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Sex für die Augen!

Sex für die Augen!
Ihr Lieben,

wie der eine oder die andere mitbekommen hat, war ich kürzlich auf der documenta - zum ersten mal. ich hatte ziemlich zwiespältige gefühle. einerseits fand ich das alles sehr anstrengend, z.B.

a) die kunst, die man nicht versteht
b) blasierte leute, die meinem ein ereignis wie die documenta nicht verpassen zu dürfen, um mitreden zu können und "in" zu sein
c) der overkill der eindrücke

andererseits fand ich es wahnsinnig spannend, wenn man sich drauf einläßt. dann sind manche kunstwerk wirklich wie sex für die augen. das brachte mich auf eine vielzahl fragen - und ich würd mich freuen, wenn wir jenseits der plauderecke und threadzerschrederungen hier ein kleines kunst-forum bekommen würden. auf eure antworten freu ich mich schon jetzt...

*pfeil* wer wer schon mal bei der documenta? was waren eure eindrücke? was habt ihr dort erlebt? vielleicht auch anekdoten
*pfeil* was haltet ihr generell von großen "kunst-leistungsschauen"? könnt ihr damit was anfangen?
*pfeil* was denkt ihr von moderner kunst? seht ihr eine funktion derselben?
*pfeil* was haltet ihr von der vermarktung von mega-ausstellungen wie der documenta oder der biennale in venedig? von ausstellungen, die angeblich jeder gesehen haben "muß". würde mich mal interessieren...


Lg,
Luc
andererseits fand ich es wahnsinnig spannend, wenn man sich drauf einläßt.

Das ist wohl der Schlüsselsatz für alles, was mit Kunst zu tun hat.
Die Bereitschaft "sich darauf einzulassen" muss vorhanden sein, dann kann man auch ganz gut mit dem "kapier ich nicht" oder "Hilfe - alles so schön bunt hier" umgehen, finde ich. *zwinker*

Antworten auf Deine Fragen:

zu 1+2
Nö + nichts

Genauer: Ich war noch nie auf der documenta (Asche auf mein haupt), weil ich nichts von Kunstleistungsschauen halte.
Und weil ich ein echtes, zwischenmenschliches Problem mit Menschen habe, die Du so
b) blasierte leute, die meinem ein ereignis wie die documenta nicht verpassen zu dürfen, um mitreden zu können und "in" zu sein
beschreibst - diese findet man üblicherweise auf Kunstleistungsschauen.

zu3
Kunst hat immer eine Funktion. Völlig wurscht, ob es nun als moderne Kunst oder alternative Kunst, als intuitive Kunst oder blasierte Kunst bezeichnet....

Kunst hat Funktion.
Punkt.

zu4
Nichts.
Und viel.
*ggg*

Künstler sind darauf angewiesen, ausgestellt zu werden. Einen bestimmten Bekanntheitsgrad oder auch Begehrtheitsgrad erreichen Künstler mit Ausstellungen.
Ohne Marketing ist ein Künstler nichts.

Allerdings widerstreben mir persönlich diese Massenveranstaltungen und "da musst Du gewesen sein"- Aktionen sehr.
Massen kreuzen da auf, weil es Häppchen und Prosecco zur Vernissage gibt, gelangweilte Schulklassen werden von ihren genervten Lehrern durchgeschleust, den Rest Lust an einer solchen Ausstellung nehmen mir dann
blasierte leute, die meinem ein ereignis wie die documenta nicht verpassen zu dürfen, um mitreden zu können und "in" zu sein

Also im Großen und Ganzen kontraproduktiv.

Tilla
(im Schnellverfahren.... sorry, aber ich werd bestimmt noch hier und da ausführlicher)
volatile
*******aum Frau
16.590 Beiträge
Nabelschau der Eitelkeiten
Hm... ich muss aufpassen damit ich nicht wie eine Blinde von der Farbe spreche, denn ich war noch nie auf einer documenta...

Das hängt damit zusammen, dass ich es eben genau vermeide, immer zielgerichtet dort aufzutauchen, wo "man gewesen sein muss" um mitreden zu können. Ich finde es irritierend, wie die Menschen sich zu solchen Anlässen zusammen finden wie die Sekt-mit-O-Saft-schlürfenden Lemminge... Einer ruft: "Da muss man gewesen sein!" und alles rennt los.

Mich schreckt so etwas ab. Ich fange an, mich selbst zu hinterfragen: "Wieso gehste da jetzt eigentlich hin? Interessiert es Dich oder willst Du nur dort gewesen sein??"

Generell ist Kunst als Ausdrucksform immer interessant und auch immer sehenswert. Kunst lebt davon, betrachtet zu werden und Kunst lebt vom Austausch von Eindrücken und Sichtweisen. Das gilt für zeitgenössische Kunst genau so wie für die vergangener Epochen. Ich finde es spannend, das jedes Zeitalter "seine" Kunst hat und wovon diese Kunst beeinflusst wird.

Wenn ich Kunst betrachte, habe ich nicht grundsätzlich den Anspruch, sie immer zu verstehen. Im Gegenteil, ich finde die Leute oft höchst albern, die mit wissendem Nicken vor einem Werk stehen und gestikulierend Floskeln über dessen Bedeutung absondern. Ich gehöre zu den Kunstbetrachtern, die sich - ihrem Bauchgefühl folgend - Objekte heraussuchen, die sie ansprechen und diese dann schweigend auf sich wirken lässt. Ich habe oft auch eher die Befürchtung, wie eine Wichtigtuerin zu wirken, wenn ich anfange über die Bedeutung eines Objektes laut zu spekulieren. In erster Linie, so denke ich nämlich, genügt Kunst immer sich selbst.

Die Vermarktung von Kunst sehe ich ambivalent. Ich glaube, generell SOLL Kunst ja betrachtet werden und wird nicht für die Schublade gemacht. Es macht also Sinn, sie einem Publikum zu präsentieren. Eine Ausstellung allerdings zu bewerben wie eine Kirmes, das finde ich schon wieder grenzwertig. Ich denke vielmehr, wer sich wirklich interessiert, wird immer Zugang zur Kunst finden. Wer eh nur als Mitläufer kommt, sollte lieber auf die Kirmes gehen, Dosen werfen. Als Künstler würde ich mir jedenfalls ein interessiertes Publikum wünschen. Auf die salbadernde Masse könnte ich verzichten.
Hin und her gerissen
Zeitgenössische Kunst ist für mich ein Aspekt für die Verrücktheit der Neuzeit.

Mir kommt es oft so vor, als ob die Künstler versuchen ihre Skurrilität in Formen und Darstellungen umzusetzen.

Sicher obliegt jedes Kunstwerk seiner eigenen Darstellung eines jeden Künstlers, doch ist es denn wichtig, Formen ins Absurde zu verunstalten oder zugestalten, dass sie als Kunst wirken oder sollen. Ich kann mich für manche Formen und Darstellungen nicht erwärmen, manchmal wäre es angebracht, dass zu diesem jeweiligen Kunstwerk eine entsprechende Anleitung hinterlegt wird, um den Künstler zu verstehen.

Sicher trägt dieses ganze gehabe und selbstdarstellerische Verhalten von diesen Künstlern viel zu ihrem künstlerischen Individualismus bei. Doch oftmals kann man anhand des Auftretens der jeweiligen Person schon seinen Stil erkennen, was nicht heißen soll das ich voreingenommen bin. Nein, eher wächst der Künstler mit und durch seine Kunst, quasi wird es eine Symbiose seiner selbst mit dem Objekt.

Ich denke diese Skurrilität von diesen Formen und Darstellungen (mir kommt das Wort Kunstwerke einfach zu schwer über die Lippen) kommen einher mit dem Fortschritt. Mit dem Zwang und dem Drang immer wieder etwas Neues zu erfinden, sich den Neuerungen anzuschließen und der Kunst ein anderes Augenmerk zu geben.

Andererseits gibt es auch Kunstwerke, die zum verweilen einladen, die einem in den bann ziehen, um einfach über das Werk nachzudenken, sich dem Objekt zu öffnen um es zu verstehen.

Jedoch ist es oftmals schwer diese Ruhe zu finden, da manche Werke von sich aus schon eine gewisse Hektik ausstrahlen.

Wie bereits erwähnt, es ist schwer und bestimmt auch auf jeden Charakter entsprechend zugeschnitten, um zu behaupten das ist es und das nicht.


LG, HS


PS. Janz vergessen
*pfeil* war ich noch nicht

*pfeil* kein Herdentier

*pfeil* habe ich

*pfeil* existenziell für den Künstler, ein graus für den Suchenden
volatile
*******aum Frau
16.590 Beiträge
auch wenn es ein wenig off topic ist...
... (was ja ok ist denn wir sind hier ja im OFF TOPIC) möchte ich eine Sache gern kommentieren:

doch ist es denn wichtig, Formen ins Absurde zu verunstalten

Ich finde es schwierig, hier von "wichtig" oder "nicht wichtig" zu sprechen.
Kunstwerke, welcher Art auch immer, dienen ja längst nicht mehr der 1:1 Abbildung der Realität sondern sind Ausdruck des Künstlers und seiner Wahrnehmung der Realität. Wenn der Kunde als die Realität oder Teile davon absurd wahr nimmt, dann wird das absurde Element in seiner Arbeit sicher ein wichtiger Teil sein.

Ich denke einfach, Kunst wird nicht gemacht um zu gefallen. Kunst ist eine Ausdrucksform.
**********dream Frau
7.414 Beiträge
müssen ...
tu ich nur eins.... sterben.

dies meine stachelige antwort auf so vieles, vor allem wenn mir jemand sagt „das musst du gesehen haben“....sprich jene blasierten herrschaften welche du ansprichst bekommen genau diese antwort...

was die documenta betrifft, nein ich habe sie bis dato nicht besucht, somit kann ich auch kein statement hierzu abgeben.

ebenso kann ich keinen kommentar zu kunst-leistungsschauen zum besten geben....

kunst ist kunst, wie käme ich laie dazu mir darüber ein urteil zu erlauben?

jedoch kann ich durchaus sagen, ob mir etwas –ein kunstwerk - gefällt oder nicht, sprich ich sehe mir etwas an, lasse es auf mich wirken und sage „schön oder nicht schön“ oder bin so beeindruckt also schlichtweg andächtig sprachlos.
bin ich deshalb ein kunstbanause?

und - muss kunst überhaupt eine „funktion“ haben? ein pc muss z.b. funktionieren – kunst?

overkill der eindrücke
ja nachvollziehbar - die cebit, leider ohne häppchen und prosecco *g*

lg c.
Leistungsschau der modernen Kunst
vs Jahrmarkt der Bildungseitelkeit?
Ich glaube nicht dass man es abfällig werten muss wenn sich marktgleich veräußerbare und diskussionsrelevante Kunst darstellt,
zusammenschließt, nicht zuletzt einen Überbick verschafft -
ich sehe zwar die auf solchen events präsentierte Kunst , die ausgewählten "Zeitzeugnisse" ein bisschen ähnlich wie die Portaitmaler am Montmartre - oder eine Vernissage die ja auch nicht allein wegen der hehren "Aussage" der präsentierten Werke Besucher bittet näher zu treten.

Was mir nicht klar ist ist die Verbindung Moderner Kunst mit Abstraktion- auch wenn diese häufig vorliegt ist sie doch nicht Bedingung? Sowie Abstraktion ja nun auch in anderen Kunstformen durchaus als wichtiges Stilmittel zu werten ist wie mir scheinen will.

Fundiert meine Meinung äußern kann ich eigentlich nur zu dem Umstand dass mein Landeiergemüt von allen messeähnlichen Veranstaltungen bis an die Grenze der Kapazität strapaziert wird und selten ohne Schaden herausgeht.
Ich finde die Orientierung allein im buchstäblichen Sinne schwieig und unter diesen Umständen bin ich kaum in der Lage auch bahnbrechende Entdeckungen als solche zu erkennen und zu würdigen *g*
kunst_banause
*pfeil* wer war schon mal bei der documenta? was waren eure eindrücke? was habt ihr dort erlebt? vielleicht auch anekdoten
*pfeil* was haltet ihr generell von großen "kunst-leistungsschauen"? könnt ihr damit was anfangen?
*pfeil* was denkt ihr von moderner kunst? seht ihr eine funktion derselben?
*pfeil* was haltet ihr von der vermarktung von mega-ausstellungen wie der documenta oder der biennale in venedig? von ausstellungen, die angeblich jeder gesehen haben "muß".

vorab: ich selbst habe bereits begriffliche schwierigkeiten, wenn es um die BEZEICHNUNG *kunst* geht. spätestens übrigens seit einer jc-diskussion über penishocker und ähnliche scheußlichkeiten *zwinker*

ich gehöre zu den menschen, die sich eher aus DEM grund einen 'klassiker' an die wand hängen würden, um ein loch im mauerwerk zu bedecken als vor dem hintergrund, auf kunstverständnis zu machen oder mit 'guck mal, was ich mir geleistet hab... das fehlte noch in der galerie' positives feedback zu erbetteln.

beruflich als werbetusse ja tagtäglich mehr oder weniger mit 'kunst' konfrontiert, freuen sich meine freunde und geschäftspartner schon, wenn ich einladungen nachkomme und mir die ein oder andere vernissage anschaue - mit oder auch ohne prosecco-prösterchen.

ad 1)
nein, ich war noch nie auf der documenta. ich möchte nicht mal nach kassel. *roll*

ad 2)
ich kann generell mit konstruierten menschenansammlungen nicht viel anfangen. wenn es dann zusätzlich in leistungsdruck ausartet, schon gaaaar nicht.

ad 3)
da isses wieder... mein definitionsproblem. was 'genies' wie prof. beuys (der ja auch die meinung vertrat, >kunst könne selbst terroristen resozialisieren<), oder auch h.a. schult als KUNST bezeichnen (und damit auch ihre jünger), gehört für mich persönlich zum größten teil eher in meine rumpelkammer. zu besen und schaufel.

ad 4)
nichts.
ich selbst entscheide eher anhand der location, ob ich mir denn DOCH irgendetwas 'antue'. selbst die EXPO 2000 habe ich boykottiert, weil ich es wirklich wirklich wirklich nicht begreifen konnte, dass eine WELTausstellung (sic!) sich, wenn schon auf deutschem boden, ausgerechnet in hannover (wat?? woo??? HANNOOOOVER????) präsentieren muss.
da mache ich mir, ehrlich gesagt, über ... k a s s e l nicht mal den hauch eines gedanken. und schon gar nicht, wenn 'man dabeigewesen sein muss'.
nä.


guten morgen_gruß,
pauline

p.s.:
es GIBT allerdings ein museum für 'neue' kunst, das ich immer wieder - und gern! - besuche: das esbaluard in palma.
liegt aber auch zum teil an der location, die ich sehr schätze... *zwinker*
*****_bw Frau
520 Beiträge
Momentum... documenta!
Einen spektakulären Touch hat die documenta zweifelsohne.
Ich war leider noch nie dort – habe mir dies jedoch für die
kommenden Jahre (irgendwann) auf jeden Fall als Ziel gesetzt.

Muß man dort gewesen sein? Über solche Fragen mache ich mir
ehrlich gesagt insoweit keinen Kopf, da sich in meinem Umfeld
kaum jemand tummelt, bei dem ich mit diesen Phrasen Eindruck
schinden könnte.

Kunst „fühle“ ich alleine deswegen schon gerne, weil sie sich
für meine Begriffe keiner Norm zuzuordnen läßt.
Ein Grund vielleicht auch für mich den Gedanken zu mögen,
„ausnahms“weise mal auf blasierte Menschen zu treffen –
auch eine Form von Kunst, wenn auch nur eine künstliche.

Penetration und Penetranz: da ich mich weit über 360 Tage im
Jahr darum bemühe, diesen in geballter Form aus dem Wege zu
gehen, reizen mich solche Ausnahmen des Alltäglichen und sind
auch ein guter Zugriff auf das Nichtrationale.

Nichtrational... und schon bin ich bei der modernen(?) Kunst,
zumindest bei den eigenen und ganz persönlichen Erfahrungen,
die sie bei mir aktiviert.

Wie ich schon einmal im Dialog erwähnte, versuchte ich vor einigen
Jahren in einem Museum für moderne Kunst eine Audio-Führung der
etwas anderen Art. Ich borgte mir diese „Ohrwärmer“ auf Türkisch.
Da ich von dieser Sprache nicht einmal Ansätze verstehe, wollte ich
mich nicht um die Erfahrung bringen, wie man die Abstraktionsfähigkeit
einer unbekannten Sprache mit der Assoziationskraft der Bilder und
Skulpturen verbinden kann.

Mein Gesichtsausdruck war über die ganzen Stunden ziemlich fröhlich,
besonders als man mir beim Ausgang einen Fragebogen in die Hand
drückte mit der Bitte zu beschreiben, inwieweit mich das Gehörte den
Kunstwerken näherbrachte...
Wie hätte ich diese Rückkopplung schildern sollen? *ggg*


Für mich ist Kunst ein elementarer Ausdruck für die emotionalen
Impulse, die der Mensch setzen (kann) – und damit schließe
ich diesen selbst mitein - da er sich mehr oder minder tagtäglich
reproduziert und vermarket.

Ach ja... wenn sich mir die Möglichkeit bietet, besuche ich lieber Finissagen
als Vernissagen, weil da nur noch die Kunstfertigkeit im Vordergrund
steht, weniger die Interpretation (nicht nur auf Türkisch), die anfänglich
gerne diskutiert wird....

denn diese ist ja bekanntlich immer eine eigene!
Bratwurst and more!
Ihr Lieben,

ganz vielen dank für die vielen unterschiedlichen und ausführlichen antworten, auf die ich gerne kurz eingehen möchte. ich finde es ganz und gar wunderbar, daß dieser thread fahrt aufnimmt. möge der kunst-gott ihn vor zerschredderungen verschonen, auf dass wir noch viel freude mit ihm haben mögen! amen.

@***la: ich habe dem meisten, was du schreibst nichts hinzuzufügen, sehe ich es doch überwiegend so ähnlich wie du. insbesondere die allergischen reaktionen gegenüber blasierten kunstpimpels (siehe Photo *grins*) kann ich sehr gut nachvollziehen - und sie sind es, die einem manchmals den nerv rauben, sich überhaupt auf diese spannende materie einzulassen. leider. aber darüber muß man doch hinwegsehen, letztlich. ich bin sehr froh, in der vergangenheit das glück gehabt zu haben, eine künstlerin kennenzulernen, die selbst so a-typisch für diesen ganzen eitelkeitszirkus ist, daß ich es mittlerweile wieder ganz spannend finde, mich mit der kunst auseinanderzusetzen und über den ganzen ballyhoo drum herum zu lächeln. (die künstlerin, über die ich spreche, wäre übrigens um ein haar zur documenta eingeladen worden, buergel, der leiter, hätte sie gerne gezeigt, aber ihre arbeiten - offene archive, die von den rezipienten benutzt werden sollen - wäre einem solchen ansturm von besuchern nicht gewachsen gewesen; aber das nur am rande)
blasierte kunstpimpels: immer wieder schön, daß es menschen gibt, die ein klischee so vollends bestätigen, als habe loriot regie geführt. hier ist so ein exemplar (siehe photos). ich vermute, es handelte sich um einen kunstkritiker. jedenfalls stolzierte dieser exakt wie eine kopie von wim "ich-bin-intellektuell"-wenders aussehende kunstgockel hochnäsig mit diesem "ach gottchen"-gesicht und dem zusammengekniffenen kritiker-arsch durch die ausstellung. wunderbar! großartig! nur die schuhe, die hätte ich zugegebenermaßen wirklich gerne gehabt... *zwinker*

tilla, mich würde noch sehr interessieren, welche funktion DU der kunst zuweist.

@**na/@*******rit: klar, das mit den lemmingen ist immer so eine Sache. genau aus diesen gründen mußte ich 39 werden, um endlich mal zur documenta zu fahren. mir sind diese "leistungsschauen" - übrigens ein ausdruck, den peter buergel selbst kritisch benutzt, um sich von den anderen documentas abzusetzen (ob ihm das gelungen ist, weiß ich nicht recht) - meist selbst suspekt, aber ich muß ganz offen sagen, daß dies eher für dieses ritualisierte ausstellungswesen ("moma" usw.) als für die documenta gilt, die summa summarum wirklich spannend war, obwohl in meinen augen nicht der ganz große wurf (dazu später noch mehr).
du - wie viele andere hier - hast einen wichtigen punkt angesprochen: KunstVERSTÄNDNIS (im sinne von begreifen). einer der ganz zentralen prinzipien dieser 12. documenta war die kompromisslose verweigerung der guten alten frage: "was will uns der künstler damit sagen?" kurz: die verweigerung der frage nach der (rational verständlichen) bedeutung der kunstwerke. will sagen: buergel negiert die frage nach dem konkreten sinn ("was soll das?"), gibt zu, daß man nicht alles erklären kann, und rückt eine ganz andere frage in den vordergrund: die nach der KunstERFAHRUNG und - damit verbunden: die nach der KunstVERMITTLUNG. sprich: ihm geht es bei vielen der gezeigten arbeiten eher darum, dass sich der betrachter der ästhetischen erfahrung aussetzt und sich auf sie einläßt. ob der das tut, ist ein wagnis. ich habe bei mir selbst festgestellt, daß ich am sa. - als wir ankamen - nicht wirklich bereit war, mich auf diese "kunstscheisse" (o-ton vom sa.) einzulassen. am sonntag allerdings - nachdem wir uns intensiver auch mit dem konzept beschäftigt hatten - hab ich das ganz anders wahrgenommen. so kommen dann aber eben auch vor-urteile zustande. wäre ich samstag nach hause gefahren, hätte ich wahrscheinlich gesagt, daß das eine entbehrliche erfahrung ist. so aber muß ich sagen, daß es eine tolle erfahrung ist, wenngleich ich nach wie vor ambivalente gefühle habe. um nun eine naheliegende frage zu zerstreuen: die verweigerung der primären frage nach der bedeutung, impliziert nun nicht, daß sich die documenta auf einen formalismus o.ä. zurückgezogen hätte. ganz im gegenteil: sie ist sehr politisch. viele arbeiten rücken alle möglichen politischen konflikte, ungerechtigkeiten, versäumnisse usw. in den zusammenhang - und das ganze mit dem anspruch, welteweise korrespondenzen und zusammenhänge im zeitalter der globalisierung zu zeigen. ob das allerdings gelungen ist: daran habe ich sehr deutliche zweifel. mitunter wirkte der versuch, künstler aus ganz anderen kulturen und zusammenhängen zu präsentieren (mali, china, israel usw. usw; es gibt kaum "big names" à la Beuys, Jeff Koons, Cindy sherman u.ä., sondern die künstler heißen Ai Wei Wei, Davila oder Kelley) und in beziehung zueinander zu setzen - jedenfalls in meinen augen als laie - ein wenig wie drittweltnostalgie. meine meinung.

Sina, das mit dem dosen werfen ist ein herrliches bild. Kunstkirmis, ein neues lieblingswort! - mich würde übrigens noch interessieren, bei welcher kunst denn dein "Bauchgefühl" in rage gerät *zwinker*

@******rit: einige deiner einwände meine ich schon implizit beantwortet zu haben, vor allem den punkt mit der verweigerung von bedeutung. du bringst die idee einer anleitung zum verständnis. kein schlechter ansatz. allerdings gibt es - wie gesagt und etwas überzeichnet - kunst, die konkret politisch bedeutungshaft arbeitet und auch verstanden werden kann (obwohl natürlich jede kunst ein "mehr" hat, was sich eben nicht verstehen läßt) und es gibt kunst, die nur "erfahren" werden kann, nicht aber "erklärt". dementsprechend gibt es auf der documenta arbeiten, die tatsächlich mit erläuterungen ausgestattet sind - und andere, die eben darauf verzichten. in jedem falle aber wird demjenigen, der mehr wissen will, eine ganze palette "seh-hilfen" angeboten. führungen, kunstgespräche, katalog, (ein hervorragender) audio-guide usw. diesbezüglich haben sie den aspekt der kunstvermittlung wirklich ernst genommen, wenngleich - das ist ein fazit - die "ganze chose" (sprich: die documenta) summa summarum letzten endes ziemlich "verkopft" ist. was du zur form schreibst, kann ich sehr gut nachvollziehen, mir fällt es selbst oft schwer, moderner kunst zu folgen, weil mir im gegensatz zur älteren kunst meist die massstäbe fehlen, nach denen ich sie werten/einschätzen kann. bei der älteren kunst steht mitunter ja die technik/das handwerk an zentraler stelle. bei der neueren kunst s c h e i n t das weniger der fall zu sein. ich glaube aber zum einen, dass das täuscht, zum anderen, daß man die uhr einfach nicht zurückdrehen kann (oder wie sina sagte: jede epoche hat ihre kunst, kunst ist ein spiegel geschichtlicher veränderungen, nichts zeitlos gültiges, nichts "klassisches", obwohl es natürlich eine kunst der klassik geben kann, die dann allerdings auch nur wiederum ein historisches segment ist) und die kunst heute eben andere fragen stellen muß. was ja nicht bedeutet, daß es nicht leute geben mag, die nach wie vor gegenständlich/abbildend/photorealistisch arbeiten. die möglichkeiten haben sich eben erweitert - und das finde ich gut so (du erwähnst selbst den Innovationsdruck, den man allerdings auch positiv sehen kann). häufig stehen besucher irritiert vor arbeiten von beuys oder anderen und behaupten: "das könnte ich auch!" das ist m.E. der falsche ansatz. ich fand es großartig, als einmal ein engagierter leidenschaftlicher museumsdirektor darauf reagierte und fragte: "die entscheidende frage ist doch: warum tun sie es nicht!" das ist nicht nur eine hübsche anekdote, sondern das ist m.E. genau der entscheidende punkt!

@**********dream/@**s: ich denke, daß ich einige gesichtspunkte eurer beiträge schon implizit oder explitzit beantwortet habe. expliziter kann ich auf das kriterim "laie" nochmals eingehen. ich bin selbst ein kunstlaie, obwohl ich mich auch nicht als kunstbanause sehe. ich weiß für mich einfach nur, daß ich hier zwar den eindruck erwecken mag - so mag es dem einen oder der anderen erscheinen - als ob ich hier bazon brock-gleich "doziere" *zwinker*, aber eben ziemlich genau weiß, daß ich kein kunstexperte bin. definitiv nicht. es gibt gebiete, in denen ich mich besser auskenne - und da markiere ich dann gerne auch mal mein expertentum, allerdings meist nur, wenn ich den eindruck habe, daß laien sich meinungen anmaßen und nun mal erwiesenermaßen auf dem holzweg sind. das scheint mir sowieso ein problem zu sein: daß leute immer viel zu schnell meinungen absondern (diesbezüglich ist der joyclub doch ein spiegel der gesellschaft), anstatt fragen zu stellen oder sich in frage stellen zu lassen. so ist das häufig leider auch mit der (modernen) kunst. kein mensch würde auf die idee kommen, meinungen über physikalische zusammenhänge zu verbreiten, wenn er sich auf diesem Sektor nicht auskennt. Bei der Kunst (Literatur usw.) ist es aber anders. Da maßen sich viele Leute an, beurteilen zu können, was sie sehen, obwohl ihnen die Schulung/Auseinandersetzung mit der Materie fehlt. Kunst erscheint manchen immer als ein - prestigeträchtiges - Zubrot zu den angeblich wirklich wichtigen Dingen des Lebens (wie Geld usw.). Und viele, die beglückt mit ihrer Prestigetrophäe "Kunstkatalog" von der documenta schleichen, werden wiederum felsenfest ihren unqualifizierten Quark produzieren und den Freundinnen und Freunden zuhause beim Golfen erzählen: "documenta, mußt du unbedingt gesehen haben. dezidiert wichtige blablabla"... *fiesgrins* Die Kunst kann das allerdings ab! Letztlich! Und um ein Mißveständnis auszuräumen: Ich bin keineswegs ein Befürworter eines Kunst-Elitarismus à la George-Kreis oder was es für Pendants in der Bildenden Kunst geben mag. Keineswegs bin ich dagegen, daß sich jeder Betrachter - egal wie vertraut mit der Materie - ein (Vor-)Urteil zur Kunst bildet, das erhält überhaupt erst die Kunst, denn ohne Publikum ist sie tot. Ich bin allerdings immer dafür, daß man seine (Vor-)Urteile mitreflektiert - und sich ggf. eines besseren belehren läßt. Ach ja, und für Expertentum bin ich sehr zu haben, insbesondere, wenn sie mit Bescheidenheit einher geht. Das ist Größe...

@**s: A propos "die wichtigen Dinge" wie Geld usw. Ich bin ganz deiner Meinung, daß es nicht ehrenrührig ist, mit Kunst Geld zu verdienen, seine Bekanntheit zu steigern usw. Bin kein Anhänger dieser "DerArmeKünstlerNostalgie", denn ich habe grundsätzlich auch Respekt davor, wenn sich Menschen vermarkten können - auch das ist eine Kunst. (Z.B. der Kaufmannssohn Goethe, der alte Pfennigfuchser.) Allerdings mag es mitunter so sein, daß Erfolg (finanzieller) eben schneller sättigt. Daher: im Zweifelsfalle doch der Nostalgie anhängend? Ich weiß es nicht. Komplexe Zusammenhänge. Ich kann nur sagen, daß mir die Gesetze des "Kunstmarktes" im großen und ganzen ziemlich wurscht sind, und daß mich daher auch Verkaufsschauen wie die Art Basel oder die Art Cologne eher weniger interessieren. Insofern vermutlich mentalitätsmäßig doch tief im 18. Jahrhundert steckend? *rotwerd*

@*******chen: Hmmm, ich wäre vorsichtig mit dem Vorurteil bezüglich Kassel. Klar, das ist echt Provinz. Dort läuft außer Eishockey-Bundesliga und ein recht passables Theater nicht allzu viel. Aber alle 5 Jahre wird Kassel nun mal zur Kunstmetropole, was man auch immer davon halten mag. Ich finde es eigentlich ganz spannend, daß die documenta an der peripherie (ehmals: (kunst)zonenrandgebiet) läuft und nicht im zentrum wie berlin z.b. vermutlich wäre die von dir und anderen bemängelte vermarktung dort noch wesentlich perfektionistischer! also: gib kassel eine chance, ok? *zwinker*
ähm, meine liebe, ich habe ein gewisses problem mit deiner gleichsetzung von beuys und ha schult. siehst du den professor und den kunstclown - ja, jetzt schlagen meine vor-urteile mal voll durch - wirklich auf einem level? also, ich habe mich mit ha schult nie ernsthaft beschäftigt. das wird auch - a propos vorurteile - so bleiben, denn das was ich kenne finde ich rundum richtig - pardon - plakative "scheisse". beuys ist für mich ein ganz anderes kaliber. dass er meinte, mit kunst terroristen "heilen" zu können, ist mir neu. wo steht denn das? in welchem kontext? beuys ist für mich eigentlich eine gallionsfigur, die alle die fragen berührt, die ihr und ich hier aufgerufen haben. insbesondere, daß man meint, den wert seiner arbeiten beurteilen zu können, stelle ich bei den meisten, die sich über ihn äußern in frage, scheint beuys doch eher ein symbol für die ressentiments gegenüber moderner kunst zu sein, mit der man dann schnell fertig ist, wenn man in abrede stellt, daß beuys der vielleicht größte künstler des 20 jahrhunderts ist (um mal eine gewagte gegenthese zu dir aufzustellen). was ich meine: ich bekenne wiederum mein absolutes laientum in bezug auf beuys. aber: ich hatte das glück, nicht nur die biographie von heiner stachelhaus zu lesen, sondern auch von einer kunsthistorikerin mal demonstriert zu bekommen, wie raffiniert und durchdacht das system beuys funktioniert. und ich kann nur sagen: das ist einfach großartig (für mich!). zum beispiel, wurde mir gezeigt, wie man die ganze symbolsprache seiner bilder auf die klassische ikonographie zurückführen kann (die konsequenz: beuys ist traditionalist!). die art und weise, die dinge dann anders wahrzunehmen: das war wirklich SEX FÜR DIE AUGEN!!! "Iss so!", würde @**sc jetzt sagen!

In diesem Sinne: Auf die Kunsterfahrung - und diesen Thread!

Luc


EDIT: @***ah, nicht weil ich des dozierens nun müde wäre, nachdem ich deinen beitrag gelesen habe, sondern weil ich ihm schlichtweg nichts hinzuzfügen habe, werde ich jetzt einfach türkisch - schweigen...

nicht, ohne allerdings noch mehrere im weiteren und engeren sinne hierher gehörige leseempfehlungen auszusprechen:

1) peter ustinov: achtung! vorurteile. taschenbuch
2) heiner stachelhaus: joseph beuys. taschenbuch
3) http://www.documenta12.de/

EDIT II: Ach, noch was. Wer überlegt hin zu fahren, sollte abends unbedingt ins Restaurant "Postillon" gehen. Kassel hat kulinarisch nicht allzu viel zu bieten (sagte uns eine Kasselerin), aber das "Postillon" ist wirklich großartig! Und die Kellnerinnen wunderbar und nett - und treotz Stress so zuvorkommend, daß man ihnen gerne einen Averna spendierte... zum Stressabbau...
Kunstverständnis????
Liegt Kunst nicht immer im Sinne des Betrachters, macht es sie nicht erst zu dem was sie ist, oder sein sollte.

Ich muss mich nicht mit jedem Künstler identifizieren, ich muss mich mit seinen Anspruch seiner Darlegung ebenso nicht zufrieden geben wie mit ihm selbst. Es ist für mich auch belanglos, ob ich ein Bild erst nach einer Erläuterung verstehe oder nicht. Entweder es gefällt mir, lässt mich über dieses Werk sinnieren, lässt es in mich wirken und ein lächeln (in welcher Form auch immer) auf meine Lippe zaubern oder nicht.

Was ich aber auf keinen Fall machen werde ist, mich irgendwo hinzustellen um mir dieses Werk schön reden zulassen. Entweder es entspricht meinen Geschmack oder es kommt ins Eck, einer Erläuterung steht nichts im Wege aber gefallen muss es mir. Das hat auch nichts mit der allgemeinen Wohlgefälligkeit dieses Werkes zu tun, es muss ganz einfach meinen Geschmack genügen.

Sicher ist es auch schwer für den Künstler den Geschmack des Betrachtenden zu wecken. Nur es gibt nicht nur einen Künstler und solange sie nicht alle bei einem Lehrmeister zur Schule waren, gibt es zum Glück auch verschiedene Richtungen, Geschmäcker und Obliegenheiten, ob es zeitgemäß ist oder nicht, ist nicht relevant.

Auch wenn die Gegenwart voll gepackt ist mit Innovationen, der Fortschritt an jeder Tür klopft, so reden wir hier nicht von Dingen des alltäglichen Gebrauchs, wir reden hier von Kunstwerken. Ein Kunstwerk zählt für mich nur als dieses, wenn es auch durch nachfolgende Generationen als solches erkannt wird und da fällt es mir schwer, dieses von einigen zu behaupten.

Ich denke oftmals wird diese Kunst an den Betrachter herangetragen und zieht ihn nicht magisch an, denn wenn es Kunstwerke sind, bedarf es oft keiner großen Werbung.

LG, HS

PS. wenn dein Künstler mal nicht die selbstdarstellerischen Fähigkeiten eines Schauspielers besitzt *zwinker*
volatile
*******aum Frau
16.590 Beiträge
Nachtrag
@*******rit:

Sicher ist es auch schwer für den Künstler den Geschmack des Betrachtenden zu wecken.

Und wieder fällt mir dazu ein, dass es meiner Meinung nach gar nicht die Intention von Kunst ist, den Geschmack des Betrachters treffen zu wollen. Kunst ist Selbstdarstellung, Ausdruck von etwas, Darstellung einer Betrachtungsweise. Kunst will nicht gefallen, sie will ausdrücken. Sonst wäre es ja keine Kunst sondern Innenarchitektur... *zwinker*

@**c:

Bei welcher Kunst mein Bauchgefühl in Rage gerät? Oh je, das ist schwer zu sagen, denn ich kenne zugegebenermaßen nicht genug Kunst. Ich interessiere mich sehr für Fotografie und diese Kunstform schafft es auch, mein Bauchgefühl in Rage zu bringen. Sei es nun, weil ich abgestoßen bin von so viel kalter, nackter und stumm protokollierter Realität oder weil ich begeistert bin von der langsamen Poesie und der Tiefe einiger Aufnahmen, die viel mehr erzählen als die Realtät es könnte. Fotografie berührt mich eigentlich immer. Ich war auch auf der von Dir als nicht unbedingt leuchtendes Beispiel aufgeführten MoMa als sie in Berlin gastierte und muss sagen, dass ich den Besuch trotz drängelnder Menschenmassen (wie ich es hasse...) nicht bereut habe. Natürlich bekommt man dort "mainstream" zu sehen aber für Nischenprodukte habe ich im Bereich Malerei und Bildhauerei einfach auch nicht genug Expertise, also habe ich den "mainstream" genossen. Und durchaus neue und wunderbare Eindrücke gewonnen. Man kam wirklich ohne Schutz durch Absperrgitter oder Glas bis auf Milimeter an die Gemälde heran und sah jeden geschabten Kratzer an der Signatur und jede Stelle, an der die Farbe gesprungen war. Das allein machte das Erlebnis sehr hautnah. Und mir sind besonders die Gemälde von van Gogh unter die Haut gegangen, denn ich habe festgestellt, dass kein Druck und keine Abbildung der Wirkung der Originale auch nur ansatzweise gerecht wird. Die Dynamik und Kraft seiner Farben und seiner Pinselführung wird einfach nur dann deutlich wenn man direkt vor dem Bild steht. Alles schillert, leuchtet und scheint in Bewegung zu sein. Seine Bilder scheinen lebende, atmende Wesen zu sein. Was um so erstaunlicher ist, wenn man bedenkt wie alt sie doch bereits sind.
Was sich mir - weder in der Schule durch Abbildungen noch bei der MoMa im Original - erschließen wollte, waren Künstler im Stile von Kandinsky... ist einfach nicht mein Ding, dieses sehr graphische, abstrakte... wobei, stimmt nicht, ich habe auch großflächige Gemälde gesehen die nur aus Farbwürfeln oder Formen bestanden, die mich durchaus gefesselt haben. Vielleicht mag ich einfach speziell Kandinsky nicht, keine Ahnung.

Ich war mal in Florenz. Eine Studienreise mit der Abiturklasse. Wer Florenz kennt, weiß, dass man dort quasi von einer Bildergalerie und einem Museum ins nächste stolpert. Es gab auch dort Dinge, die mich beeindruckt haben, ich stellte aber fest, dass ich die allzu abbildende Kunst langweilig und schwerfällig finde. Halle schloss sich an Halle mit Portraits von blassen Damen in barokken Kleidern und hohlwangigen Herren mit seltsamen riesigen Papierkragen... ich fand es ermüdend. So wie ich auch Malerei im Stile von... wer fällt mir ein... Dürer vielleicht... einfach unerquicklich finde weil sie der Phantasie so wenig Raum lassen.

So, aber ein florentiner Klischee hat mich dann doch gepackt und fasziniert. Und zwar der David von Michelangelo. Eine Kopie der berühmten Statue steht auf einer Piazza unter freiem Himmel. Sie ist sicherlich schon schön anzuschauen. Das Original aber steht wohl behütet in einem Museum unter einer Glaskuppel. Und es ist ein ganz unglaubliches Kunstwerk. Ja, es unterscheidet sich noch deutlich von der Kopie auf der Piazza. Es strahlt eine sprachlos machende Perfektion aus. Der perfekt bearbeitete Stein, die unglaublich fein gearbeiteten Konturen des Körpers... ganz ohne Zweifel das perfekteste Abbild eines menschlichen Körpers, das ich je gesehen habe. Die Figur ist... schön. mit einem Wort. Ein unglaubliches Meisterwerk. Auch sie scheint zu leben und zu atmen und beinahe von ihrem Sockel springen zu wollen.

So, genug des Monologs. Der Nächste bitte.
Implikation
@ Sina, wenn du einzelne Bruchteile aus einem Text entfernst und die Zusammenhänge nicht leben lässt und jedes Wort auf die Goldwaage legst, kann eine Diskussion schon angefacht werden.

Es ist für den Künstler wichtig, dass seine Werke von der Masse angenommen werden. Verdient und verdingt er doch sein Lebensunterhalt mit seinen Werken. Mit Sicherheit legt ein Künstler auch wert auf Individualität, sind sie doch ein Abklatsch seiner selbst, auch wenn es nur Auftragsarbeiten sein sollten.

Frag doch einfach mal einen Künstler, der mit Leib und Seele seinem Beruf verfallen ist, was ihm wichtig ist. Sicher nicht nur seine Selbstverwirklichung, sonder auch die Akzeptanz damit er mit seinem Werken etwas erreicht.

Wenn der Künstler mit seinen Werken nur auf Abneigung trifft, findet er keinen Interessierten, der seine Botschaft die er in das Werk mit einfließen lassen hat, erkennt. Dann stellt sich die Frage wozu die ganze Mühe, wenn doch der größte Lohn eines Künstlers der Applaus ist, in welcher Form auch immer.

LG, HS
Aber genau darin liegt doch der Widerspruch!
Lieber Highspitits,
Du hast ja etwas verteufelt Cleveres angestellt:

denn der Schlüsselsatz heißt eigentlich:

Schönheit liegt im Auge des Betrachters.

Du hast die Worte Schönheit mit Kunst und Auge mit Sinn vertauscht und die eine Aussage zu anderen verfälscht.
Aber die liebe Katze merkt sowas! *zwinker*

Aber mal ernsthaft! Wenn ich herausfinden will, wie ein Künstler die Welt sieht. Müßte er schon für mich wichtig sein, in seinen Betrachungen.
Bis er diesen Status erreicht, hat er mit seiner Kunst gefälligst so gut zu sein, dass er mich anspricht.

ERST DANN will ich rausfinden, wie er die Welt sieht und vielleicht warum!
Wenn er den Anspruch erhebt, dass ich mir diese Frage gleich nach dessen erster kubistischer Schmiererei stelle, schick ich den mann lieber zum Psychiater, denn dort ist er garantiert besser aufgehoben.

Klar ich bin eine Freundin der Bildhaftigkeit. Wobei ich da nicht allzu hohe Ansprüche stelle. Die allegorische, zum Nachdenken anregende Bildhaftigkeit eines Salvatore Dali, reicht mir da schon.
Kubismus oder andere Abstraktheiten, ordne ich unter farbliche Geometrie ein, aber nicht unter Kunst. Denn Kunst, macht sich dem Betrachter aus sich heraus verständlich und regt die Sinne und Rezeptoren an, welche auf Schönheit und nicht auf Schock reagieren.
Antonio Gauidi finde ich deshalb als Architekten geradezu genial.
Leben wie im Bauch Deiner Mutter, nach Hause zu Mutter - was für ein schöner Gedanke!


*pfeil* wer wer schon mal bei der documenta? was waren eure eindrücke? was habt ihr dort erlebt?

Nur wen ich zufällig dienstlich mal in Kassel bin und nicht wissen sollte, was ich zwischen den Diensten mache!

*pfeil* was haltet ihr generell von großen "kunst-leistungsschauen"? könnt ihr damit was anfangen?

Allein der Beton - Flakbunker, den man in Leipzig "Bildermuseum" nennt, hält mich in seiner Hässlichkeit davon ab, dessen Inhalt ansehen zu wollen (fehlendes Kunstansprache - Potenzial eines Gebäudes).
Ich könnte mich aber immernoch dafür selbst kasteien, dass ich letztes Jahr, die große Goya - Ausstellung in Berlin verpasst habe.

*pfeil* was denkt ihr von moderner kunst? seht ihr eine Funktion derselben?

Nichts gegen moderne Kunst, solange ich deren Sinn im Ansatz begreifen kann und ihr müßt wissen, ich geb mir darin wirklich Mühe!
Am Fettstuhl bin ich bereuts gescheitert.

*pfeil* was haltet ihr von der vermarktung von mega-ausstellungen wie der documenta oder der biennale in venedig? von ausstellungen, die angeblich jeder gesehen haben "muß". würde mich mal interessieren...

Suuuuper. Dann ist nämlich der Louvre (hab ein Abo) garantiert Paris Hilton und Verona Pooth - freie - Zone!

Übrigens mein absolutes Lieblingsbild sind "Die Saporosher Kosaken" von Ilja Repin. Man kann diesen alten verlausten Haudegen richtig ansehen, wie sie sich bereits beim Abfassen eines Schmähbriefes an den Sultan Mohammed IV, vor Lachen fast in die Hose machen!
Man sieht den Gesichtern an, wer Schreiben kann, wer gerade denkt und welcher vierschrötige Bauernlümmel in der Runde, welcher nie Lesen und Schreiben lernte, die deftigsten Beleidigungen weiß.

Das ist Kunst!
Entfachendes
Ganz schön kleinlich, dass dir das wieder auffallen musste, war mir ja fast bewusst. *g*

Ich wäre ja der Meinung, dass das eine mit dem anderen zusammenhängt aber da stehe ich ja nicht allein in diesem Kunstuniversum.

Denn Kunst, macht sich dem Betrachter aus sich heraus verständlich und regt die Sinne und Rezeptoren an, welche auf Schönheit und nicht auf Schock reagieren.

Abropos Kunst ist für mich Schönheit, das andere zählt für mich nur als Geschmiere oder Versuche Materialien zusammenzufügen und ein Auge war doch ein Sinnesorgan aber lassen wir das *zwinker*

LG, HS
**********rmann Mann
366 Beiträge
@***ah: Klasse Idee, das mit dem türkischen Audiodingsbums. Das entspricht absolut meinem Verständnis von Kunst!

Klartext: was nützt mir die schönste Kunst, wenn ich (ich selbst, ganz persönlich) nix mit anfangen kann? Und einen kreativen Ansatz in der Kunstrezeption halte ich immer für gut. (Ich hatte in den Entwurfs- und Baugeschichtsvorlesungen damals irgendwann die Angewohnheit entwickelt, gesehene Bauwerke in Piktogrammen festzuhalten. Auch eine Methode...)

Ich und die documenta: ich war auf der X. Dort habe ich meinen Cousin getroffen (was vorher weder absehbar noch verabredet war). Das war schonmal stark, hatte aber wenig mit Kunst zu tun.

Dann war allerdings in der Ausstellungshalle am Bhf ein Stuhl ausgestellt - allerdings nicht im Stück, sondern als räumliche Installation, die sich nur aus einer bestimmten Perspektive als "Bild" eines Stuhles erkennen ließ - dieses Spiel mit 2D / 3D fand (und finde) ich sehr spannend.

Im Friedericianum (?) wiederum war ein Weidezaungerät samt Aussichtsplattform angeschlossen. Draußen waren dann die Rasenflächen des Parks mit Weidezaun abgesperrt und man konnte vom ersten Stock aus beobachten, wie Unvorsichtige einen elektrischen Schlag erhielten. Das erschloss sich mir nicht wirklich, irgendwie. Ich bin aber auch kein ausgeprägter Sadist.

Was moderne Kunst generell betrifft: ich habe teils Schwierigkeiten mit dem, was als Kunst bezeichnet wird. Ich habe besonders auch dann Schwierigkeiten, wenn jemand etwas als Kunst bezeichnet, das an einem Mangel an handwerklicher Fertigkeit krankt. Wenn jemand meint, nicht wirklich malen zu können, dann soll er (oder sie) es halt lassen und das Ganze nicht als "abstrakt" etikettieren.

Ansonsten stimmt schon das mehrfach gesagte: Kunst heutzutage gibt in der Regel nicht ein Abbild des Gesehenen wieder, sondern ein Abbild dessen, was der Künstler sich beim Sehen gedacht hat - und darauf kann man sich dann als Betrachter (k)einen Reim machen.
"WAS IST KUNST???"
Ihr Lieben,

wieder sind hier äußerst anregende Beiträge entstanden, auf die ich gewohnt "kurz" *zwinker* eingehen möchte.

@*******rits

Was ich aber auf keinen Fall machen werde ist, mich irgendwo hinzustellen um mir dieses Werk schön reden zulassen. Entweder es entspricht meinen Geschmack oder es kommt ins Eck, einer Erläuterung steht nichts im Wege aber gefallen muss es mir. Das hat auch nichts mit der allgemeinen Wohlgefälligkeit dieses Werkes zu tun, es muss ganz einfach meinen Geschmack genügen.

HS, dieser Impuls erscheint mir vollends plausibel, es ist mein eigener. Und letztlich scheint mir selbst bei der Auseinandersetzung mit der Kunst auf Expertenniveau immer der Geschmack das letztlich Ausschlaggebende zu sein, ganz einfach, weil man ja i.d.R. auch als Experte/Wissenschaftler/Mensch nicht sadistisch ist und sich mit dem beschäftigt, was einen irgendwie anspricht – und nicht das, was einem vollends fremd und unvertraut ist. Aber: Was ich trotzdem spannend finde, ist, daß einen Kunst eben auch dazu bringen kann, seine eigenen Wertmaßstäbe zu hinterfragen, zumal eine Show wie die documenta, die ja ganz bewußt – wie ich versuchte zu zeigen – "globale" "fremde" Sichtweisen zu vermitteln. Sprich: Eben weil Kunst doch subjektiv ist, erscheinen auch vermeintlich sichere Wertmaßstäbe wie "Schönheit" äußerst subjektiv, findest du nicht? Oder meinst du, daß "unsere" europäische Schönheit – sagen wir mal: die Schönheit der alten Griechen und der Renaissance (Florenz: David) – auch diejenige der Japaner, der Chinesen usw. sein müßte? Worauf ich hinaus will: Die Hinterfragung vermeintlich unverrückbarer Werte, die doch letztlich immer nur die "Ideologie" (ein großes Wort) der Gesellschaft spiegeln, nicht aber ein "Von-Natur-aus-So-sein". Diesbezüglich war die documenta wirklich ganz interessant, wobei die meisten ausgestellten Kunstwerke meinen Geschmack eben auch nicht getroffen haben. – Zur Hinterfragung unserer Werte – allerdings bezogen auf die Literatur - gibt es wunderbar heitere Ausführungen in der Einleitung des Buches "Einführung in die Literaturtheorie" von Terry Eagleton, das die scheinbar simple Frage "Was ist Literatur?" aufwirft – und verschiedene Antworten durchspielt und verwirft... Ich bin gerade zu faul das abzuschreiben, aber vielleicht hat der eine oder die andere Lust...


@**na

Das mit der Photographie kann ich sehr gut nachvollziehen. Persönlich fasziniert mich die Ästhetik eines Man Ray, Luis Bunuel und insbesondere einer Cindy Sherman. Die finde ich höchstgradig spannend – und bedauere es, daß ich es nicht mehr schaffen werde, die große Ausstellung im Gropius-Bau zu sehen. Eigentlich macht Sherman in der Praxis das, was Eagleton in der Theorie möchte: Gewohnte Sichtweisen zu hinterfragen!

Und klar: Die Wirkung von Originalen ist unübertroffen. Im übrigen kann ich die MoMa-Ausstellung nicht beurteilen, da ich sie nicht gesehen habe. Ich habe mich also nicht auf die Konzeption der Ausstellung bezogen (grundsätzlich habe ich auch nicht unbedingt etwas gegen "Leistungsschauen", wenn man so eben die Gelegenheit bekommt, die "Aura" des Originals mal zu spüren!), sondern auf die von den Medien kolportierten Exzesse, z.B., daß irgendwelche blasierten Kunstfuzzies, die keine Lust hatten, sich in die Warteschlange zu stellen, Studenten Geld dafür bezahlt haben, daß die sich ersatzweise in die Schlange stellen. Kunst-Kapitalismus im 21. Jahrhundert. Igitt!

Es strahlt eine sprachlos machende Perfektion aus. Der perfekt bearbeitete Stein, die unglaublich fein gearbeiteten Konturen des Körpers... ganz ohne Zweifel das perfekteste Abbild eines menschlichen Körpers, das ich je gesehen habe. Die Figur ist... schön. mit einem Wort. Ein unglaubliches Meisterwerk. Auch sie scheint zu leben und zu atmen und beinahe von ihrem Sockel springen zu wollen.

Oh ja, meine Liebe, das kann ich verstehen und kann nur hoffen, daß die Mods mein erstes zu Demonstrations-Zwecken gepostetes Schwanzphoto "stehen" lassen... *zwinker*


@*****tte

Schöner Beitrag! Vielleicht hast du @HS ein wenig überzeichnet, aber im Prinzip hast du mir mit deiner Relativierung aus der Seele gesprochen... Aber gerade deshalb, weil du in meinen Augen die richtigen Fragen gestellt hast, erscheint mir die Gleichsetzung des Kubismus mit "farblicher Geometrie" merkwürdig? Das verstehe ich nicht. Kannst du das nochmals erläutern?

Übrigens mein absolutes Lieblingsbild sind "Die Saporosher Kosaken" von Ilja Repin. Man kann diesen alten verlausten Haudegen richtig ansehen, wie sie sich bereits beim Abfassen eines Schmähbriefes an den Sultan Mohammed IV, vor Lachen fast in die Hose machen!
Man sieht den Gesichtern an, wer Schreiben kann, wer gerade denkt und welcher vierschrötige Bauernlümmel in der Runde, welcher nie Lesen und Schreiben lernte, die deftigsten Beleidigungen weiß.

Das ist Kunst!

Wunderbar, ich habe die Kerle gerade mal gegoogelt, weil ich sie nicht kannte! Sehr erheiternd. Leichtigkeit, Humor – wunderbar.


@*********eidt


Was moderne Kunst generell betrifft: ich habe teils Schwierigkeiten mit dem, was als Kunst bezeichnet wird. Ich habe besonders auch dann Schwierigkeiten, wenn jemand etwas als Kunst bezeichnet, das an einem Mangel an handwerklicher Fertigkeit krankt. Wenn jemand meint, nicht wirklich malen zu können, dann soll er (oder sie) es halt lassen und das Ganze nicht als "abstrakt" etikettieren.

Wirklich ein schöner Beitrag, aber meinst du nicht, daß es wiederum ein Ressentiment ist, daß moderne Künstler aus Mangel an handwerklicher Fähigkeit "rumschmieren"? Handwerklich gesehen waren die Repräsentationskünstler der Nazis sicherlich vorbildlicher als die "entarteten" und "krankenden" Expressionisten. Waren sie deshalb aber auch schon die besseren Künstler. Ich unterstelle dir selbstredend nicht, auf dieser Ebene zu argumentieren, aber man darf auch nicht übersehen, in welche argumentative Linien man mitunter herein gerät, wenn man diesen Handwerksgedanken gegen die moderne Kunst ausspielt. Ich persönlich glaube nicht, daß es modernen Künstlern an der Handwerksfähigkeit fehlt. Selbstredend konnte z.b. Beuys "akademisch" genau zeichnen. Er hat es nur eben nicht getan, weil der Gedanke, daß Kunst die Wirklichkeit (was ist das?) widerspiegeln soll, längstens aufgegeben wurde.

Ich finde es äußerst spannend, daß Eure Antworten hier eigentlich von verschiedenen Ecken her eine zentrale und nur scheinbar banale Frage umkreisen, die ich daher hier nochmals explizit zur Diskussion stellen möchte:

*pfeil* Was ist Kunst eigentlich? Und welche Funktion hat sie?

Es lebe die Kunst(-Banane)!
Luc
*****_bw Frau
520 Beiträge
Ein Starkritiker des Pariser „Figaro“ des 19. Jahrhunderts schrieb
einst über Monet, Renoir, etc. folgende Zeilen:

„Die Impression, welche die Impressionisten erzielen, ist diejenige
einer auf den Tasten des Klaviers herumspazierenden Katze oder
eines Affen, der sich eines Farbkastens bemächtigt hat.“

Und heute?

Ich finde keiner der hier Schreibenden umkreist die eigentliche
Thematik, sondern setzt sich mit ihr persönlich und subjektiv
auseinander – seinen sozialen Hintergrund und die heutige
Lebensweise miteinbezogen.

Ich sehe (und interpretiere) heute im Gesicht einer bestimmten
alten Dame mehr Kunst, als sie mir manch ein Werk vermitteln könnte.
Mag sein, dass sich diese Assoziation verlagert... in der Zukunft.
Aber mein momentanes Kunstverlangen stillt dieses eine Gesicht voll
und ganz.
Es mit Hilfe einer auserwählten Methodik festzuhalten, würde ihm die
Faszination nehmen.
Kunst eben nur für mich alleine, für den Augenblick – nicht für die Zeit.


Da Kunst veränderbar ist, hat sie meines Erachtens keine Funktion,
denn der Betrachter geht frei auf sie zu. Das bedingt eben auch die Art,
wie Menschen Kunstwerke sehen oder eben nicht sehen.
Weder muß man sie einer Qualitätsprüfung unterziehen, noch vor
Ehrfurcht erstarren.

Was ist Kunst?

Die Frage scheint mir etwas antiquiert zu sein, da man sich heute daran
gewöhnt hat, dass alles DAS Kunst ist, was in dem dafür vorgesehenen
Rahmen präsentiert wird.
Documenta! Macht es sie deswegen zu einer Kunstausstellung?
Nicht für jeden... wie man liest.

Und eigentlich finde ich das auch gut so, da man sich von „vermittelten
(Nicht)Künsten“ - wie im obigen Zitat angedacht - lösen kann.
Definition und Funktion
Kunst ist ein subjektiver Begriff, und da Kunstwerke von jedem anders gesehen werden, und niemand (niemand auf dessen Meinung ich was geben würde) sagen kann, dass seine Sichtweise richtiger ist als die von jemand anderem, ist Kunst damit

die Gesamtmenge der Kunstwerke die von irgendwem als Kunst empfunden werden.

Wenn jemand also eine Performance als Kunst empfindet, in der jemand eine Reihe Klodeckel mit dem Schädel zertrümmert - tut mir leid, liebe Freunde, dann ist das Kunst, und zwar nicht mehr und nicht weniger als Morbellis "Dämmerung".

Aber vielleicht wird ersteres ja von niemandem als Kunst empfunden.

Was uns zur Frage bringt, was man als Kunst empfindet. Hier gibts vermutlich auch keinen Konsens, aber ich selber empfinde etwas als Kunst, wenn ich erstens davon so gepackt werde, dass ich das Umfeld nicht mehr oder kaum noch wahrnehme, und zweitens das ganze auch eine gewisse Nachhaltigkeit aufweist.

Betrachten wir Morbellis (schön, ich bin ein Fan, ich könnt gern was anderes betrachten) Feiertag im Trivulzio Hospiz in Milan. Hängt in voller Lebensgrösse im Guggenheim in der Neo-Impressionismus-Ausstellung.

Wir stehen etwa zwei Meter davon entfernt, das Gemälde füllt damit den Teil des Blickfeldes, auf den man noch einigermassen fokussieren kann. Vier alte Männer die, jeder für sich, isoliert, in einem hallenartigen, mit langen Tischen gefüllten Raum, eine Mischung aus Kirchenschiff und Bahnhofshalle, zusammengesunken sind. Gleissendes Sonnenlicht strahlt durch ein Fenster rechts hinter dem Betrachter an die gegenüberliegende Wand.

Die Wirkung des Bildes auf mich war recht intensiv. Ich konnte fast spüren, wie der Staub in den Sonnenstrahlen tanzte, ich konnte das Seufzen und leichte Schnarchen der Männer hören, ebenso die gedämpften Stassengeräusche von draussen, und ich hatte das Gefühl, wenn ich die Hand hebe sehe ich den Schatten meiner Finger im Lichtfleck an der Wand.

Mit anderen Worten: ich war ein paar Minuten völlig absorbiert. Vermutlich so lange, bis die nächste japanische Schulklasse zwischen mir und dem Bild durchjoggte. Nach diesem ersten, und eigentlich eher unbewussten Eindruck war es nicht weniger ein Genuss, die Technik zu bewundern. Morbelli ist ein Anhänger des Divisionismus, das ist, ich bin kein Kenner und schon garkein Theoretiker, eine Technik, bei der das Licht aufgespalten wird, wie von einer billigen Fotolinse. Insbesondere an Hell/Dunkel-Übergängen sieht man an der Kante die chromatischen Aberrationen, also diese, auf Fotos eigentlich eher ärgerlichen, aber auf einem Gemälde - insbesondere aus einer Zeit vor der Massenproduktion fehlerhafter Linsen! - realistisch und irgendwie dreidimensional wirkender Farbsäume.

Das meinte ich mit Nachhaltigkeit. Den Umstand, dass man sich anschliessend noch intensiv mit allen möglichen Aspekten des Kunstwerks auseinandersetzt.

Da eine solche Wahrnehmung von Kunst allerdings einen gewissen zeitlichen Aufwand pro Kunstwerk erfordert, habe ich ein Problem mit Museen, bzw der Technik, eine Ausstellung mehr oder weniger im Laufschritt zu bewältigen. Wenn mir hinterher die Füsse wehtun, hatte ich vermutlich keinen besonderen Spass dran. Den kann ich nur haben, wenn ich mich auf zwei oder drei Kunstwerke beschränke.

Und um hier einen Bogen zum Eingangsposting zu schlagen: nicht, dass ich Museen oder Kunst-Leistungsschauen wie die Documenta als solche ablehne. Aber ich sehe sie eher wie einen Kunst-Supermarkt: der Betrachter hat die Möglichkeit, an 20 Sorten Joghurt vorbeizuschlendern, und dann einen oder zwei davon zwecks Verkostung mitzunehmen. Nimmt man alle mit, hat man wenig davon, ausser möglicherweise einer anschliessenden Abneigung gegen Milchprodukte im allgemeinen.

Insofern ist mir die Inszenierung eines solchen Events, also einer solchen Ausstellung oder Leistungsschau oder was auch immer, relativ schnurz. Es ist sicherlich eine nette Unterhaltung, ebenso, wie ich die CeBit, einen Nachmittag im Zoo oder anderthaltb Stunden Leutegucken auf der Starbucks-Empore im Düsseldorfer Flughafen als Unterhaltung empfinde. Aber die Verpackung hat für mich in diesem Fall wenig mit dem Inhalt zu tun, sondern ist halt nur Verpackung. Und für den Inhalt, die Kunst, irrelevant.
In kürze
Eben weil Kunst doch subjektiv ist, erscheinen auch vermeintlich sichere Wertmaßstäbe wie "Schönheit" äußerst subjektiv, findest du nicht? Oder meinst du, daß "unsere" europäische Schönheit – sagen wir mal: die Schönheit der alten Griechen und der Renaissance (Florenz: David) – auch diejenige der Japaner, der Chinesen usw. sein müßte?


@ Luc dem muss ich dir leider widersprechen, für mich hat Kunst nichts mit nationalen Bewusstsein zu tun. Kunst ist für mich Grenzüberschreitend und öffnend.

Es ist nicht relevant welche Nationalität hinter dem Kunstwerk steht, für mich ist entscheidend, was will mir der Künstler mit seinem Werk sagen und wie stehe ich persönlich zu diesem Werk.

Ich bin immer noch der Überzeugung, dass Kunst für mich ein Inbegriff für Schönheit ist und ja, ich bin intolerant gegenüber den Werken, die dieses nicht zum Ausdruck bringen.

LG, HS
**********rmann Mann
366 Beiträge
@Luc
Moin!

Sorry, dass ich jetzt erst antworte... *rotwerd*

Ich denke, wir haben aneinander vorbeigere... äh: ...schrieben. Ich weiß, dass Picasso ein hervorragender Handwerker war. Ich weiß, dass er nicht nach den Regeln des Handwerks arbeitete, die zu seiner Zeit gültig waren.

Was Picasso tat, war: seiner Wahrnehmung der Welt Ausdruck zu verleihen. Und zwar mit Mitteln, die zu seiner Zeit als grenzwertig (wenn nicht -überschreitend) angesehen werden mussten. Aber: er hat diese Mittel handwerklich beherrscht. Das ist der Punkt.

Handwerk heißt ja nicht automatisch Eiche rustikal, sondern dass man in der Lage ist, Eiche rustikal (oder eben etwas anderes) zu einem respektablen Ergebnis zu verarbeiten. Und das vermisse ich bei manchem "Künstler", der sich als "modern" bezeichnet (genauso, wie ich auch bei manchem Handwerker, der sich als Künstler bezeichnet, die Kunst vermisse...)

Deiner Aussage bezüglich "nationaler Kunst" stimme ich absolut zu - mit Sicherheit war mancher dieser Künstler (?) handwerklich weiter als Protagonisten der Moderne zu jener Zeit. Ich wollte mir mit meiner Aussage aber definitiv nicht den Schuh anziehen, deren Werke als die größere Kunst anzusehen, weil sie eventuell handwerklich besser waren (in meinen Augen - im Gegenteil - ist das eher Kunsthandwerk...)

Grüße!

L.

EDIT: auf den Seiten von br-online ist ein kleiner Artikel zur "Entarteten Kunst" - ganz interessant... *zwinker*
@luc
Den Begriff farbliche Geometrie bezog ich selbstverständlich zunächst auf die bildende Kunst.
Meine Kritik oder besser, mein Desinteresse an dieser Gestaltungsform der Malerei, begründet sich daraus, dass mir geometrische Anordnungen, welche mit etwas Phantasie einen Menschen oder einen Hund ergeben, nicht ausreichen, um eine Ansprachewirkung bei mir zu erzeugen.

Wenn ich ein Porträt eines Menschen sehe, möchte ich ihn im Zusammenhang mit dem Bildhintergrung und seinen Gesichtszügen oder seiner Körperhaltung lesen können.
Das fehlt mir völlig im Kubismus und in noch abstrakteren Gestaltungsformen erst recht.
Daher meinte ich mit farblicher Geometrie, dass ein kubistisches Bild für mich ebenso ansprechend ist, wie eine Bau - oder Schaltzeichnung.
Ebenso könnte ich versuchen, die Gedanken des Herstellers meiner Strukturtapete, aus dessen Ornamenten herauslesen zu wollen.

Vielleicht liegt es daran, dass mich runde, natürliche Formen einfach inspirieren.

Dies sehe ich in der Architektur und im Design ebenso.
Ich denke, es sind die kantigen, geometrischen, rein funktionalen Formen, welche die Menschen heutzutage kantig und rein funktional zu machen helfen sollen. Sie sind ein Teil des Systems, dass sich Behörde oder Global - Player nennt.
"Bitte keine Schwünge, keine Menschlichkeit - das lenkt nur ab und kostet Zeit"! Es ist diese Denkweise, die in solch rein durchgeometrisierten Gebilden herrscht.

Dabei ist eine natürlichere Einfachheit und Funktionalität auch mit schwingenden Linien erreichbar, wie die legendäre italienische Orangenpresse oder Möbel mancher Designer (Rolf Benz) beweisen. Weil sie nicht völlig auf die natürlichen Linien verzichten und somit Sinnlichkeit auszustrahlen vermögen.

@*******rits ... war nicht soooo gemeint. Hab nur manchmal den Schalk im Nacken! *blume*
**********rmann Mann
366 Beiträge
Zumthor in Bregenz
Moin!

Es schien mir hier thematisch am ehesten passend: vom 29.9.2007 - 20.1.2008 zeigt das Kunsthaus Bregenz eine Ausstellung über Peter Zumthor (das ist ein Architekt, den ich sehr schätze). Sein Schaffen illustriert für mich sehr gut, wie Kunst und Alltagsnutzbarkeit in Einklang zu bringen sind.

Ich werde mir diese Ausstellung in jedem Falle ansehen (zumal ich auch das Kunsthaus mag...) Sonst noch jemand? *zwinker*

Grüße!

L.
*******_ja Frau
393 Beiträge
Bist Du sicher, Luc
dass die Frage, WAS IST KUNST überhaupt noch so gestellt werden kann? Klar, stellen kann man sie natürlich schon, aber die Antworten verstellen oft die Sicht auf Kunst, da prima von der sicheren Seite auf abgegrenztem Terrain über Begrifflichkeiten debattiert werden kann, ohne sich groß einlassen zu müssen….
Eigentlich kann man sowieso spätestens seit den Ready Mades von Marcel Duchamp so nicht mehr fragen (M.D. stellte 1917 z.B. ein Pissoir unter dem Titel „Fontäne“ aus. R.M. = fertiger Alltagsgegenstand in den Museumskontext gestellt)

(Schade, dass ich diesen Fred so spät entdeckt habe, kann gar nicht alles reinpacken, was mir dazu einfällt.)

Ich selbst finde es durchaus spannend, die Funktion von Kunst zu beleuchten, oder mir darüber klar zu werden, was einzelne Werke MIR PERSÖNLICH bedeuten.

Aussagen wie Kunst kommt von Können, bzw. hat mit Handwerk zu tun, sind einfach so wenig zeitgemäß wie auch Schönheit schon längst nicht mehr zu den Hauptaufgaben von Kunst gehören kann, (hier ja auch nur von einigen wenigen so formuliert) - in unserer heutigen globalisierten und Konflikt geladenen Welt.

Kaum etwas ist langweiliger als Kunst, die einhellig als schön empfunden wird, (geht mir ein bisschen so mit den Edelstahl- und Plexiglasbändern von Iole Freitas, oder der Tanzperformance von Trisha Brown im Fridericianum auf der Documenta.
Auch öde ist Kunst, die ja ach so provokativ daher kommt, wie die Malereien von Juan Davila, pornografische Sujets mit reichlich Fäkalien gewürzt, das lockt einfach niemanden mehr hinterm Ofen hervor, GÄÄÄHHN.
Kunst oder eine künstlerische Arbeit jedoch, die die Gemüter ERHITZT, in kontroverse Lager SPALTET, die Enthusiasmus und ORGASMEN hervorruft, die auf Ablehnung und WIDERSTAND stößt – hat vermutlich das Zeug dazu ernstzunehmende Kunst zu sein!
*pfeil* Wenn NICHT die KUNST RADIKAL sein darf um Position zu beziehen, Dinge auf den Punkt zu bringen, Augen zu öffnen, aufzurütteln, ja WER oder was DANN? Schließlich ist die Kunst bei aller Radikalität und Kompromisslosigkeit immerhin meistens friedfertig und unabhängig, (was man von den wenigsten Medien, religiösen Gruppierungen oder sonstigem behaupten kann - sorry, Leute, das ist jetzt arg verkürzt ) Na; und außerdem kann Kunst natürlich auch einfach gefallen

Bemerkenswerterweise fragt bei einem Buch kaum jemand, ob das Literatur sei oder nicht. Das, was ich von einem guten Buch erwarte: das es mich zum Nachdenken, oder zum Lachen, Weinen oder Staunen bringt; dass es mir Erkenntnisse verschafft, bestenfalls über mich, oder aber über die Welt, dass es mich vor allem b e r ü h r t…. - all das erwarte ich auch von Kunst. Wobei für mich die Kunst ein größeres Potential hat als Literatur, Theater, Film, Tanz, vielleicht weil sie alles davon nutzen kann, also nicht so kanalisiert ist, viel offener sein kann für eigene Empfindungen, mich auf ganz anderen, simultan auf mehren sinnlichen und der intellektuellen Ebenen berühren kann!

Viele Arbeiten auf der Documenta lassen mich relativ kalt, etliche sind so ganz interessant, aber nur wenige (nur bei 4 oder 5 Arbeiten von den 113 Künstlern der Fall), die mich wirklich bewegen – aber immerhin.
Vielleicht dazu später mehr.
früheres Werk von ArtSchwager, wird von den Putzfrauen nicht als echtes Kunstwerk wahrgenommen, oder aber bewusst optimiert!
**********rmann Mann
366 Beiträge
Moin!

Ich war der mit Kunst und Können und Handwerk und so. Und ich glaube, Du hast mich ein wenig missverstanden.

Mir geht es absolut nicht darum, dass, wer sich künstlerisch betätigt, in der Lage ist, Sonnenblumen zu malen wie ein Van Gogh. Was ich meine ist: wer sich über Kunst ausdrückt, der sollte in der Lage sein, das von ihm gewählte Kommunikationsmittel zu beherrschen. Ein Freund hat mir einst einen seiner ersten Bronzegüsse präsentiert, auf den er sehr stolz war. Das Ding sah auch recht interessant aus. Ich konnte auch verstehen, dass er stolz darauf war (hey - der erste Bronzeguss! Das macht nicht jeder...) Aber Kunst war das nicht - es war einfach nur der erste Versuch eines Bronzegusses.

Deinen Vergleich mit Büchern nehme ich gerne auf: klar gibt es eine Menge Bücher. Aber nicht jedes Buch ist sprachlich so gut, dass ich es als Literatur akzeptieren würde.

Wer malt, sollte halt malen können. Und wenn er malen kann, aber nicht tanzen, dann wäre es eventuell keine gute Idee, die Malerei mit Tanzperformance zu verbinden. *zwinker*

Grüße!

L.

PS: Nein - Kunst muss nicht schön sein. Da gebe ich Dir ebenfalls recht.
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