben nicht.
Wir haben beide unterschiedliche Arbeitszeiten. Er hat es auf der Arbeit ein wenig lockerer, ich hingegen bin häufig sehr überarbeitet und nur noch müde. Manchmal ist es eben so, dass wir beide Lust haben, manchmal eben nicht.
Fazit: Stress, in jeglicher Form, IST ein Lustkiller! Das ist im übrigen wissenschaftlich erwiesen. U. a. drosselt Cortisol, das DAS Stresshormon ist, die Produktion der Geschlechtshormone. Der Sympathikus wird nun aktiviert, und man steht unter Strom, Fluchtreflexe (wie bei Gefahr) werden aktiviert. Die Lust sinkt. Hätte man bei Flucht auch keine Zeit für
. Das wiederum verursacht wieder Stress. Herzlichen Dank für das Funktionieren von Hormonregelkreisen!
Dass wir heutzutage auf der Überholspur leben, ist ja nun hinlänglich bekannt. Zeit für sich selbst nehmen, für die Partnerschaft. Da liegt m. E. der Schlüssel für das persönliche Glück (und auch für ein ausgeglichenes Sexleben). Weniger ist eben doch manchmal mehr
. Wir sollten vielleicht einfach mal wieder lernen zu LEBEN, und nicht nur zu funktionieren.