********gile:
Ich denke, diese Argumentationsweise kann in einem face-to-face Gespräch greifen, wobei es ja auch noch so was wie ein Gespür dafür gibt, was ich meinem Gesprächspartner "zumuten" kann, und dann passt man seine Ausdrucksweise doch irgendwie auch intuitiv an, oder?
Natürlich. Dieses Gespür gibt es im Forum aber nur bedingt. Heißt also ich schreibe erst einmal meinen Text, wie er mir gefällt. Wenn jemand dann sagt "Ist für mich zu schwierig, kannst du es mir noch mal einfacher erklären?", bin ich der Letzte, der das nicht tut. Außer es handelt sich um Sachverhalte, die aus meiner Sicht mit zwei Minuten Google in Erfahrung gebracht sind. In dem Fall ist mir meine Zeit zu schade.
********gile:
Traust du es ihnen zu oder mutest Du es ihnen zu? Impliziert das Deiner Meinung nach auch das Gegenteil, nämlich dass man Menschen nichts zutraut, wenn man sich bewusst einfach ausdrückt?
Beides? Abgesehen davon: Es ist ein Abstimmungsprozess. Im realen Leben/beim gesprochenen Wort fällt mir das leichter. Ich bin auch in der Lage mich einfach auszudrücken und gerade bei komplexen Sachverhalten lege ich viel Wert auf verständliche Darstellungen. Dazu finden sich auch hier im Forum genug Beispiele.
Auf der anderen Seite gibt es für gewisse Themen schlicht Fachvokabular. Mein Norm-/Kriteriumsorientierungsposting war eine fachspezifische Entgegnung/Korrektur, mehr für mich selbst als für andere. Und Interessierte können ja fragen oder sich selbst schlau machen.
********gile:
Ich finde das hat vielmehr etwas mit Respekt zu tun - man respektiert die Meinung eines Menschen unabhängig von dessen Bildungsniveau und schließt niemanden künstlich durch Sprachbarrieren aus.
Wer will, kann Sprachbarrieren überwinden lernen. Wenn ein BWLer von ROI und USP spricht, kann ich a) ihn fragen oder b) Google anwerfen und dort eine Erläuterung finden. Ich finde es sehr bequem zu sagen "Ich habe davon keine Ahnung, also musst du auf mich Rücksicht nehmen". Menschen mit einer derartigen Haltung ernten von mir ein schlichtes "Nö, muss ich nicht." und können mich dann als arroganten Arsch bezeichnen.
Wenn jemand sagt "Ich habe davon keine Ahnung, könntest du mir das kurz für mich verständlich erklären (, damit ich in Zukunft mitreden kann).", ist das für mich etwas ganz anderes. Im persönlichen Gespräch mehr als wenn jemand vor dem Rechner sitzt. Ich habe unbekannte Begriffe schneller gegooglet als ich einen "Du arroganter Arsch benutzt deine gehobene Sprache, weil du dich für etwas besseres hältst."-Forenbeitrag zu schreiben. Nö. Ich spreche/schreibe so, weil es meinem Wesen entspricht. Genauso wie die Tatsache, dass ich andere lieber stärke als mich schwäche. Dazu gehört auch, dass ich Menschen etwas zumute. Tun sie umgekehrt auch.
********gile:
"Ich finde das toll, denn erstens kann das Lerneffekte auslösen"
Allein in dieser Aussage könnte ich - wenn ich wollte
- eine Überhöhung der eigenen Person (als der, der es besser weiß/kann) und ein Abwerten der anderen sehen (als die, die belehrt werden müssen/sollen).
Kannst du. Du kannst es allerdings auch als Würdigung, Wertschätzung und Unterstützung sehen. Zumal es nunmal Menschen gibt, die Sachen besser wissen/können. Nur weil jemand anderes etwas besser als ich kann, muss ich mich nicht selbst abwerten.
Ich kann z.B. nicht wirklich kochen. Wenn mir jemand sagt "Mach mal." kann ich natürlich sagen "Ah, der/die will mich demütigen und vorführen, weil er/sie weiß, dass ich nicht kochen kann, wo er/sie doch so gut ist". Ich kann es aber auch als Ermutigung sehen mich auszuprobieren und weiterzuentwickeln.
Selbiges gilt auch für Sport, Kunst, Tanz, Präsentationen, Handwerk, whatever. Ich glaube es gibt mehr Bereiche, in denen andere Menschen mir zum Teil weit überlegen sind als umgekehrt. Gleichzeitig kommt's mir vor als gäb's das Geschrei nur bei Intelligenz & Rhetorik: "Au, der ist intelligent. Und wer intelligent ist, macht andere Menschen fertig, nutzt die Dummen nur aus und will sie kleinhalten."
So schaut's aus.
Wenn jemand sich hinstellt und sagt: "Ich bin 1,95 groß und kräftig gebaut" sagt keiner, der ein oder zwei Köpfe kleiner ist, "Aufgepasst, das ist ein gefährlicher Schläger".
Wenn sich jemand hinstellt und sagt: "Ich hab'n IQ von über 130 und bin ziemlich smart." - "Au, der hat'n IQ von über 130, da musst du aufpassen, der ist gefährlich."
Als wenn sich irgendjemand aussucht, ob er 1,95m groß samt kräftiger Statur wird oder intelligenter als die breite Masse. Warum schneiden wir den 1,95m großen Menschen eigentlich nicht zehn Zentimeter Beinlänge ab, nur weil sie zehn oder mehr Zentimeter größer sind als wir selbst?
***er:
Ganz viele versuchen hier krampfhaft, sich als möglichst sapio zu gebärden und sehen offenbar ihre große Stunden gekommen.
Und du mittendrin. Gibt's'n High Five Smilie?