Wir sind doch fast einer Meinung...
Holt Euch menschliche Beziehungen und Begegnungen und befriedigt Eure Bedürfnisse.
Zum einem, weil ich das auf Deine "Freßmeile" bezog, die Wellwet ja auch aufgegriffen hatte, zum anderen "holt" habe ich ganz bewußt benutzt, impliziert es doch, dass das Nehmen (ohne Geben), um zu haben (nämlich die Befriedigung), das Konsumieren der Antrieb, das Handeln ist, eben ohne Gegenseitigkeit. Und "gut"(?), dass Du "Liebe" nicht in Deine Ausführungen gebracht hast. Das Ausleben irgendwelcher sexueller Gelüste, Bedürfnisse, ist für manche an die Liebe und die geliebte Person (willentlich
Fromm) gebunden, für manch andere eben nicht.
Freie Menschen, die ohne Verkrümmungen und Verstellungen in gegenseitiger Achtung (also gerade nicht Verdinglichung) ihre verschiedensten Bedürfnisse miteinander befriedigen, leben eher die von Erich Fromm propagierte Lebensweise des "Seins" als Menschen, die in Partnerschaften den anderen teils mehr, teils weniger als Besitz betrachten und die Beziehung selbst zum Besitzobjekt machen.
Fromm hat aber nicht das Poppen quer durch alle Betten propagiert, um verschiedenste Bedürfnisse zu befriedigen (siehe "Erotische Liebe" in Die Kunst des Liebens).
Von Fromm "Haben oder Sein" ausgehend.
Wir sind uns wohl einig, dass die Sexualität nicht um seiner selbst Willen unterdrückt wurde, es war der Wille, den es zu brechen galt, die Unterdrückung des Menschen zwecks Manipulation, Ausbeutung (Kapitalismus, Kirche, etc.)
Im Gegensatz hierzu führt Fromm die gelebte "sexuelle Freiheit" in primitiven Gesellschaften an, die Sexualität nicht stigmatisieren und in denen sexuelle Beziehungen ohne Schuldgefühle genossen werden können.
Aber die Befreiung dieser Unterdrückung erfolgt doch nicht lediglich in der Befreiung meiner Sexualität, sondern in der (kompletten) Befreiung meiner Selbst innerhalb der Gesellschaft von Zwängen jedweder Art (wobei ich die Achtung vor meinem Nächsten und die Einhaltung der Gesetze voraussetze). Freie Sexualität/Liebe (wenn dies denn unbedingt gleichzusetzen sein soll) ist dann nur eine logische Folge, vielleicht sogar Konsequenz daraus. Wobei das so ähnlich ist wie mit dem SorgeRECHT, wo die SorgePFLICHT häufig geflissentlich übersehen wird. Freiheit bringt eben auch Verantwortung mit sich, fordert dann auch die Bereitschaft, Konsequenzen für sein Verhalten zu übernehmen, selbst konstruktiv und kreativ an meinem Umfeld, der Gesellschaft in der ich lebe, teilzunehmen. Aber zurück zu:
"Haben oder Sein"
Das Bemerkenswerte ist, dass die sexuelle Freiheit in diesen Gesellschaften nicht zu sexuellen Exzessen führt, sondern dass sich nach einer Periode relativ kurzfristiger sexueller Beziehungen Paare zusammentun, die kein Verlangen nach Partnertausch haben, die aber ungehindert auseinadergehen können, sobald die Liebe erlischt. Freude an der Sexualität ist bei diesen nicht besitzorientierten Gesellschaften ein Ausdruck des Seins, nicht das Resultat sexueller Besitzgier. Ich will damit nicht sagen, dass wir zur Lebensweise dieser primitiven Gesellschaften zurückkehren sollten. Selbst wenn wir das wollten, könnten wir es nicht, aus dem einfachen Grund, weil der Prozeß der Individuation und individuellen Differenzierung bzw. Distanzierung, den die Zivilisation mit sich brachte, der Liebe eine andere Qualität verliehen hat, als diese in den primitiven Gesellschaften hatte. Wir können uns nur weiterentwickeln, nicht regredieren.
Daher sage ich: Nix mit Revolution. Sexueller schon gar nicht. Von einem haben sich die meisten immer noch nicht befreit, und die Generation der 50jährigen ist DER Klassiker schlechthin dafür!: Der Erziehung zum reinen Konsumverhalten. Immernoch nicht abgelegt: Die (selbst-)entmündigende Anspruchshaltung, das Glück, die Befreiung, ja, auch die Liebe müsse von AUSSEN kommen. Ja, ich will sexuelle Freiheit (... aber auch eine feste Clubordnung in meinem Swingerverein)
Ich denke, erst wenn ich diese Hingabe an die Stagnation, die Passivhaltung, das Konsumverhalten zugunsten kreativen Prozeßen aufgegeben wird, finde ich (auh) zu einer erfüllten Sexualität (wie die nun auch immer aussieht, ist HOCHGRADIG individuell, wie die Person selbst). Dann kann ich auch was aus den mir gebotenen Möglichkeiten machen (was ja auch eine Frage im Eröffnungspost war). Nur
MACHEN muss ich schon selber!