Was ist klassisch?
Wir sind erst ziemlich spät, also auf "sie" bezogen so Anfang 40 mit der Swingerszene in Berührung gekommen.
Einerseits war uns diese Szene nicht wirklich bekannt, zum anderen gab es im Umkreis von 120 km praktisch keinen Swingerclub.
Auslöser dafür, uns näher mit diesem Thema zu befassen, war letztendlich Lilo Wanders mit der Sendung "Wa(h)re Liebe".
Ja, vor 15 Jahren wurde übers Swingen doch noch eher hinter vorgehaltener Hand gesprochen. Heute ist das Erwähnen das Swingens allgegenwärtig und wenn irgendwo in einer Show das Wort Club fällt, gibt es das großen Grinsen und es ist klar, das augenblicklich jeder an Swingerklubs denkt. Da hat sich in den vergangenen 10 Jahren sehr viel getan.
Der offizielle Umgang mit dem Thema ist lockerer geworden auch wenn es individuell nach wie vor kein Rezept oder den themenmäßig zitierten "klassischen" Verlauf.
Wir meinen, dass es keinen klassichen Weg zum Swingen gibt.
Paare, bei denen einer von beiden vor der Partnerschaft bereits Bekanntschaft mit Swingerclubs, Gruppensex oder Sexpartys hatte, wird auch den gemeinsamen Weg zum Swingen anders gehen, als Paare, die sich im Verlauf ihrer Beziehung dazu entscheiden, ihren Horizont durch das Swingen zu erweitern.
Wir jedenfall hatten vor unserer Ehe diverse Beziehungen, die aber ausschließlich monogam waren. Auch in unserer Ehe vergingen mehr als 15 Jahre ohne das ein Partner eine Beziehung anfing oder das auch nur in Erwägung zog. Aber wir waren sexuell sehr aufgeschlossen und es gab für uns als Paar kaum etwas, was wir mit einem Tabu versehen hatten, solange es für uns als Paar denkbar war.
Als FKK-Anhänger und Saunagänger vom Anfang unserer Beziehung an, hatten wir keine Probleme, uns nackt in Gegenwart anderer zu bewegen.
Auch wenn es noch immer für viele nicht klar ist, dass FKK oder Sauna nichts mit Sex und Swingen zu tun hat - es ist einfach so. Es ändert sich nur die persönliche Einstellung zur Nacktheit an sich und zwar in der Art, dass man damit völlig unbefangen und ohen sexuelle Erregung umgehen kann.
Aber wie gesagt, der offene Umgang mit Sexualität und Nacktheit macht ja deswegen nicht stumpf gegenüber sexuellen Reizen, die andere Personen allein durch ihr Dasein ausstrahlen. Man lässt diese Regungen eben einfach nicht zu.
Aber durch Lilo Wanders wurde das Thema Sex mit anderen und mit Wissen oder Beisein des eigenen Partners direkt und unmittelbar greifbar.
So hat sich zuerst jeder für sich so seinen Reim gemacht und das Kopfkino begann seine Arbeit.
Von dort aus war es nicht mehr weit, die vorsichtige Frage aufzuwerfen, ob sich der Partner vorstellen könnte, bei "so etwas" mal dabei zu sein.
Nachdem festgestellt worden war, dass man es sich vorstellen könne, brauchte es wenig Zeit, die Frage ob man nicht nur zusehen, sondern auch mal dabei sein möchte.
Von dem Moment an gehen die Wege gegenüber anderen Paaren sicher auseinander. Die einen setzten sich ins Auto und stürmen den erstbesten Club, bei uns dauerte es dann aber einige Zeit ehe wir wirklich aktiv wurden.
Wir suchten Kontakte auf diversenen einschlägigen Plattformen im Internet. Wir informierten uns, tauschten Meinungen aus, übten uns erst mal in der Theorie.
Der Knackpunkt, selbst wirklich aktiv zu werden war, dass wir uns nicht wirklich sicher waren, wie wir es verkraften, in Gegenwart anderer sexuell aktiv zu werden. Ganz besonders beschäftigte uns der Gedanke, wie wir reagieren, wenn es wirklich zu direkten Kontakten mit anderen kommt.
Was geht dann in unserem Kopf vor.
Können wir wirklich damit umgehen. Der Gedanke, der Wunsch, die Theorie - das war alles klar. Aber die Praxis?
Jedenfalls bot es sich an, dass uns ein Pärchen in eine Club begleiten würde, ohne etwas Konkretes zu erwarten.
Und das war gut so.
Natürlich waren wir ziemlich aufgeregt. Scharf waren wir natürlich auch. Alle beide!
Bei diesem ersten Abend schwatzten wir viel zu viel. Wir guckten, fanden es wunderbar aufregend und tobten uns zu zweit richtig aus. Kontakt zu anderen hingegen gab es nicht, außer das "er" mal eine fremde Brust streichelte.
Auf der Heimfahrt bemerkten wir beide, dass wir uns eigentlich richtig wohl gefühlt hatten, aber uns beiden letztendlich der Mut gefehlt hat, etwas weiter zu gehen.
Für den nächsten Clubbesuch, und das es den geben wird stand fest, planten wir, dass wir nicht mehr so zögerlich sein werden, aber wir vereinbarten eine Idelle Reißleine. Ein Zeichen, mit dem jeder von uns signalisiert "ich packe das nicht" und sich der andere von den laufenden Aktivitäten zurück zieht.
Einfach nur so, für den Fall des Falles, obwohl wir beide wollten, dass es beiden gefällt, Grenzen zu überschreiten.
Mit dieser Sicherheitsleine gewappnet trafen wir uns ziemlich spontan mit einem anderen Pärchen in einem anderen Club. Diesmal ohne den Gedanken "nur mal gucken zu wollen".
Der Club war klein, die Gäste fast wie eine nette Familie, das Pärchen wusste was es wollte und erkannte, was wir wollen. Ohne große Probleme entwickelte sich alles wie von selbst, Hemmungen verflogen fast augenblicklich. Es wurde ein unglaublich geiler Abend und wir fühlten uns, als ob wir nie etwas anders als Swinger gewesen wären.
Aber es blieb für uns für alle Zeiten die feste Absicht zurück, dass wir alles, was wir tun gemeinsam tun. Wir wollen erleben, wie es der andere Partner genießt verwöhnt zu werden oder zu verwöhnen und es macht uns wirklich beide richtig spitz, das zu sehen und wir genießen es.
Es ist nicht so wichtig ob wir zu dritt zu viert oder wie auch immer aktiv sind. Es muss gewollt sein und Spaß machen.
Aber uns ist auch klar, dass es so etwas wie Gangbang nicht geben wird, denn ein wenig Zärtlichkeit, ein wenig Kuscheln und auch Küssen muss einfach dazu gehören.
Wir haben auch nie Wert darauf gelegt mit so vielen anderen wie möglcih zu poppen. Uns war es eher wichtig, nicht ständig auf der Suche zu sein und zu hoffen, das sich etwas ergibt, sondern wir wollten recht sicher sein, dass sich etwas läuft. Und so waren es vielleicht ein dutzend Paare und 2..3 Singles im Laufe der Zeit, mit denen wir aktiv waren. Nicht zuletzt auch aus dem grund, weil wir von diesen Personen wussten, dass sie ähnlich tickten wie wir. Wir wollten auch so viel Vertrauen haben konnten, um auf ein Kondom zu verzichten. Das funktioniert natürlich nur, dann wenn man sich hinreichend sicher ist, dass die anderen nicht wahllos kreuz und quervögeln und sich dabei was einfangen.
OK, das ist ein Thema, dass hier im JC schon bis aufs Messer diskutiert wurde. Wir halten es mit der Realität, und die sieht nun mal so aus, dass das Gummitütchen nicht wirklich das Lieblingsutensil beim Liebespiel ist.
Wie gesagt - wir haben geprüft und höchst selten spontan gehandelt und natürlich auch mal zum Gummi gegriffen, wenn es ganz fremd war. Aber ohne war es uns eben lieber.
Schlussendlich wollen wir sagen, dass es keinen klassischen Weg gibt und auch keine wirkliche Empfehlung.
Paare müssen sich einig sein und für EIfersucht ist gar kein Platz.
Es muss Vertrauen und Selbstvertrauen in wirklich ausreichender Menge vorhanden sein.
Und angeschlagene Beziehungen, nein, die lassen sich nicht kitten, indem man dem Partner Freiheiten einräumt, mit denen man selbst nicht wirklich klar kommt.
Auch wenn wir derzeit hinsichtlich unseres Swingerlebens nicht sehr aktiv sind, sehen wir uns noch immer als Swinger.
Clubs haben wir nur 4..5 mal pro Jahr besucht. Vor allem deshalb, weil Swingen für uns nie Ersatz für ein unbefriedigendes Sexleben zu Hause war, sondern deswegen, weil wir die Abende im Club als etwas ganz besonders, sozusagen als Sahnehäubchen in unserem vollkommen erfüllten Sexleben sahen.
Qualität ging uns immer über Quantität. Und das wird sich auch ganz sicher nicht ändern...