noch: Outing auf Raten
Jule, ich werde mal berichten, wenn sich mit der Nachbarin was Neues in der Angelegenheit ergibt. Im Grunde wäre es uns ja Recht, wenn ale Nachbarn es wüßten. Dann könnte man unbesehen das Haus verlassen oder sich auch in den einsehbaren Teilen des eigenen Gartens im Badeanzug auf den Rasen legen und sonnen. - Aber nicht alle sind einem ja wohlgesonnen. - Ein Nachbar (nach der anderen Seite) ist ein ziemlicher Stoffel, von Anfang an regelrecht feindselig und komisch bis zum Geht-nicht-mehr! Der hätte am liebsten gar keine Nachbarn. Aber dann hängt er mit dem Fernglas am Fenster und beobachtet die Nachbarin auf der anderen Seite, wie sie sich auf ihren Balkon sonnt. Ein Spanner also!
Von dem kann man nichts Gutes erwarten. Und in so einem kleinen Dorf, wo wir wohnen, würde dann mächtig getratscht. Die Leute reden ja hinter dem Rücken und nicht geradeheraus, wenn man ihnen gegenübersteht.
Und da werden dann die tollsten Stories erzählt.
In der Großstadt ist das alles leichter, denn da ist man weitgehend anonym. Aber ich will Dir mal selbst dazu ein Beispiel erzählen, aus der Zeit, als ich (damals Student/in) noch in Berlin wohnte:
Ich hatte mir damals zusammen mit einer Freundin ( in Casablanca umoperiert, also dann schon medizinisch Frau! ) eine etwas größere Wohnung aufgeteilt, in Berlin-Charlottenburg-Nord. Um uns herum wohnten überwiegend ältere "Damen" zur Miete. "Tratschweiber" wäre der bessere Ausdruck. - Als ich nun in den Sommerferien verreiste, überließ ich meiner Cousine aus Schleswig-Holstein für ein paar Tage meine Wohnung, denn sie wollte ebenfals in Berlin ihr Studium beginnen und sich entsprechend umschauen. Zusammen mit einer Freundin zog sie also für ein paar Tage dort ein. Und jetzt kamen von den alten "Weibern" aus dem Hinterhaus Briefe, in denen die beiden jungen Mädchen gewarnt wurden.
Da wohne eine Geschlechtsumgewandelte, und ich sei wohl auch nicht ganz normal, nämlich homosexuell. Diese Wohnung sei ein richtiger Sündenpfuhl, und die beiden Mädchen sollten sich bloß in acht nehmen, damit sie da nicht noch hineingerieten. - Meine Cousine hat mir die Briefe gezeigt. Natürlich allesamt anonym! - Ich hatte einige Mühe, die Sache zu glätten, indem ich den Mädels erklärte, die alten Weiber wollten uns wohl offensichtlich was Böses anhängen. - So kann´s gehen: mit anonymen Briefen, übler Nachrede, Rufmord, oder wie man das sonst noch nennen könnte. Leute, die (z.B. vor oder auch nach einer geschlechtsangleichenden Operation) psychisch nicht so stabil sind, können daran zugrunde gehen. Da hilft eigentlich nur noch wegziehen. Aber wie denn einen Mietvertrag unterschreiben, wenn man als Frau lebt und auftritt und im Personalausweis noch ein Männername steht?
Wieder neues "Futter", über das man sich aufregen kann, nicht wahr?
Aber wer clever ist, entwickelt mit der Zeit Triocks und Taktiken, um mit all solchen Dingen fertig zu werden.
Liebe Grüße,
Monika.