@some_one
Auch wenn ich gleich ein allgemeines Augenverdrehen verursache, weil ich mich immer wieder gerne auf sowohl Erich Fromm "Die Kunst des Liebens" und eben das nachfolgend beschriebene Buch beziehe.
Auf Deine Fragen könntest/müsstest Du Erklärungen, Antworten und Anregungen finden: (es ist kein Handbuch a la "104 noch nie dagewesene Stellungen und Bastelanleitungen für Masken, die aus ihrem langweiligen Partner eine Sexbombe machen"
)
"Die Psychologie sexueller Leidenschaft"
David Schnarch
Die Qualität der intimen Paarbeziehung – darum geht es David Schnarch, dem führenden amerikanischen Sexualforscher. Ihm gelingt es, die Potentiale in uns zu wecken, so daß wir ein Leben lang leidenschaftlich lieben können.
Anhand von Fallbeispielen zeigt er uns, wie wir unsere sexuellen und emotionalen Blockaden überwinden können. So erleben wir bis ins hohe Alter hinein eine starke und befriedigende Sexualität.
Schnarch hat wahre Pionierarbeit in der Behandlung von Problemen der menschlichen Sexualität geleistet. Mit seinem sehr konfrontativen Vorgehen inspiriert er vor allem langjährige Paare zu neuem erotischen Wachstum. Was die Partner kaum mehr zu hoffen wagen, tritt ein: Sie finden zu neuer körperlicher und emotionaler Intimität zurück. Dabei geht es Schnarch weniger um sexuelle Dysfunktionen, sondern um die emotionale Erfüllung in jeder Partnerschaft. Jede Form des sexuellen Austausches – vom Kuß bis zu gewagten sexuellen Stellungen – spiegelt letztlich wider, wie wir uns und unseren Partner wahrnehmen, wie wir unsere Beziehung empfinden.
»David Schnarch zeigt, daß Liebesbeziehungen zu einer Differenzierung des Selbst herausfordern. Man muß lernen, sich dem Partner gegenüber mit echten Gefühlen zu zeigen und in der Intimität bei sich selbst zu bleiben. Das ist eine sehr hohe Anforderung, deren Erfüllung oft schwierig und schmerzlich ist. Intimität und enge Bindung sind nach David Schnarch nur möglich, wenn die Autonomie der Partner gesichert bleibt. Erst das eröffnet die Möglichkeit, die Beziehung auch sexuell spannungsgeladen und lebendig zu erhalten.«
Jürg Willi im Vorwort (Vorwort unter "Leseprobe")
Beim heraussuchen der Buchinfo fand ich diesen ABsatz, der genau das meint, was ich im meinem vorangegangenen Post mit "Stagnation", "Persönlichkeitsentfaltung" und "mir selbst langweilig sein" beschreibe.
Da Sexualität von der gegenseitigen Anziehungskraft lebt, sind undifferenzierte Persönlichkeiten das Kernproblem sexueller Langeweile. Die persönliche Weiterentwicklung von Mann und Frau in Richtung stärkerer Unterscheidung von eigenen Standpunkten, Sichtweisen und Bedürfnissen auf seiten des Individuums sowie passenden Zugeständnissen und Geschenken auf seiten der Liebesbeziehung ist die Voraussetzung für das was Schnarch »Liebe für Erwachsene« nennt.
Ich glaube wirklich, dass die Krux darin liegt, dass wir uns in der Tretmühle des Lebens selbst vergessen. Auch dass manche von uns eine Vorstellung von einer "idealen" Partnerschaft haben: Harmonie, gleiche Meinung, kein Streit, gleiche Interessen, gleich.. gleich... einheitsbreimäßigen Schwamm, der Individualität aufsaugt und verschwimmen läßt. Ich denke, gerade das ist nicht gut.
Aus eigener Erfahrung kann ich nur berichten: Mein Mann und ich sind auch in diese Tretmühle geraten, hatten wenig und eigentlich - wenn ich zurückblicke - ziemlich langweiligen Sex, auch wenn wir beide immer unseren Orgasmus hatten (technisches Merkblatt!)und "Tabus" nicht existierten, entfernten uns innerlich immer mehr voneinander, wahre Intimität... Erst als wir durch einen im Grunde völlig blöden Auslöser in unsere "Beziehungsbereinigungsphase" hineingeworfen wurden, änderte sich unsere Partnerschaft nachhaltig, und Sex, vor allem Erotik hat eine ganz andere Tiefe und einen ganz anderen Stellenwert erreicht.
Vielleicht hätten wir unsere Phase abkürzen können, wenn wir dieses Buch früher gehabt hätten. Aber egal, im nachherein haben wir hierin vieles entdeckt, was sich mit unseren Erfahrungen deckt und den KERN unseres damaligen Problems genau traf! Wir hätten ein "Fallbeispiel" sein können
Und ich verstehe Unterschiede nicht so, dass man auf ihnen herumreiten und sie wie Keulen schwingen soll. Eher betrachte ich die Unterschiede mit dem Sinn für Feinabstimmung.
In einem anderen Thread ("Warum ich immer weniger Sex will/wollte") habe ich geschrieben:
Nachdem im letzten Jahr ein Ereignis unsere Beziehung geschüttelt und gerüttelt hatte, haben wir wieder zueinanderfinden können, beide nötige Entwicklungsschritte unternommen. Und platt gesagt: Der Sex stellte sich ohne die geringste Mühe von selbst wieder ein, wenn der Mann interessant ist. Uninteressant ist ist NICHT dadurch, DASS ich ihn kenne. GANZ IM GEGENTEIL: Je grösser die Intimität, je näher ich ihm bin, je mehr ich ihn kenne, desto attraktiver wird er für mich!
Ja, hört sich ein wenig unverständlich an. Mein Mann wurde mir wieder interessant dadurch, dass er mir immer mehr von sich, seiner Persönlichkeit offenbarte, dadurch entstand Intimität. Aus diesem Wechselspiel "anders-sein-und/aber/trotzdem-damit-ganz-intim-umgehen" - was noch nicht einmal einen sexuellen Bezug haben muss.
In einem Menschen steckt SO VIEL Einzigartiges und Individuelles! Das allein ist doch schon interessant!
Und diese Unterschiedlichkeiten, dieses Individuelle auch in der Sexualität zu entdecken, auszuleben, darzustellen. Und das „Spiel“ auf und mit der jeweiligen Persönlichkeit ist doch das, was den Reiz ausmacht. Die „Nummer nach dem technischen Merkblatt“ reicht irgendwann auch nicht mehr aus, egal wie ausgefeilt und gekonnt die Handgriffe sind.
Voraussetzung ist allerdings, dass man sich offenbaren kann und will. Du fragst..
Was sollte man in einer Partnerschaft / Ehe denn unternehmen , wenn einer von beiden an echtem Sex kein rechtes Interesse mehr hat ?
Frage an dich: Was fehlt dir: Sex oder Sex mit
deiner Partnerin??
Kein rechtes Interesse an echtem Sex?? Ich denke die Antwort ist: Wenn ich echtes Interesse an der Person, der Persönlichkeit meines Partners habe, ich mich damit beschäftigen möchte, dann dürfte auch Interesse an der Sexualität meines Partners Bestandteil meiner inneren Zuwendung sein (mal abgesehen von wirklichen Inkompatibilitäten). So kann mitunter ein wissender Blick, eine Geste, die auf etwas Intimes meines Partners abzielen, mehr Sex und Erotik, mehr kribbeln und Kick enthalten, als einfache Penetration bis zum Höhepunkt.