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von der Demut und der Macht Absturzgefahr

*******e_st Frau
3.948 Beiträge
Nun ich weiß nicht, ob es ein Absturz war, was ich am Wochenende durchgemacht habe, aber es hat sich verdammt so angefühlt.
Ich fühle mich auch jetzt noch nicht ganz in meiner Mitte und bin im Moment ziemlich empfindlich - nicht nur an einer Stelle!

Ich muß dazu sagen, dass wir sonst nur Sessions im kleinen Freundeskreis machen und mein Herr und ich dann auch unter uns bleiben, wenn er "ses exercices" macht.

Er weiß auch, dass ich es abgrundtief hasse vorgeführt zu werden und mich dort kaum fallen lassen kann.
Bei uns sind Rollenspiel und s/m ineinander verwoben. Das zur Erklärung.

Nun gut, ich bin durchaus nicht menschenscheu. Einen Unterricht vor einer Lehrgangsklasse oder Gymnasiasten oder Studenten zu halten, ist für mich kein Problem.
Aber dort beherrsche ich ja auch den Raum. Das ist der Unterschied!

Bon! Am Samstag war aber eine sehr große Session mit fast 50 Leuten bei uns in der Nähe und der Termin stand schon seit Wochen fest.
Mein Herr hat mich zwar langsam daruf vorbereitet und wir haben auch lange darüber geredet. Aber im Kopf und das habe ich ihm nicht zugegeben, war ich gar nicht bereit dafür.
Vielleicht ist das ja ein Nachteil von dom/dev - Beziehungen, die auch Lebens - Partnerschaften sind, dass man seinen Herrn nicht enttäuschen möchte.
Die ganze Session war ziemlich professionell organisiert.
Dîner gab es erstmal nur für die Mesdames et Messieurs, während wir Subs an einem Handlauf des Vorzimmers zum Salon angekettet warten mußten, bis "la distribution des cadeaux" (zur Bescherung).

Diese sah so aus, dass eine Sub nach der anderen, von einer Zofe hereingeführt wurde und man dann zwischen den Doms auf Knien hin und hergeführt wurde. Und während man von allen begutachtet wurde, stellte der jeweilige Herr seine Sub vor.
Schon das Anfassen durch Fremde, auch an Brust, Po und Schambereich, war für mich die Hölle. Ach was sag ich, schon als vor mir drei Subs reingeführt wurden und ich sah, was auf mich zukam, hab ich weiche Knie gekriegt und hätte am liebsten abgebrochen. Ich hab mich in dem Moment selbst gehasst, dass ich da zugestimmt hatte. Schon hier stand ich völlig neben mir und alles lief in mir nur noch wie ein Film ab.
Der Herr berichtete dann der Runde, welche Aufgabe die Sub in der vergangenen Zeit nicht erfüllt hatte und die gesamte Runde entschied dann, wie die Bestrafung aussehen sollte.
Bei mir war es die schwarze Netzstrumpfhose an diesem Abend (Schwarz steht mir nicht zu), die zur Bestrafung führte. (Jetzt wußte ich, warum ich sie als Einziges anbehalten sollte).
Man entschied sich für 60 Schläge mit der Reitgerte, die ich über einen Barhocker gebunden bekam. In mir gärte Wut und Angst und die Peinlichkeit, dass mir jetzt jeder zwischen die Beine glotzen konnte......oooh es war sowas von ...........ich weiß es nicht........erniedrigend ist zu schwach ausgedrückt.
Dazu die Angst, dass ich mit dem gesamten Barhocker umkippe und ein Riesengelächter ausbricht.............die Balance mußte ich ja halten.
Also bei der Reitgerte muß ich sagen, dass mir bereits nach 20 coups die Tränen vor Schmerz kommen und die Schläge langsamer folgen müssen. Nach 10 coups war die Strumpfhose kaputt. Nach 43 haben mir die Beine dann so gezittert, dass ich für die weiteren 17 + 3 Zinsen Aufschub bis zur nächsten Session bekam.
Mir war das so peinlich und ich war so enttäuscht, vor allem über mich selbst, die Situation nicht bestanden zu haben, dass ich gar kein Bild mehr habe, wie ich auf Knien rausgeführt und................naja ich weiß eigentlich nur noch, dass ich mit meinem Herrn in einem Zimmer lag und er mich festhielt, während ich mich ausheulte.
Aber da hab ich dann den nächsten Fehler gemacht und ihm nach einer Weile gesagt, dass ich wieder klar bin, für unsere "examen à deux".
Ohne jetzt hier in die Details zu gehen, war es wohl dies, was mich dann noch endgültig aus der Balance geworfen hat. Ich hab mir wohl an diesem Abend zu viel zugemutet, um bei ihm etwas "gut zu machen".
Er hat es dann bemerkt, konnte mich aber dann nicht mehr richtig auffangen. Ich bin deshalb auch jetzt noch ein wenig enttäuscht von mir selbst. Er sagt, er konnte mich stundenlang nicht mehr beruhigen, so hab ich geheult und gezittert.
Auf jeden Fall hab ich dann 16 Stunden durchgeschlafen und erst am Montag Morgen wieder etwas zu Essen zu mir nehmen können.

Wir haben seit dem, jetzt jeden Abend darüber geredet. Mir ist das sehr wichtig.
Also wenn das kein Absturz war, dann möchte ich trotzdem erstmal nicht wieder in diesen Bereich, den ich erlebt habe. Denn zumindest war ich sehr nahe dran.
Denke aber, es war meine eigene Schuld.
Ich hab mir wohl zuviel zugemutet und war darin nicht ehrlich zu meinem Herrn.
Und ein Dom kann nur so gut sein, wie die Rückmeldung seiner Sub ehrlich ist. Das hab ich jetzt auch verstanden.
Mit Abstand von einigen Tagen glaube ich dennoch, dass ich es damit geschafft habe, in mir eine Grenze zu verschieben, auch wenn meine Gefühlswelt hinterher ziemlich aus der Balance gekommen ist und vielleicht jetzt noch ist.
*******pain Paar
389 Beiträge
abgrundtief
Bemerkenswert, deine Schilderung, laChatte. Durch die Offenheit und Präzision deiner Beschreibung lässt du uns solcherart am Geschehen teilhaben, dass deine Gefühle nachempfindbar sind. Ich halte dein geschildertes Erlebnis für ein Musterbeispiel eines "Absturzes".

Wie es dazu kommen konnte, hast du ja selbst schon trefflich analysiert.

"Er weiß auch, dass ich es abgrundtief hasse vorgeführt zu werden und mich dort kaum fallen lassen kann."

Dennoch hat er es getan und dennoch hast du eingewilligt. Warum? Ich beginne zu raten: er musste vor versammelter Mannschaft beweisen, mit welcher Konsequenz er bereit ist, seine Sub zu "erziehen", und du musstest ihm beweisen, dass du ihn nicht im Stich lässt. Und dir selbst wolltest du beweisen, dass du fähig bist, deinen Willen über deine Ängste dominieren zu lassen. Also quasi wie eine Selbstdomsub.

Solches Sich-beweisen-müssen-Glauben ist der Stoff, aus dem Abstürze sind. In der überspannten Selbstkontrolle des sich-beweisen-Wollens geht die Sensibilität für das eigene Gefühlsleben verloren. So, wie ein Marathonläufer mit einem Kreislaufkollaps tot zusammenbricht.

Am Ende deiner Schilderung siegt wieder deine Dominanz: ein klein wenig Stolz, die abgrundtief verhasste Situation dennoch durchgestanden zu haben.

Ich schätze, dass du mit dir weiterkommst, wenn du erkennst, dass die Selbstdominanz genau das ist, was dich kickt. Damit sind weitere Abstürze vorprogrammiert. Aber es kann sein, dass, wenn du dir dessen im Voraus bewusst bist, die Abstürze immer weniger tief werden.

Hast du dich gefragt, wo du mit deinem BDSM hin willst? Willst du all das, was abgrundtiefen Hass in dir hervorruft, so meistern, dass der Hass am Ende verschwindet? Also hier: du mit Lust vorgeführt wirst? Oder willst du dahin, dass der Kampf zwischen deinem Willen und deiner Ablehnung das für dich eigentlich Erotisierende ist? Oder willst du deinen Herrn durch deine Hingabe dazu bringen, dass er darauf verzichtet, dich in die verhassten Situationen zu bringen?

Und warum zogst du die schwarze Netzstrumpfhose an, wo du doch wusstest, dass Schwarz dir nicht zusteht (wie schade, finde ich. Schwarz ist so sündig.)? Wolltest du dich in der herannahenden Kollision testen? Oder war es deine "Eintrittskarte" ins Bestrafungsspiel?

Jemandem und/oder sich selbst genügen zu wollen, ist eine Haltung, die, weit verbreitet, zu Verkrampfungen und stockendem Energiefluss führt. Schafft man es, sich zu genügen, ist die Befriedigung so gross, als hätte man den Mount Everest ohne Sauerstoffflaschen bestiegen. Schafft man es nicht, beginnt man sich selbst zu zerfleischen. Dann bräuchte man jemanden, an dessen Schultern man seinen Kopf legen kann. Wenn der aber gerade dann seine Dom-Rolle spielen muss, erfasst einen der Schwindel der bitterkalten Einsamkeit – man stürzt ab.

stephensson
art_of_pain
Ufff...
@ laChatte: Du schreibst so... mir fehlen die Worte...das auch ich in der Lage war mich genau in Deine Situation und Empfindungen zu versetzen..Genau so stell ich mir einen Absturz vor...Ich wünsche Dir das Du ihn schnell verarbeiten kannst...Und frage mich, warum Dein DOM nicht eingeschritten ist...Wenn er Dich wirklich kennt, und als Dein Lebenspartner und DOM sollte er Dich kennen, hätte er erkennen müssen wie es um Dich steht und sofort abbrechen müssen.
Aber das ist nur meine Meinung

Gruß Mave
*******e_st Frau
3.948 Beiträge
Merci beaucoup mes amies!
Aber ich kann Euch beruhigen. Mein Herr hat erkannt, dass es zu viel für mich war, als wir in der "Vorführung" waren. Schließlich hat er ja abgebrochen, als er merkte, dass ich bei der Bezahlung schon bei coup 43 über meine Grenzen war.
(Es gab schon Tage, da hab ich wirklich mehr ausgehalten - auch wenn ich mich frage, wie manche über 100 Schläge durchhalten können - eine Reitgerte ist schon ein ziemlich scharfes Instrument!)

Nun er hat mich, als er erkannte, dass ich mich nicht mehr unter Kontrolle hatte und am ganzen Körper gezittert habe, danach gefragt, ob ich um Zahlungsaufschub (délai de paiement) bitte.
Und aufgefangen hat er mich ja auch und nicht mit mir allein gelassen.
Aber ich denke, dass das Ziel der exercice wohl war, zu Erkennen, dass man sich nicht herausmogeln kann und seinen Teil, den man zu Erbringen in der Lage ist "durchstehen" muß, wenn man schon mal in etwas eingewilligt hat.
Und so werde ich wohl, wenn auch mit etwas Abstand und wohl etwas gefasster, die letzten 20 coups in einer Vorführung durchstehen müssen.
Auch wenn ich den Zeitpunkt bestimme, wann ich mich dazu bereit fühle.
Und er hatte mir ja im Vorfeld die völlige Entscheidungsfreiheit darüber überlassen.

Ja warum hab ich dann eingewilligt?
Ich denke, dass es bei uns in der Besonderheit liegt, dass wir eine sehr enge Partnerschaft führen und wir uns sehr lieben. Die BDSM - Schiene ist eine beiderseitige Leidenschaft geworden, die unsere Beziehungserfahrung in höhere Level erweitert und bereichert.
Worin, wie ich ja bereits schloss, auch die Gefahr liegt, dass Sub aus Liebe zu ihrem Herrn, sich selbst die schwere der Prüfungen kleinredet, "um ihm zu genügen".

Nun grundsätzlich muß ich aber anmerken, dass es in unserem Freundeskreis, auch wenn ich die meisten Leute vom Samstag nicht kannte, so ist dass der Abbruch einer exercice durch den Herrn, eher als Zeichen seiner Professionalität gesehen wird, denn als Schwäche! Er muß dort niemandem etwas beweisen.
Wer bei diesen Sessions eingeladen ist, der wird auf dem Level und mit den Präferenzen akzeptiert, wie Top und Sub eben sind.
Planlose Drauflosprügler hab ich auch bei kleineren Clubsessions, bei uns noch nie erlebt.

Und dir selbst wolltest du beweisen, dass du fähig bist, deinen Willen über deine Ängste dominieren zu lassen. Also quasi wie eine Selbstdomsub.
Ich glaube hier hast Du genau den Punkt getroffen, weil ich glaube, dass ich die Konditionierung aus der Sportschule: immer mehr aushalten zu müssen, sich selbst zu unterdrücken, keinen Schmerz zu akzeptieren, nur das höhere Level zählt, zu sehr als Teil meiner Persönlichkeit "inhaliert" habe.
Aber mein Herr hat das glaub ich auch erkannt und hat mir nun gezeigt, dass man auch auf kleinem Level einen Mißerfolg einfahren kann, während ich ja im Sport nur Erfolge kannte.

Hast du dich gefragt, wo du mit deinem BDSM hin willst? Willst du all das, was abgrundtiefen Hass in dir hervorruft, so meistern, dass der Hass am Ende verschwindet? Also hier: du mit Lust vorgeführt wirst?

Über diesen Teil bin ich mir selbst noch nicht sicher. Es hängt auch davon ab, wohin mich mein Herr führen will und ob ich mir selbst im Klaren werde, ob dies auch mein Ziel ist.

Oder willst du dahin, dass der Kampf zwischen deinem Willen und deiner Ablehnung das für dich eigentlich Erotisierende ist?
Ich glaube hier bin ich schon lange. Das ist das süße Gift in mir, dass so süchtig macht und man gut dosieren muss, damit man nicht in die Hölle rauscht.

Oder willst du deinen Herrn durch deine Hingabe dazu bringen, dass er darauf verzichtet, dich in die verhassten Situationen zu bringen?
Ich möchte meinen Herrn eigentlich zu nichts bringen, außer dass es auch für ihn den Reiz behält, mich ernsthaft an meine Grenzen zu führen. Konfrontation mit verhassten Situationen sind da sicher ein notwendiges Mittel. Denn was ist denn eine Bestrafung, welche zwar ein Reiz ist, vor der Sub keine Angst hat?
Und er ist mit Sicherheit auch intelligent genug, den Bogen nicht zu überspannen.
Die Gespräche mit meinem Herrn darüber, haben mir zumindest sehr geholfen, zu begreifen, dass auch er an seine Grenzen gerät, wenn ich mich selbst überschätze und er mich dann hinterher nicht mehr aufzufangen vermag.
Ich bin nun mal auch im Leben zu ehrgeizig (nicht profilneurotisch).
Das ist mein Hauptproblem. Ich brenn hier auch schon mal hin und wieder aus.
Insofern ist BDSM für mich auch eine komprimierte parallele Lebenserfahrung, welche für mein Leben lehrt und Erfahrung bringt.


Ach die Strumpfhose!
Die hatte ich im Auto einfach vergessen auszuziehen und eine Farbige hätte einfach nicht zum übrigen Stil gepasst bzw. war gerade nicht verfügbar (die Dinger gehen ja schneller kaputt als man sie über den Hintern hat!).
Hallo Ihr alle
mit Freude sehe ich, dass mein Thread nochmal hochgeholt wurde in meiner Abwesenheit. Bin wieder hier und habe gerade dei spannenden Beiträge gelesen. Bin mittlerweile selbst ein wenig weiter als zu der Zeit, wo ich den Thread eröffnete.
Was ich bestätigen kann, ist dass aufgrund von mangelnder Erfahrung es mir nicht immer möglich ist, meine Grenze sofort zu erkennen. Da ich aber einen recht einfühlsamen Spielgefährten habe,
habe ich einen Absturz nach wie vor noch nicht erlebt, auf jeden Fall noch nicht auf Sessionebene, im wahren Leben sehr wohl, durch die ich mehr oder weniger unbewusst durchbin.
Denke, grundsätzlich sind wahrscheinlich solche Menschen eher absturzgefährdet, bei denen noch sehr viel im Unterbewusstsein schlummert, das natürlich durch Sessions ans Tageslicht befördert wird, insbesondere, wenn es so heftig in den demütigenden Bereich geht wie oben beschrieben.Die Fragestellung von paint of art finde ich sehr spannend. Was will ich erreichen.
Meinem Dom zu dienen ohne Widerspruch
oder eigene Grenze überschreiten und wenn warum?

Für mich ist da die Grenze erreicht, wenn ich etwas tue für jemand anderen, das mit mir nichts mehr zu tun hat, mit meinem Sein und mit meiner Person.Ich bin auch nicht dazu da, um meinen Dom zu befriedigen, sondern es ist immer ein Geben-und nehmen und zwar beidseitig.Wenn es meinen Dom kickt, dass ich Dinge tue, die ausserhalb meiner Möglichkeiten stehen, von denen er weiss, dass sie mich massiv verletzen würden, dann handelt er egoistisch und ausserhalb einer Grenze, die er kennen sollte, wenn er mich kennt.
Das wäre für mich ein Vertrauensbruch.
Es ist tatsächlich so, dass langsam Grenzen erweitert werden können
und trotzdem bin ich davon überzeugt, dass jede/r ganz persönliche Tabus hat, die ganz tief von innen kommen und auch nicht anzutasten sind, auch nicht spielerisch oder unter dem Deckmantel desselben, das kann nur schief gehen.

Ich grüsse euch

danette
Absturz
Teil 7: Die Nachsorge

Durch BDSM können sehr tiefe Gefühle erzeugt werden. Diese bilden dann zwischen den Partnern eine sehr starke Bindung. Diese Emotionen sind etwas sehr schönes und besonderes, können aber auch gefährlich werden. Wer hoch schwebt, kann auch tief fallen. Daher sollten beide Partner auch in sich gefestigt sein. Dies hat nichts mit der Härte des Spiels, sondern eben mit den intensiven Gefühlen zu tun. Besonders intensiv können diese Gefühle werden, wenn man sich dem anderen ganz hingibt. Wer gerade durch die Kombination von Dominanz und Wärme gehalten und damit im Innersten berührt wird, kann im Guten wie auch im Schlechten sehr heftige Emotionen erfahren. Kommt es dazu, dass jemand im freien Fall emotional zu Boden geht, spricht man von einem Absturz. Die Sicherheitsleine, die einen vor dem totalen Aufprall schützt, ist unter dem häufig verwendeten Begriff "Auffangen" bekannt. Auffangen bedeutet für mich, den Part psychisch zu stabilisieren, ganz losgelöst von den eingesetzten Mitteln. Dazu gehören aber immer zwei Akteure: Der sichere Fänger, aber auch der Fallende, der idealerweise Signale aussendet und sich in die Hände des anderen und eben nicht in sich selbst flüchtet.

I. Die Gründe
Meist hat ein Absturz nichts mit falschem Handeln der Akteure zu tun, sondern hängt mit der Tagesform oder gar mit einem unbewussten Bedienen gefährlicher Knöpfe zusammen, welche die Partner so gar nicht kannten. BDSM bedeutet Verantwortung und damit verbunden Ehrlichkeit. Ehrlichkeit zu sich selber und auch gegenüber dem Partner. Wenn es in der Vergangenheit dunkle Erlebnisse wie Missbrauch oder Vergewaltigung gab oder es aktuelle Angstzustände und heftige moralische Bedenken gibt, so sollte dies der Partner wissen. Nur so kann er vorbereitet sein, wenn es zu einem Absturz kommt, der auf diesen Gegebenheiten und den damit verbundenen aufgestauten oder unterdrückten Emotionen beruht. Sowohl Dom als auch Sub können in ein solches tiefes Loch fallen. Häufiger sind jedoch die Subs hiervon betroffen.

Ein Dom kann primär aus zwei Gründen in einen depressiven Zustand verfallen, der aus dem Spiel heraus resultiert. Vor allem Neulinge haben Probleme damit, BDSM in ihre Wertvorstellungen zu integrieren und es kommt zu großen Gewissensbissen. Hervorgerufen wird dies oft durch die Spuren, die Sub zugefügt wurden und die zum Teil noch nach Tagen sichtbar sind. Aber auch direkt nach einem Spiel kann es geschehen, dass Dom das Gefühl hat, einfach zu weit gegangen zu sein, auch wenn das Spiel beiden Spaß gemacht hat oder er hat Angst davor, seine dunkle Seite irgendwann nicht mehr unter Kontrolle haben zu können. Gerade wenn Hemmschwellen (die auch ein Top hat) im Spiel überwunden worden sind, sind sie das im Alltag noch lange nicht. Natürlich bleiben diese Hemmschwellen im Alltag vorhanden, aber dies immer logisch strikt zu trennen fällt vielen nicht gerade leicht. In seltenen Fällen ist es aber auch ein anderer Grund: Auch wenn Dom Sub benutzt hat im Spiel, fühlt er sich selber danach benutzt. Dies geschieht meist dann, wenn Dom seiner Sub zuliebe gespielt hat, sei es weil sie ihn drängte oder auch nur um ihr etwas Gutes zu tun. Wie oben geschrieben, bedeutet BDSM auch Verantwortung (für sich und seinen Partner) und Ehrlichkeit. Ein Dom, der versucht einen Absturz zu überspielen, weil solche Gefühlsanwandlungen mit seinem Selbstbild eines Doms nicht vereinbar sind, gefährdet seinen Partner. Beim nächsten Mal könnte er die Kontrolle verlieren und damit wäre er nicht mehr in der Lage, verantwortungsvoll zu Führen. Selbstehrlichkeit und nicht Selbstherrlichkeit zählt zu den Grundanforderungen, an denen sich jeder Dom messen lassen muss.

Ein Sub kann in der gleichen moralischen Zwickmühle sein. Oft mach Neulingen etwas Spaß, was einfach nicht in ihre eigenen Wertvorstellungen integrierbar ist oder er/sie tut etwas nur, weil Dom dazu Lust hat. Zu einem Spiel gezwungen zu werden, mag oftmals als sehr angenehm empfunden werden. Sub will ja die Macht von Dom spüren. Aber manchmal gibt es eine innere Blockade, die, wenn sie durchbrochen wird, große Schäden anrichtet. Manchmal entsteht diese Blockade auch im Spiel. In diesem Fall oftmals, wenn Tabus gebrochen werden oder Alltagsstress ins Spiel mit einspielt. Sub lässt dann die Handlungen über sich ergehen und ist in sich selber gefangen. Das kann so weit gehen, dass Sub das vereinbarte Safeword nicht mehr sagen kann und das Spiel wie eine Vergewaltigung empfunden wird. Das Problem mit den unterschiedlichen Bedürfnissen (Wertvorstellungen) von Sub und ihrem "Alltags-Ich" kann sehr gravierend werden. Beide Teile des Menschen können um die Vorherrschaft konkurrieren, wobei das gar nicht nötig ist, da sie die Teile eher als ergänzend ansehen sollte. Ich kenne selber diesen Kampf - der mir damals sehr nahe ging - einer Frau, die große Probleme damit hatte, Frau und Sklavin nicht als Konkurrenten anzusehen. Bei ihr ging es so weit, dass sie davon träumte, dass die Sklavin in ihr die Frau in ihr ermorden wolle. Dieser Kampf kommt nicht selten vor, ist aber nur sehr selten so ausgeprägt wie in dem beschriebenen Beispiel. Betroffen von schweren psychischen Störungen sind vor allem labile Persönlichkeiten, bei denen eine große Diskrepanz zwischen "Alltags-Ich" (meist recht dominant bzw. sie halten sich dafür) und Sub (meist sehr ausgeprägt devot) vorhanden ist. Bei labilen Personen sollte kein Spielname (= Name einer Sub, welcher nicht der eigentliche Name der Person ist und womit nur Sub, aber nicht die Person im Ganzen angesprochen wird) gebraucht werden, da es die Entwicklung zweier konkurrierender Persönlichkeiten fördert. Ein anderes Problem ist ein eher körperliches. Nach dem Hochgefühl einer Session, in der viele Glückshormone ausgeschüttet werden, kann es zu einem Fall in ein tiefes Loch kommen. Wie bei jedem Rausch, kann es auch bei einem rein hormonellen nach der Session zu einem Kater kommen.

II. Erste Hilfe und Nachsorge
Bei einem akuten Absturz in einer Session sollte zuerst einmal eine normale Situation hergestellt werden. Ist der Stürzende gefesselt, befreit ihn. Hierzu zählen nicht nur Fesseln, sondern auch Halsbänder und Korsagen. Kümmert euch danach fix um die räumliche Atmosphäre. Harte Musik, die bei einer Session nett sein mag, schadet hier nun eher, ebenso ist es evtl. mit der Beleuchtung und dem Spielzeug. Vor allem wenn ein spezielles Spielzeug der Auslöser war, muss dies aus dem Blickfeld des Betroffenen verschwinden. Egal was ihr macht, zeigt immer Präsenz, mit Worten, aber auch Blicken und wenn es förderlich ist, mit Berührungen (nehmt den anderen in den Arm, drückt ihn an euch und zeigt, dass ihr für ihn da seid). Je mehr Sinne ihr ansprecht, umso schneller dringt ihr zu ihm durch. Spendet Trost und Wärme, je mehr, desto besser. Wenn ihr wirklich kurz den Raum verlassen müsst und der Gestürzte kann/will nicht mitkommen, dann redet weiterhin mit ihm und kehrt möglichst schnell zu ihm zurück.

Egal wo die Probleme liegen, wirklich gelöst werden können sie nur, wenn sie aufgearbeitet werden. Das geht sehr gut durch reden, reden und nochmals reden. Reden bedeutet aber nicht, jedes Detail haarklein zu analysieren, sondern eher die Ursachen zu erforschen und Mittel und Wege zu finden, besser zu kommunizieren und Schutzmechanismen einzubauen. Dies alles sollte möglichst zeitnah geschehen, denn Probleme, die man mit sich rumschleppt, werden nicht weniger, sondern belasten mit der Zeit immer mehr. In einer Partnerschaft ist dieses meist leichter, da man einen gewissen Zugang zu dem anderen hat. Freunde, die eine gewisse eigene BDSM Erfahrung haben, können aber auch weiterhelfen und in einer Gruppe von Gleichgesinnten wird es sicherlich Personen geben, die etwas Ähnliches schon durchgestanden haben. Sollte dieses negative Gefühl jedoch von Dauer sein und sollte es zu Alltagsproblemen führen oder gar selbst eines werden, dann sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.

III. Problem Zweitbeziehung
Eine andere Gefahr eines Absturzes kann die Entfremdung vom Partner sein, sollten die Bedürfnisse gerade nicht mit diesem, sondern mit einer Affäre ausgelebt werden. Hier gibt es das schlechte Gewissen dem Partner gegenüber oder auch ein Hass, dass dieser selber mit einem nicht spielen will. Aber selbst wenn alles geklärt ist und man anderweitig spielen darf, gibt es Gefahren. Gerade Subs neigen dazu, intensivere Gefühle zu entwickeln je mehr und je intensiver das Spiel ist und je weiter man zusammen geht, denn sie geben viel mehr als Doms bei einem Spiel (Vertrauen, Hingabe, Respekt etc.). Ist Sub recht spielerfahren und eine sehr gefestigte Person, mögen die Gefahren geringer sein.


Mir ist es erlaubt den Text hier zu posten, er stammt aus der Reihe BDSM, wie geht denn das? und ist unter folgenden Link veröffentlicht worden: http://www.gentledom.de/_rubric/detail.php?nr=1238&rubric=SM%2C+wie+geht+denn+das%3F&
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