Aber bei ihm kommt seltsamerweise niemand auf die Idee, daß beim Outing unerfragte Details gleich mit ausgebreitet werden, während andersherum eine pure Aussage Ja, ich bin Sadomasochist. ohne jene Details nicht vorstellbar scheint.
Homosexuelle Menschen ging und geht es darum, sich genau so verhalten zu dürfen wie "andere", heterosexuelle Menschen:
Händchenhaltend im Park gehen, ein Hotelurlaubszimmer mieten, sich öffentlich umarmen, gemeinsam das Patchwork-Kind des einen Teils aufziehen, zu heiraten, ein Haus zu bauen, auf dem Firmenfest mit gleichgeschlechtlichem Partner zu erscheinen. Das wurde ihnen von der Gesellschaft lange nicht zugebilligt.
Sadomasochisten, besonders heterosexuelle, können und dürfen all das ohne Probleme.
Ich sehe aber oft Forderungen von Sadomasochisten, die weit über das hinausgehen, was "normale" Hetero- oder Homosexuelle der Gesellschaft an Toleranz und Akzeptanz abverlangen.
Derartiges, als ob Lesben mit Umschnalldildo im Strassencafe sitzen würden und dort laut über impotente Männer diskutierten. Schwule mit offenen Chaps die Beichtstühle der örtlichen Dorfkirche zum Beben bringen würden. Heten sich im Beate-Uhse-Outfit in der Fussgängerzone wälzten und Passanten mal eben die gebrauchten Gummis in die Hand drückten.
Sprich: Ihre Umwelt permanent mit ihrer tätlichen Sexualität fluten würden und sich in jedem zweiten Satz als "besser" darzustellen.
Davon fühlt sich nahezu jeder Mensch belästigt, möchte nicht ständig mit den Darbietungen konfrontiert werden.
Das hat mit BDSM reichlich wenig zu tun...
Auch die Aufklärung der Gesellschaft über SM/BDSM unterscheidet sich von der über Homosexualität gravierend: Wurden in den vergangenen Jahrzehnten wohl tausende von Menschen beispielhaft vorgestellt, sprachen über Gefühle und Wünsche, die Liebe zum eigenen Geschlecht, zeigten ihr Menschsein, so empfinde ich die Selbstpräsentation von BDSM/SM in der Öffentlichkeit auf die sadomasochistischen oder fetischistischen Handlungen reduziert, eher grell und provokativ, bestenfalls noch exotisch.
Dies entspricht sogar oftmals tatsächlich dem Selbstverständnis der BDSM-Szene, wenn etwa Literatur oder Filmen mit sadomasochistischen Beziehungen zum Inhalt, die aber ohne die plakative Verwendung von Fetischkleidung und Schlagwerkzeugen auskommen, eben der SM-Bezug abgesprochen wird.