Um die 50 – ging die „sexuelle Revolution“ an uns vorb
Hallo alle zusammen! Dies ist mein erstes Posting, aber ich muss vorher ein dickes Kompliment loswerden: ich lese schon seit längerem im Forum und bin begeistert von den niveauvollen und einfühlsamen Postings hier. Die allermeisten Leute hier machen sich wirklich nen Kopp für andere und bemühen sich ernsthaft, anderen zu helfen und Tips zu geben. Und die wenigen Tiefflieger (die halt in jedem Forum mal auftauchen) werden kurz und schmerzhaft in die Schranken gewiesen. Gut so!
Ich will aber nicht nur Zaungast sein sondern mich endlich aktiv einklinken.
Sorry jetzt kommt ein langes Posting, aber das Thema beschäftigt mich sehr. Ich frage mich, ob die „grosse sexuelle Befreiung“ – oder was man dafür halten soll, an der Generation, die jetzt so um die 50 ist, wohl vorbeigezogen ist?!
Hintergrund: Derzeit häufen sich in meinem Bekannten- und Freundeskreis die runden Geburtstage und sonstige Anlässe zum feiern. Man trifft sich oft nach vielen Jahren wieder, man kennt sich teils schon seit Schulzeiten, und -- man nimmt kein Blatt vor den Mund. Die meisten kommen ohne Umschweife zur Sache und erzählen frei von der Leber weg wie es um Beziehung, Ehe, Erfahrungen usw. bestellt ist. Und wie ich mittlerweile in vielen Gesprächen erfahren habe, sieht es da überwiegend trist aus.
Einige sind noch mit ihren langjährigen Partnern zusammen, etliche sind geschieden, wo nicht, hat man sich „arrangiert“ oder es sind nur noch Zweckgemeinschaften. Die Kinder sind fast oder schon erwachsen und auf dem Sprung ins eigene Leben. Soweit alles ganz normale deutsche Realität.
Eigentlich wäre man jetzt frei… Doch kaum jemand lebt diese Freiheit, oder hat sie je gelebt. An allem dem was seit vielen Jahren immer propagiert wird und was viele auch aktiv versuchen zu leben – lustvolles, erfülltes Sexleben, Horizont erweitern, immer wieder neue Erfahrungen und Entdeckungen machen, vielleicht auch an Grenzen gehen usw. – für kaum jemand meiner Generation scheint das je ein Thema gewesen zu sein.
Bei vielen scheint es so zu sein, dass sie am Anfang ihrer Beziehung noch Sex hatten, aber als dann der Nachwuchs kam, hatte sich das meist erledigt. Danach oft auf beiden Seiten kein grosses Interesse mehr. Auffällig auch: Die meisten von denen, die sich im Lauf der Zeit getrennt haben, hatten danach keine neuen Partner mehr. Aber auch kaum Affären, Seitensprünge oder sonstiges. Auch keine Bordellbesuche, Clubs oder Bumsbomber. Ich werde den Eindruck nicht los, dass in meiner Generation - der jetzt um die 50jährigen - schon seit jeher nur ein geringes Interesse am Sexualleben oder an neuen Erfahrungen bestanden hat.
Liegt das daran, wie wir aufgewachsen sind? Dabei sind wir (spreche jetzt nur von den Leuten, die ich kenne) in einer sehr liberalen Zeit (die 70er!) gross geworden. Wir waren an einer liberalen Schule, wurden korrekt und rechtzeitig aufgeklärt, es gab die Pille und die meisten durften schon mal Freund oder Freundin über Nacht mitbringen. Immerhin ein Fortschritt zu den Zeiten davor. Das haben uns Uschi Obermaier und die 68er erkämpft. javascript:emoticon(':)')
Smile
Also: wir waren mit die erste Generation, die frei und unbefangen überhaupt mal poppen konnte. Haben wir auch. Aber das wars auch schon. Keine grossen Experimente. Man muss sich aber auch klar machen, dass die meisten der heute gängigen und gelebten Praktiken und Neigungen damals noch total tabuisiert waren.
Job oder Studium fielen dann in die 80er, als das Hardcore-Emanzentum zeitweise zum bestimmenden gesellschaftlichen Trend wurde und das Klima bis in die letzte Provinz-Uni prägte.
Ich will hier auf gar keinen Fall die Emanzipation der Frauen runtermachen. Sie war absolut notwendig und richtig, hat aber in seinen extremen Ausprägungen damals viel zwischen Frauen und Männern erschwert, verhindert oder sogar zerstört.
Man hatte sich ja immer nach den Regeln der „Political Correctness“ zu verhalten und zu reden, und das machte einen unbefangen Umgang zwischen Männern und Frauen damals nicht gerade einfach. Und das, wenn man Mitte 20 ist und voll im Saft steht… Die Zeiten waren für viele schwierig und freudlos. Und immer noch die Tabus.
Die meisten haben in der Zeit aber dann doch ihre Partner kennen gelernt mit denen viele heute noch wie beschrieben zusammen sind.
Naja, und dann … siehe oben.
Ist das jetzt nur eine gewagte Theorie von mir oder hat die Generation Ende 40-Anfang 50 wirklich zu wenig aus ihren Möglichkeiten gemacht? Was ich geschrieben habe, hab ich jedenfalls in vielen Gesprächen herausgefunden.
Mich interessieren einfach eure Erfahrungen zu dem Thema und ich freu mich auf eure Kommentare.