Universe Of Fantasies
„Ich bin unverdächtig, mir trauen sie vielleicht keine krummen Dinger zu!“
Ich nahm einfach Rebekka bei der Hand und verschwand im Wald.
Wolfgang und Daniel konnten nur noch kopfschüttelnd hinterher schauen.
Rebekka und ich wechselten kein Wort – es war alles gesagt.
Sie hatte ihre Freundin Aleana einst von Tel Aviv hierher gelockt und erst in diese Situation gebracht.
Schuld und Sühne…
Wir schlugen uns durch das Gebüsch. Irgendwann brach ich dann doch das Schweigen.
„Danke für alles, Rebekka! Schmerzen?“
„Nur ein bisschen, geht schon!“
„Sie werden dich fesseln!“
„Ich weiß…Mach‘ dir keine Sorgen, Harry!“
Leicht gesagt. Wenn alles gut lief, würde man die verletzte Aleana frei lassen, Rebekka Handschellen anlegen und in einen Container verfrachten.
Wir hatten es hier mit Amateuren zu tun, nicht mit Profis, die waren unberechenbar…
Endlich waren wir auf einer Waldlichtung angekommen und sahen sie!
Mein Herz krampfte sich zusammen! Was hatten sie Aleana angetan!
Nicht nur ihr linkes Auge war zugeschwollen, sondern die ganze linke Gesichtshälfte.
Blut rann ihr von der Stirn bis zum Hals.
Rebekka ging es genau so wie mir.
Sie krampfte die Hände zu Fäusten, bis die Knöchel weiß hervor traten.
Zwei Männer, deren struppige Bärte aus den Sturmhauben zu wachsen schienen, stützten Aleana – sie wäre sonst vermutlich umgekippt.
Ein dritter kleiner, drahtiger Mann, ebenfalls mit olivgrüner Sturmhaube, fuchtelte mit einer Pistole herum.
„Vierzig Minuten Verspätung, jede Minute ein Schlag! Wer sind Sie überhaupt?“ bellte der kleine Mann – es handelte sich offenbar um Hasan S., einem radikalen Muslim aus Bosnien-Herzegowina, der in Deutschland lebte.
„Ich bin Harry B., Geschäftsführer der Firma, für die Frau Levi und Frau Rothman arbeiten“, sagte ich so ruhig wie möglich, um den Zappel-Phillipp nicht noch mehr aufzuregen.
„Polizei? Eigene Security?“ fragte Hasan S. lauernd.
„Keine Polizei“, log ich, „die eigene Security dreihundert Meter entfernt.“
In Wirklichkeit wusste ich nicht, wo die Israelis und das SEK lauerten.
Der Bosnier gab einem der Konvertiten ein Zeichen, das Fahrzeug zu holen, das hinter einer Baumgruppe versteckt stand.
Wir hatten jetzt nur noch zwei Gegner!
Rebekka warf mir einen schnellen Blick zu, ich schüttelte unmerklich den Kopf. Ich hatte meine Armeezeit meist am Telefon und Fernschreiber verbracht. Sorry, Mädel, ich bin dafür nicht ausgebildet! Mit einem Mann der Sayeret Matkal an ihrer Seite hätte sie die überrannt, auch wenn Hasan S. bewaffnet war.
Stattdessen kam Hasan S. auf mich zugeschlendert und klopfte mich ab.
Dann sah er den Verband an Rebekka’s linken Oberarm, fesselte ihre Handgelenke mit Kabelbinder.
„Wer war das? Noch mehr Feinde?“ Das Grinsen konnte man wegen der Maske nur ahnen.
„Russen – deshalb auch die Verspätung“, sagte ich knapp.
„Okay, Austausch wie abgesprochen!“
Hasan S. gab dem anderen Bärtigen ein Zeichen und er stieß Aleana in meine Richtung, die ins Straucheln geriet und bevor sie stürzte von mir aufgefangen wurde.
Der Bärtige zauberte aus den Tiefen seiner Militärhose eine Pistole hervor, falls Rebekka doch noch auf dumme Gedanken kommen sollte.
Sie ließ sich einfach abführen – wie ein Lamm zur Schlachtbank.
Offensichtlich vertraute sie darauf, dass diese Gefangenschaft nur von kurzer Dauer war.
Aleana’s Blut tropfte auf meine helle Windjacke.
Sie sah wirklich schlimm aus – würden die Ärzte das wieder hinbekommen?
Sie konnte unmöglich den ganzen Weg, den ich mit Rebekka gegangen war, mit mir zurück laufen.
Ich griff nach meinem Handy, um einen Krankenwagen zu rufen.
Umgehend sprang Hasan S. auf mich zu und drückte den Lauf der Pistole gegen meine Schläfe.
„Erst, wenn wir weg sind, verstanden?“ zischte er mir ins Ohr.
Dann ließ er von uns ab und spang in den heran rollenden Transporter, diesmal ein bordeaux-roter.
Der Lieferwagen bog ein auf einen Waldweg, den ich gar nicht gesehen hatte.
Wie weit würden sie kommen?
Würden sie Rebekka erschießen, wenn sie erkannten, mit wem sie sich angelegt hatten?
Ich bettete Aleana auf weiches Moos, hatte aber nichts dabei, um ihre Schmerzen zu lindern.
Wenigstens lebte sie noch, auch wenn Puls und Atmung schwach waren.
Jetzt endlich tippte ich den Notruf 112 in mein Handy ein…
Wie erwartet, kamen die Entführer nicht weit.
Auf dem nächsten, etwas breiteren Waldweg, wurden Blendgranaten geworfen – für Rebekka das Zeichen, ihren Bewacher hinten im Lieferwagen außer Gefecht zu setzen.
Sie rammte ihm eine lange Holzschraube, die sie in der rechten Faust versteckt gehalten hatte, in das linke Auge.
Auge um Auge – Zahn um Zahn…Bibel und Thora…
Die Männer vorn im Fahrzeug schossen natürlich auf die Angreifer, konnten aber nicht viel sehen.
Wenn sie etwas trafen, dann nur eine Schutzweste eines Sayeret-Matkal-Kämpfers.
Gleichzeitig brach ein SEK der brandenburgischen Polizei aus dem Gebüsch, zerschoss das Schloss der Heckklappe und riss sie auf.
Mehr hatten sie nicht zu tun – sie mussten nur noch die Kabelbinder an Rebekka’s Handgelenken zerschneiden…
wird fortgesetzt...