und letztendlich wurde mir vorgeworfen ich könne nicht lieben, hätte niemals geliebt, weil ich eben nicht selbstlos sei.
Es tut mir leid, dass wegen so einer Ansicht Deine Beziehung in die Brüche gegangen ist, aber je mehr Du d'rüber nachdenkst, wird es Dir immer leichter fallen, diese Beziehung als das zu betrachten, was sie ist: Geschichte.
Nur was mir nicht so sehr d'ran gefällt, ist selbstlos. Ich denke, dass Dir eher bedinungslose Liebe abverlangt worden ist. Wenn Du dafür nicht bereit bist, wird so eine Beziehung irgendwann schief gehen müssen, denn sie beruht nicht auf Gegenseitigkeit. Auf der einen Seite stehst Du mit der Bedingungs- oder auch Selbstlosigkeit, auf der anderen Seite steht der Egoismus Deines Partners, das kann nicht ewig gutgehen.
Ich will damit auch keineswegs sagen, dass Du dabei was falsch gemacht hast, im Gegenteil. Niemand sollte sich dazu zwingen lassen, dass er/sie den anderen bedingungslos liebt, ich sage immer, zu einer Beziehung gehört beiderseits ein gesundes Maß an Egoismus. Dieses nenne ich dann aber nicht mehr Egoismus, sondern Selbstvertrauen. Eben das hast Du Deinem Partner gezeigt, er kam nicht damit zurecht. Deshalb mein Rat, auch wenn es hart und kalt klingen mag, und es schwer für Dich ist, diese Beziehung ist Geschichte.
Über den Begriff Liebe zu debattieren und philosophieren, ist 'ne schwierige Sache. Dank Duden, Brockhaus, wikipedia usw. ist ja alles genau definiert, wie welcher Begriff auch immer auszulegen ist. Dies funktioniert solang', wie die Begriffe greifbar sind, ein Auto z. B. kann ich anfassen, ist also greifbar, es ist ein Fortbewegungsmittel, das mich von A nach B bringen kann.
Liebe jedoch ist kein greifbarer Begriff, ich denke, das ist etwas dehnbares, was jede/r für sich selbst definieren kann und das ist auch gut so. Ja, ich denke, dass solche dehnbaren Begriffe jede/r für sich selbst auslegen muss, was sie/er d'runter versteht, denn erst dadurch werden wir Menschen zu Individuen, mit all unseren Macken, Kanten und Ecken.
Liebe zu normalen Bekannten definiere ich mit Sicherheit anders als die Liebe zu meinem Freund. Mein Bekanntenkreis, ja, das sind allesamt Menschen, die gerne hab' und auf irgendeine Weise liebe. Zu einer partnerschaftlichen Liebe gehören aber auch noch andere Dinge, ich will das Gefühl haben, dass ich begehrt werd', dass ich mich einfach mal fallen lassen kann und meine Alltagssorgen vergessen kann, aber dabei auch wieder auf den Boden der Realität zurück geholt werd', aufgefangen werd'. Und ja, in gewisser Weise auch Bedingungslosigkeit, aber eben nur dann, wenn es angebracht ist.
Von meinem Partner erwart' ich irgendwo schon, dass er mal auf etwas verzichtet, wenn ich in 'ner Hilflosigkeit feststecke, wobei ich voraussetze, dass ich das gleiche dann auch für ihn tu'. Ich konnte mir früher auch nie vorstellen, dass 'ne Fernbeziehung funktioniert, und was ist jetzt? Jetzt hab' ich 'ne Fernbeziehung, und die kam zustande, weil mein Freund mir gezeigt hatt', dass er versucht, für mich da zu sein, wenn es notwendig ist. Dass das bei 300 km Entfernung nicht immer klappt, dafür hab' ich Verständnis, aber wo 'n Ziel ist, ist auch 'n Weg dorthin. Ich muss nur noch ein wenig lernen, mit meiner Sehnsucht, die immer wieder aufkommt, umzugehen, aber um die vorübergehend zu stillen, gibt es Telefone, eine großartige Erfindung...
Aber die Bedingungslosigkeit darf nicht dazu führen, dass einer der Partner für den anderen sein bisheriges Leben vollständig auf den Kopf stellt, nur um es dem anderen recht zu machen. Ich bin bestimmt nicht so begeistert davon, wenn am Wochenende mein Freund da ist, dann noch mein Bruder auftaucht und z. B. die beiden glotzen zusammen Fussball. Aber das Interesse für Fussball gehört eben zu meinem Freund mit dazu, das muss ich respektieren, genauso wie Dinge an mir respektiert werden sollten. Liebe in einer Partnerschaft ist ein gegenseitiges Nehmen und Geben, ein Gefühl der Geborgenheit und Respekt voreinander, wo bei Respekt in 'ner Partnerschaft auch wieder anders definiert werden kann wie in normalen Freundschaften.
Erst wenn all diese Punkte erfüllt sind, kann ich einen Menschen so lieben, dass eine Beziehung möglich ist, und auch erst dann kann bei mir die Leidenschaft für Sex aufkommen.
Da hier jedoch von 'ner verflossenen Beziehung die Rede, es stimmt, Liebe, auch partnerschaftliche Liebe, hat was mit Loslassen zu tun. Die Beziehung zu meinem Ex ging durch Alkohol in die Brüche, vor etwa acht Wochen hab' ich ihn nach langer Zeit auf 'ner Geburtstagsparty getroffen, ich kann nicht mal abstreiten, dass da noch Gefühle vorhanden waren, denn er hatte immer noch sein charmantes Verhalten, welches ich mal sooo geliebt hab', aber leider war er schon hackedicht, als ich ankam. Ich kann und will's mir auch gar nicht mit ansehen, wie er sich zugrunde richtet.