Was einem als Frau alles passieren kann...
Vielen von uns fällt es schwer, als Frau allein rauszugehen. Dennoch: man muss es tun. Und wenn man´s tut, dann kann man auch was erleben.Dazu muss ich doch mal eine Geschichte erzählen, die mir vor vier Jahren in London passiert ist:
Im Vorjahr schon war ich mit meiner Frau dort aufs Einkaufstour gewesen.
Ein Paradies für "trannies"!
Diesmal war ich allein dort, und der Grund meines Aufenthalts war ein ganz anderer. - Aber da ich ein Auto mithatte, waren die notwendigen Dinge an Bord. Und dazu gehörten (nur auf Verdacht, um auf der sicheren Seite zu sein) ein gut funktionierender Rasierapparat, hübsche Unterwäsche, meine Handtasche voller Schminkzeug und meine kastanienfarbene langhaarige Perücke. Und natürlich konnte ich es mir auch diesmal wieder nicht verkneifen, einen Tag zu "opfern", um mich in London nach hübschen Sachen umzusehen. - Bei Doreen´s Fashion gab ich sündhaft viel Geld aus und kehrte abends hellauf begeistert mit vollen Einkaufstüten zu meinem Appartement in Black Heath zurück, am Ostende der Stadt, billig, aber gut und für jegliche Eskapaden geeignet, nur eben weit außerhalb.
Was nun folgte, war klar: anprobieren, Modenschau vor dem großen Spiegel, schminken, Nägel lackieren, Perücke auf, fertig! Und da wurde mir klar, dass es unmöglich sei, den Rest des Abends auf der Bude zu versauern. Da fiel mir die gemütliche Lounge im Philbeach Hotel in Kensington ein. Dort würde frau noch eine Kleinigkeit essen können und nette Leute des einschlägigen Milieus treffen, andere "trannies", die aus der Szene berichten konnten
So raffte ich mich auf, verschloß sorgfältig die Tür meines Appartements, trippelte auf meinen Absätzen zum Auto in einer der benachbarten Straßen und fuhr quer durch die Stadt nach Kensington.
Dort angekommen, durfte ich einmal mehr erfahren, was es heißt, in dieser Stadt mit dem Auto unterwegs zu sein. Kein Parkplatz weit und breit, und aus dem Covent Garden quoll eine riesige Menschenmenge. Wieder mal eine Großveranstaltung !
Ich fuhr in die benachbarten Straßen. Bloß nicht auch noch falsch rum in eine Einbahnstraße einfahren!! Da kamen mir auch schon zwei Bobbies entgegen, auf Kontrollgang, um falsch parkende Fahrzeuge aufzuspüren. Nein, die konnte ich nicht fragen!
Was tun? Wieder zurückfahren nach Black Heath? Sollte alles umsonst gewesen sein?
Da fiel mir ein, dass es ein Stück weiter außerhalb ein großes Einkaufszentrum gab, das bis 24 Uhr geöffnet hat. Dort hatte ich im vergangenen Jahr schon mal über Nacht meinen Wagen geparkt.
Also: mit dem Auto dorthin und auf den hinteren Teil des großen Parkplatzes, wo noch genügend Platz war! Keine Gebühr!
Und ein Kilometer zurück zum Philbeach Hotel, das machte mir nichts aus.
Wie viele hundert Kilometer war ich doch früher schon über nächtliches Großstadtpflaster gestöckelt!
Gegen 10 Uhr war ich am Ziel meiner Wünsche.
In der Lounge war noch mächtig Betrieb. Ich bekam was zu essen, wurde von netten Leuten angesprochen, durfte mein schickes rotes Kleid zeigen,
das ich bei Doreen erstanden hatte.
Es hätte ein netter Abend werden können, wenn mir nicht siedend heiß eingefallen wäre,, dass ja das Shopping Center um 24 Uhr zumachte. Und man konnte ja nie wissen, ob der Parkplatz dann wirklich noch offen war.
Blick zur Uhr: viertel vor zwölf! Um Gottes willen! Also schnell eine Taxe, die mir der Barkeeper besorgte, und zurück zu dem Parkplatz am Einkaufszentrum! Dem Taxifahrer war es sichtlich egal, ob er da Frau oder Mann oder sonstwen transportierte.
Vor dem Einkaufszentrum ist noch alles hell erleuchtet, nur der Parkplatz liegt im Halbdunkel.
Puhkt zwölf hat mein Auto mich wieder. Aber, oh Gott - diesmal ist die Schranke zu!
Ich fahre mit dem Auto vor die Schranke. Wie zu erwarten, ist in England natürlich der Kasten zum Einwerfen des Chips auf der "falschen" Seite.
Also raus aus dem Wagen, um die Lage zu prüfen! Ein Schlitz für einen Chip, den ich ja gar nicht habe, ist hier nicht zu sehen. Nur ein Sensor zum Vorhalten eines Ausweises, und darunter ein Schloss.
Hinter mir stehen inzwischen drei Fahrzeuge, geduldig wartend. Wie gut, dass man in England nicht hupt! Dennoch bin ich mit den Nerven am Ende.
Ich steige wieder ins Auto, unfähig, meine Gedanken zu sortieren, was ich denn nun hier tun sollte. Ich hätte im Erdboden versinken können.
Da setzen die drei Fahrzeuge zurück. Ich verstehe, fahre ebenfalls zurück, um seitlich wieder auf den Parkplatz auszuweichen und den Weg frei zu machen. Die drei fahren vor die Schranke, halten einen Ausweis vor.
Die Schranke geht hoch. Man verläßt den Parkplatz. Aha, dies ist also der Parkplatz der Angestellten dieses Kaufhauses!
Aber nun ist die Schranke wieder zu, und meine Lage ist hoffnungslos.
Soll ich hier übernachten? Oder mit der U-Bahn quer durch London zurückfahren, um morgen den Wagen abzuholen?
Da steuert plötzlich eine junge Frau auf mich zu, von der Eingangstür des Einkaufszentrums kommend. Ich öffne das Fenster. Vor Frauen habe ich keine Angst, mich zu outen.
"Can I help you, Ma´am?" fragt sie.
Jetzt nur nicht auffallen! Ich nehme alle meine Sinne zusammen und erkläre mit lispelnder Stimme, dass ich wohl auf dem falschen Parkplatz gelandet bin und nicht wieder herauskomme. Ein freundliches Lächeln erhellt ihr Gesicht, dann ein wissendes Grinsen.
"Wait a moment, I´ll get somebody to help you." Verschwindet wieder in Richtung Kaufhaus und kehrt eine Minute später in Begleitung eines Mannes zurück. Der hat ein großes Schlüsselbund dabei, betätigt das Schloss unter dem Sensor, und hoch geht die Schranke.
Mit hundert Gesten der Entschuldigung und Dankbarkeit verlasse ich den Parkplatz. Mit dem Puls auf 180, bin ich ich in diesem Moment der glücklichste Mensch auf der Welt.
An der nächsten Ecke muss ich erst einmal anhalten, um mich zu beruhigen.
Ob die was gemerkt hat? Ihr Lächeln und am Schluss dieses Grinsen, als ich durch die Schranke fuhr..., das konnte nicht zufällig gewesen sein.
Ganz bestimmt hatte sie bemerkt, dass ich nicht "echt" war.
Eines war mir aber in diesem Moment klar: Dieses Land hatte offensichtlich wunderbare Frauen!
Petticoatfriend (Monika)