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Narben von Selbstverletzungen

****_90 Frau
80 Beiträge
Themenersteller 
Narben von Selbstverletzungen
Hallo ihr Lieben!

Seit längerem schwirren mir schon Fragen zu diesem Thema im Kopf. Da ich selbst betroffen bin, kann ich es nicht wirklich objektiv betrachten. Mich interessiert, wie andere Menschen auf dieses Thema reagieren bzw. welche Meinung sie dazu haben. Daher würde ich euch gerne ein paar Fragen stellen und euch bitten, sie einfach ganz ehrlich zu beantworten.

1. Ihr seht in der Stadt eine Frau, die offensichtlich Narben von Selbstverletzungen trägt. Was geht euch dabei durch den Kopf?

2. Ihr seid zu einer Party von Freunden eingeladen. Gemütlich sitzt ein Teil zusammen und plaudert. Neben euch sitzt eine Frau mit Narben von Selbstverletzungen. Wie fühlt ihr euch dabei? Sprecht ihr sie drauf an? Wie geht ihr mit ihr um?

3. Ihr werdet mit solch einer Frau intim. Erst als ihr euch auszieht, werden die Narben sichtbar. Ein Schock für euch? Oder Nebensache? Hättet ihr gerne vorher davon erfahren?

4. Wären solche Narben bzw. das selbstverletzende Verhalten ein Grund, euch nicht mit dieser Person einzulassen (sexuell oder sogar partnerschaftlich)?

Wenn ich jemanden mit Narben sehe, die er/sie sich offensichtlich selbst zugefügt hat, so spüre ich zunächst Mitgefühl. Denn ich kann mir vorstellen, was er/sie durchgemacht und gefühlt haben muss, das ihn/sie dazu veranlasst hat. Darüber hinaus spüre ich auch ein Gefühl der Verbundenheit, da wir etwas sehr Persönliches und Intimes gemeinsam haben. Dadurch empfinde ich spontan schon eine gewisse Sympathie für diese Person. Außerdem freue ich mich, dass sie zu sich steht und den Mut hat, ihre Narben offen zu zeigen.
Wenn es um das Thema Partnerschaft geht, brauche ich eine starke Person an meiner Seite, da ich es selbst leider in vielen Bereichen noch nicht bin. Daher fürchte ich, dass eine Partnerschaft mit einer Person, die sich immer noch selbst verletzt, für mich nicht richtig wäre, da diese Person einfach mit sich selbst noch stark beschäftigt ist und auf die Beine kommen muss. Das sind theoretische Überlegungen. In der Realität kann das vielleicht wieder anders aussehen. Es kommt einfach auf die Person an und wie sie in ihrem Leben steht.

Ich selbst schäme mich nicht für meine Narben. Sie sind ein Teil von mir. Euch fällt vielleicht auf, dass sie auf meinen Fotos trotzdem nicht zu sehen sind. Das liegt daran, dass wir in einer Gesellschaft vieler Vorurteile leben und viele Menschen in Schubladen denken. Ich möchte nicht in so eine Schublade gesteckt werden, bevor man mich überhaupt kennenlernt.


So, das sind meine Gedanken zu dem Thema. Vielleicht mögt ihr mir jetzt eure mitteilen?

LG, Anna


PS: Natürlich könnt ihr die Frau auch gegen einen Mann tauschen *zwinker*
*****ef4 Mann
789 Beiträge
ganz ehrlich? ...
... ich kann es nicht begreifen. Meine Haut zerstört sich selbst. Mehr und mehr. Ich kann nur zusehen. Mehr und mehr andere sehen zu. Blicke. Andersartig.

Und dann ändert jemand freiwillig heile Haut. Nein, ich kann es nicht verstehen.
Tja...
die skeptischen Blicke auf meine Zigarettenbrand-Narben kenne ich auch.....

nur habe ich mir die eben nicht selbst zugefügt....

aber das ist ja noch schwieriger zu erklären.

Angesprochen werde ich eher selten darauf..... auf meine Körpernarben schon eher. Aber das sind sichtbar OP- und Unfallnarben.


Aus dem Bett gesprungen ist allerdings noch niemand deswegen.
*****man Mann
831 Beiträge
@ blendef4

Offenbar hast Du ja eine Hauterkrankung. Das ist etwas physisches.
Man muss begreifen, dass Menschen, welche oben geschildertes tun (selbstverletztendes Verhalten, SVV), ebenfalls krank sind. Nur halt psychisch. Vielen fällt es schwer das ernstzunehmen. Das macht es für Betroffene umso schwerer.

Stelle Dir vor, dass Du Dich schlecht fühlst. Richtig richtig schlecht. Etwas macht Dich wahnsinnig, lässt Dich zittern, in Schweiß ausbrechen, weinen, alles mögliche. Du verlierst den Verstand und weißt nicht warum. Die Ursache ist tief versteckt im Unterbewusstsein. Tag für Tag versuchst Du damit zu leben, dieses psychische leid zu überleben.
Und dann stellst Du fest, dass das SVV Dir wenigstens jetzt sehr hilft. Psychisch. Es lindert dieses unerträgliche Gefühl.
Klar, dass man es dann macht ("freiwillig"...). Da ist es einem dann auch egal, dass Narben da bleiben. Es spielt keine Rolle, man tut einfach in dem Moment alles, was einem hilft.
Diese Menschen benötigen genauso Hilfe, wie physisch kranke/verletzte.
Leider ist der Behandlungsprozess um einiges schwerer und langwieriger, als z.B. bei einem gebrochenen Bein. Immerhin ist der Verstand betroffen. Da lässt sich nicht einfach mal was schienen und wieder zusammenwachsen lassen. Jeder Kranke wäre stattdessen lieber gesund und hätte solche Sorgen nicht.
*****ef4 Mann
789 Beiträge
hm
Narben ....
Ich hatte noch nie mit diesem Thema zu tun, deshalb meine Gedanken zu Deinen Fragen:
1. Spontan: Mitleid, diese Frau ist offensichtlich psychisch nicht gesund
2. Unbehaglich, ansprechen würde ich sie nicht darauf
3. Ich bin hetero, aber bei einem Mann würde ich geschockt reagieren
4. Ja, das wäre ein massiver Hinderungsgrund, ich würde eher auf Abstand gehen.
*****oul Frau
78 Beiträge
@ Queen....

Warum wuerdest Du bei einem Mann geschockt reagieren?

Gruß LadySoul
@LadySoul
ich hab mich eventuell missverständlich ausgedrückt. Ich würde selbstverständlich auch bei einer Frau geschockt reagieren, aber da ich hetero bin und keinen sex mit Frauen habe, habe ich die Frage bzw. Antwort für meine Orientierung entsprechend angepasst.
*******e_ni Mann
1 Beitrag
Also
Ich stecke grade in einer relativ ähnlichen situation.
Ich habe eine liebe nette sie kennengelernt.
Sie hat sich vor noch garnicht so langer Zeit noch selbst verletzt und ist in dem letztem Jahr einmal rückfällig geworden.
Wir kennen uns jetzt etwa zwei Monate, und haben eine sehr kurze aber auch sehr intensive Freundschaft aufgebaut und auch schon wieder (hoffentlich nur temporär) eingerissen.
Aber das ist ein anderes Thema.

Zu 1:
Mir geht dabei vieles durch den Kopf.
Hauptsächlich das es mir für die Person Leid tut.
Ein solches verhalten kommt nicht von allein.
Da steckt sehr viel dahinter was in der Jugend und Kindheit gelaufen ist.
Jeder ist da anders, aber es ist doch einiges ähnlich.

Zu 2:
Kommt darauf an, wie ich mich mit ihr verstehe.
Würde sie bestimmt ganz vorsichtig darauf ansprechen, wenn ich mich mit ihr gut verstehe.

Zu 3:
Dadurch das ich damit schon Kontakt hatte, würde ich damit jetzt anders umgehen.
Vor meinem Kontakt wäre ich schon etwas geschockt, und würde das erstmal ansprechen.
Ob es besser ist das vorher zu erfahren...
Ich wurde noch nie in dieser Situation damit konfrontiert.
Jetzt ist es vorbei, als wäre es nciht so extrem für mich.

Zu 4:
Ganz schwieriges Thema...
Wenn man sich selbst verletzt geht damit oft auch anderes einher.
Mangelndes Selbstwertgefühl und antriebslosigkeit sowie Stimmungsschwankungen und Depressionen sind da leider nur einige der Probleme die dabei sind.
Ich für meinen Teil habe mich damit sehr viel beschäftigen müssen, und muss es noch immer jeden Tag aufs neue.
Ich habe eine Freundin die mich als Gesprächspartner nutzen kann, und ihre oben genannte Freundin, mit der ich mich wie schon gesagt sehr gut verstehe.
Bei meiner Freundin die sich bei mir ausspricht ist das relativ einfach.
Ich höre ihr zu, stelle viele fragen, und bringe sie dazu, sich mit ihren Problemen/Ängsten auseinanderzusetzen.

Bei ihrer Freundin ist das schon wieder eine ganze Ecke komplizierter.
Ich habe mich nach kurzer Zeit in sie verliebt, kurz nachdem sie mit ihrem Freund Schluß gemacht hat.
Eigentlich wollt ich ihr nur etwas Stabilität geben, daraus ist dann aber mehr geworden.
Leider war das alles aber wohl zu viel für sie, bzw. da sie sich eine schutzblase um sich herrum aufgebaut hat, kann sie keine Gefühle zulassen/spüren.
Egal ob positiv oder negativ.
Dadurch das sie sehr manipulierbar ist, und ihr Ex auch genau weiß wo er drehen muss um sie zu manipulieren, ist sie zu ihm zurück gegangen.

Das Problem an der sache ist, das es ihr dort nciht wirklich gut geht, aber sie dort die gewohnte umgebung findet.

Soll heißen:
Eine Partnerschaft mit einer solchen Person ist extrem schwierig.
Ich bin mir sicher das ich ihr helfen kann, mit Stabilität, meiner Geduld und meinem Leben. (Stehe fest im Leben mit Job und Freunden und bin auch in der Lage mich selbst wieder aufzubauen)
Es ist extrem schwer sich nicht durch den Partner und seinen Problemen herunterzeihen zu lassen.
Es ist ein Täglicher Kampf.
Eine solche Person braucht professionelle Hilfe.
Und dabei brauch diese Person einen starken Partner.

Wenn man sich über diese dinge nicht im klaren ist, kann ich von einer solchen Partnerschaft nur abraten. (zumindest aus meinem kleinen Blickwinkel)

Ich hoffe, das ich dir mit meinem kleinen Auszug aus der doch sehr komplizierten geschichte ein zwei antworten gaben konnte.

P.S.: Schämen sollte man sich für seine narben nicht.
Die fallen 95% der Leute meist eh nicht auf.
Eher sollte sich die Gesellschaft schämen, das sie solche Umstände so schön ignorierten kann.
Ich für meinen Teil sehe viele dinge jetzt anders.
volatile
*******aum Frau
16.590 Beiträge
Wie meine Reaktion wäre?

Nun, ich kenne die Gründe für solche Narben in dem Sinne, dass ich ein wenig über die Krankheitsbilder weiß, die dahinterstecken.

Meine erste Reaktion wäre Mitgefühl und nachträglich quasi für Dich empfundener Schmerz. Ich kann mir denken, dass Du Mitgefühl vielleicht gar nicht möchtest, aber für mich wäre das ein Impuls, den ich schwer unterdrücken könnte. Sicher würde ich auch hinschauen. Und dann schnell wieder weg, weil ich nicht starren wollen würde. Alles so Reflexe, die Dich evtl sogar verärgern.

Deine Narben würden mich aber nicht abstoßen. Je weiter ich Dich kennenlernen würde, desto mehr käme mir der Gedanke, was für eine starke Frau Du im Grunde doch bist. Weil Du trotz allem noch da sitzt, mir gegenüber, selbstbewusst und mutig, die Narben nicht verschämt verbergend sondern als Teil von Dir annehmend.

Würde ich mich sexuell für Frauen interessieren, und würde ich mich speziell für Dich interessieren, dann würde mich ja alles an Dir interessieren. Und Du bestehst ja nicht nur aus Deinen Narben. Du bist viel mehr und die Narben sind nur ein Teil von Dir. Wer vorgibt, sich für Dich als Mensch zu interessieren und dann vor den Narben zurückschreckt, der ist entweder sehr oberflächlich (und somit keine weitere Mühe wert) oder aber er hat Angst davor, was in Dir vorgeht und dass ihn das eventuell überfordern könnte. In diesem letzten Fall kannst Du wenig tun. Außer denjenigen in Frieden ziehen lassen. Denn wenn diese Angst schon im Raume steht, ist sie vermutlich auch begründet.
*******man Frau
586 Beiträge
Eine einstmals gute Freundin hat sich in ihrer Teenagerzeit massivst selbst verletzt... Eines Tages besuchte ich sie auf der psychiatrischen, sie machte den Bademantel auf... alles war voller Schnitte.
Sie ist mittlerweile seit langem nicht mehr selbstzerstörerisch und leidet heute SEHR unter den vielen Narben. Letztendlich läuft sie auch im Hochsommer langärmelig herum, einfach um zu verstecken was sich nicht entfernen lässt. Es sind einfach zu viele und zu tiefe Schnitte gewesen, teilweise ist nichts Heiles mehr da.

Ich war in meiner Teeniezeit auch sehr selbstzerstörerisch unterwegs, ohne dass es jedoch sichtbare Spuren hinterlassen hat... von daher fühle ich es nach. Allerdings bringt mich das Wissen um eine derartig selbstzerstörerische Natur auch auf eine schützende Distanz. Fünf Suizide im Freundes- und Bekanntenkreis sind mir persönlich einfach zu viel, sodass ich bei Leuten die diese "Anlage" haben, einfach vorsichtig bin. Definitiv auch weil ich der Meinung bin, dass man sowas schwer bis kaum aus seinem System bekommt... man verdrängt nur. Auch ist mir meine Gesundheit wichtiger, sodass ich primär versuche "gesunde" Menschen um mich zu scharren und weniger Leute die mich zusätzlich belasten (das schaffe ich auch selber). Letztendlich fühle ich mich trotzdem immer am meisten zu den Außenseitern hingezogen.

Die Freundin von mir ist eine Frau um die sich Männer trotzdem immer gerissen haben. Ihre süße, unschuldige Art verzaubert jeden, sodass ich bei ihr immer recht fasziniert beobachten konnte, wie sich die Leute reihenweise angestellt haben, um in ihren inner circle zu kommen. Letztendlich sind Narben egal, zum reinen Vögeln ohnehin und Menschen die wir lieben sind für uns ohnehin immer die Schönsten.
volatile
*******aum Frau
16.590 Beiträge
Letztendlich sind Narben egal, zum reinen Vögeln ohnehin und Menschen die wir lieben sind für uns ohnehin immer die Schönsten.

Eine simple, aber sehr profunde Wahrheit. Das stimmt einfach.
****_90 Frau
80 Beiträge
Themenersteller 
Hallo ihr Lieben!

Erstmal möchte ich mich bei denjenigen bedanken, die mir bisher einen Einblick in ihre Sicht zu diesem Thema gegeben haben *g*

@ blendef4

Und dann ändert jemand freiwillig heile Haut. Nein, ich kann es nicht verstehen.

Das kann ich wiederum verstehen. Selbst ich konnte es nicht nachvollziehen, wie es einem besser gehen soll, wenn man sich selbst verletzt. Bis ich es das erste Mal gemacht habe.
Es gibt so viele Dinge, die wir nicht verstehen. Aber wir sollten aufpassen, vor allem den Menschen dahinter nicht automatisch negativ zu bewerten und womöglich auszugrenzen.


@ m00seman

Danke!


@ http://www.joyclub.de/my/2481667.queenofsheba.html

Warum würdest du dich in der Nähe eines solchen Menschen unbehaglich fühlen?


@ SinasTraum

Dein Beitrag war Balsam für meine Seele *g* Vor allem dies zu lesen, hat mir sehr gut getan:

Je weiter ich Dich kennenlernen würde, desto mehr käme mir der Gedanke, was für eine starke Frau Du im Grunde doch bist. Weil Du trotz allem noch da sitzt, mir gegenüber, selbstbewusst und mutig, die Narben nicht verschämt verbergend sondern als Teil von Dir annehmend.

Und Du bestehst ja nicht nur aus Deinen Narben. Du bist viel mehr...


@ Mangawoman

Bei deinen Erfahrungen kann ich völlig nachvollziehen, dass du Menschen mit solch einer Problematik instinktiv erstmal aus dem Weg gehst.

Du schreibst auch, dass sich deine Freundin heute sehr für ihre Narben schämt. Es scheint bei ihr ja auch sehr ausgeprägt zu sein. Natürlich kam mir auch schonmal der Gedanke, ob ich mein Verhalten später vielleicht einmal bereuen und mich für meine Narben schämen könnte. Bisher tue ich es nicht. Dazu sollte ich aber auch sagen, dass ich bisher nur Narben an den Oberschenkeln habe. Ich habe immer wieder das Bedürfnis, mich an den Armen zu verletzen, aber die sind für mich tabu, da sie einfach zu oft sichtbar wären. Meine Narben würde man nur sehen, wenn ich eine kurze Hose oder einen kurzen Rock tragen würde. Es hält sich also in Grenzen und ich kann sehr gut kontrollieren, wer meine Narben zu Gesicht bekommt und wer nicht.


Ich hoffe auf noch viele weitere Beiträge!

LG, Anna
Würde ich eine Narbe sehen, würde ich nicht an eine Selbstverletzung denken. Je nach Größe und Lage würde ich an einen Unfall oder eine OP denken.

Solch eine Person würde für mich eine ganz normale Person bleiben.

Würde ich von der Selbstverletzung hören, wäre ich irritiert, da ich es nicht verstehen kann. Kenne sowas nicht. Dies würde mich aber nicht von einem weiteren Gespräch (oder mehr) abhalten. Ich wäre Interessiert am Grund dafür. Würde aber deswegen nicht aufdringlich nachfragen.

Ich habe selber eine OP-Narbe, wurde aber noch nie dazu gefragt.
********nder Mann
2.896 Beiträge
"Bring the player, not the class."

Interessiert mich der Mensch, interessiert mich auch seine ganze Geschichte.
Interessiert er mich nicht, macht es keinen Unterschied, ob er/sie Narben hat oder nicht. Gut, ich habe möglicherweise körperliche (Schmerz-)Empfindungen.

In erster Linie finde ich es schade. (Wobei man keine Klingen braucht, um sich selbst oder andere zu verletzen.)
Ein interessantes Thema. Danke dafür!

Ich werde im Folgenden zunächst die Fragen hinsichtlich eines heterosexuellen Mannes beantworten, der theoretisch als Partner für mich in Frage käme. Ich zitiere original, daher möge der geneigte Leser in Gedanken "Frau" durch "Mann" ersetzen.

1. Ihr seht in der Stadt eine Frau, die offensichtlich Narben von Selbstverletzungen trägt. Was geht euch dabei durch den Kopf?
Das kommt auf den Menschen an, wie er insgesamt wirkt. Wirkt er - beispielsweise - dabei selbstbewusst oder mitleiderhaschend? Letzteres mag ich zugegeben nicht so. Da muss ich spontan an einige Teenager denken, die teilweise (nicht alle) sogar damit hausieren gehen, dass sie Narben haben. Oder sie so ganz "beiläufig" erwähnen (was für mich auch ein Aufmerksamkeitsschrei ist). Im Grunde verdienen sicher auch diese diese Aufmerksamkeit, nach der sie - der eine deutlicher, der andere weniger - schreien, aber ich empfinde das als unangenehm. Diese mir persönlich unangenehme Art habe ich aber bisher eigentlich nur bei jungen Mädchen erlebt.

Sehe ich dann aber einen Mann in der Stadt, der selbstbewusst und gefestigt wirkt oder einfach nur durch seine authentische Art insgesamt sympathisch, dann tun die Narben ihm keinen Abbruch, sondern ich denke mir "Oh, der hat einiges erlebt und wird vermutlich auch Dinge verstehen, für die die Masse nur verständnisloses Kopfschütteln übrig hat." Ich würde mir denken, dass man sich mit ihm vermutlich gut unterhalten könne. Ob das so ist, weiß ich dann nicht, aber das wären erste Gedanken, die mir durch den Kopf schössen. So gesehen würden die Narben ihn wohl sogar sympathischer machen als ein augenscheinlich "makelloser" hübscher Schnösel, der womöglich noch nie in die emotionalen Abgründe von uns Menschen geblickt hat, mir wäre.

2. Ihr seid zu einer Party von Freunden eingeladen. Gemütlich sitzt ein Teil zusammen und plaudert. Neben euch sitzt eine Frau mit Narben von Selbstverletzungen. Wie fühlt ihr euch dabei? Sprecht ihr sie drauf an? Wie geht ihr mit ihr um?
Ob ich den Mann darauf anspräche, hinge davon ab, ob andere zuhören könnten und wenn ja, wie die allgemeine Stimmung und Vertrautheit der Gruppe wäre. Ich möchte ihn ja nicht bloßstellen. Das Interesse, der Drang, nachzufragen, wären wohl da. Aber ich würde erst sicher gehen, dass es für niemanden unangenehm wäre, weder anderen noch ihm. Denn wenn ich ihn nur flüchtig kenne, könnte das auch, selbst wenn es nur unter vier Augen wäre, unangenehm für den Mann selbst sein, wenn ich ihn das einfach fragte. Ansonsten würde ich es wenn, behutsam tun aber auch nicht mit zu viel Mitleid (selbst wenn ich es empfände), denn je nach Mensch kann das unerwünscht sein, als ob ich in fremder Narben herumpulen würde. Auch das liegt mir fern. Eine Pauschalantwort kann ich also nicht geben. Es käme ganz auf viele Faktoren an.

3. Ihr werdet mit solch einer Frau intim. Erst als ihr euch auszieht, werden die Narben sichtbar. Ein Schock für euch? Oder Nebensache? Hättet ihr gerne vorher davon erfahren?
Oft ist es so, dass ich schon, bevor ein Mensch mir seine Narben zeigt oder davon erzählt, ahnen kann, dass er wohl welche trägt. Von daher wäre das vielleicht trotzdem ein kleiner Schock, aber nicht, als hätte ich nie im Leben damit gerechnet. Ob ich gerne vorher davon erfahren hätte? Vielleicht. Aber andererseits, wenn jemand damit schon total abgeschlossen hat und die Umstände, unter denen die Narben entstanden sind, heutzutage wirklich nicht mehr relevant sind, weil er die Sache wirklich authentisch verarbeitet hat, hielte ich es für vermessen zu erwarten, dass jemand mit seinen Narben hausieren geht "Guck mal, was ich habe, damals ging es mir schlecht." Warum, wenn es ihm heute gut geht?
Sollten wir aber mal auf seine Vergangenheit zu sprechen gekommen sein, Themen, die in diese Richtungen gehen oder sogar explizite Fragen und er hat sie verneint, fände ich das schon enttäuschend, wenn ich dann sehe, dass er mich vielleicht sogar angelogen hätte. Wer nämlich soweit ist, dass er mit mir so intim werden darf, sollte mir so vertraut sein, dass er mich zumindest nicht anlügen müsste. Dies, wie erwähnt, im Falle, dass man bewusst mal über solche Themen gesprochen hätte.

4. Wären solche Narben bzw. das selbstverletzende Verhalten ein Grund, euch nicht mit dieser Person einzulassen (sexuell oder sogar partnerschaftlich)?
Je nachdem wären Narben und erst Recht noch aktuell selbst verletzendes Verhalten definitiv ein Grund, zumindest aufmerksam aufzuhorchen, ob ich die Stärke habe, damit zurecht zu kommen. Vor allem, wenn die Narben noch frisch sind, zeigt das ja, dass er sehr tiefe Schmerzen und Probleme hat.
Es ist ja nicht nur, dass er Narben hätte oder sich zufügte aus reinem Selbstzweck. Das könnte zeigen, dass er mit Problemen nicht offen umgehen kann, sondern mit seinen wahren Gedanken und Gefühlen hinter dem Berg hält, in sich hineinfrisst, dir eine heile Welt vormacht und dir dann die Schuld gibt, dass du ihn dazu getrieben hättest, sich selbst zu verletzen oder ähnlich. Damit könnte ich nicht klarkommen.

Aber ich würde deswegen nicht einen solchen Mann 100%ig als Partner ausschließen. Denn ich weiß, dass "solche" Menschen oft auch andere wunderbare und liebenswerte Eigenschaften haben können, die "andere" oft nicht haben. Es hat immer alles eine Licht- und Schattenseite. Und vielleicht wäre ich zufällig genau die richtige Person, die ihn durch meine natürliche Art heilt, weil er durch mich irgendwie ein Aha-Erlebnis bekommt. Oder den Anstoß, sich in eine gute Therapie zu begeben. Und, und, und. Das Leben hat viele Facetten, Menschen auch. Keiner, der sich selbst verletzt, gleicht dem anderen, auch wenn es gewiss gewisse Parallelen und Schnittmengen geben mag.

Diese meine Worten seien daher als Gedankenfetzen zu verstehen, keine Pauschalisierungen. Ich bin vorsichtig, aber auch offen gegenüber verschiedenen Menschen und lasse mich gerne überraschen, wem ich noch begegne.
**********bidum Frau
290 Beiträge
mich stören narben an menschen nicht. ich nehme sie wahr, aber ich starre nicht drauf. ich arbeite mit menschen mit körperlichen einschränkungen durch alter, unfall oder angeborene behinderung. ich sehe sehr schnell nur noch den menschen, nicht mehr seine beeinträchtigung. ich würde es nicht ausschließen, auch einen menschen mit z.b. amputationen sexuell attraktiv zu finden, liebenswert sowieso. aber:

mit selbstverletzendem verhalten habe ich aus meiner geschichte heraus probleme. die narben als solche - mein gott, die sind lebenszeichen, wie falten auch. es sind nicht die narben, die mich abstoßen, es ist das wissen um ihre entstehungsgeschichte. ich habe in der hinsicht vorurteile und ich halte distanz. nicht unbedingt räumliche, eher persönliche.

in jungen jahren hatte ich einen suizidgefährdeten partner, seine narben bekam ich nicht sofort zu sehen und war später eine der wenigen, die darum wusste, und auch zu sehen bekam, wie sie mehr wurden. für mich war diese selbstschädigung massiv beängstigend. dieser freund hat sich auch einmal nach ankündigung, natürlich auch aus tief empfundenm seelenschmerz, nicht zuletzt aber auch als druckmittel, die pulsadern sehr effektiv geöffnet, aber überlebt. diesen emotionalen ausnahmezustand möchte ich nie nie nie wieder erleben und ich möchte auch nicht mehr hilflos daneben sitzen müssen, wenn sich ein gemochter mensch ins eigene fleisch schneidet.

für mich sind also diese art narben ein signal, auf mich selbst zu achten und abstand zu halten. dadurch wird das gegenüber nicht weniger wert. es wird nur in meinem leben keine große emotional besetzte große rolle spielen. für mich wären narben, die von selbstverletzung stammen fast von vorherein ein beziehungsausschlussgrund. selbst bei freundschaft täte ich mir vermutlich schwer.

den betreffenden menschen als kollegen oder bekannten schätzen - kein problem, warum auch? in einer beziehung allerdings würde es mir angst machen. ich will keine angst um oder vor einem partner haben und erlaube mir, diese art nach aussen gekehrten psychischen schmerz nicht mehr zu meinem mitproblem werden zu lassen.
**********bidum Frau
290 Beiträge
oh, und während ich den obigen post schrieb, merkte ich, wie aggressiv mich dieses thema manchmal sogar macht.

das ist die einzige art von narben, bei der ich, in (vermeintlich) passenden momenten nicht nachfrage, woher sie stammen. grundsätzlich interessiert mich die geschichte von menschen - und so auch ihren körpern - aber in dem punkt mach ich relativ dicht. ich will es gar nicht wissen. da ist noch immer viel alte wut und unverständnis.

ach, da gab es noch die mitpatientin im krankenhaus, die sich aus - für mich - heiterem himmel regelmäßig die arme mit zerbrochenen zahnputzbechern filetierte. in meinem zimmer. neben mir. mir ist rational klar, dass sie meine reaktion nicht verdient hat, aber ich musste mich zur räson zwingen, um ihr gegenüber nicht handgreiflich zu werden. das ist pädogisch nicht sinnvoll, psychologisch auch nicht, aber es war meine spontane reaktion: ihr eine scheuern. mach deine probleme nicht zu meinen. warum muss ich mir das ansehen? ich will dich dabei nicht sehen. ich könnte genauso gut sauer sein auf das pflegepersonal, die nicht eingeschritten sind, ihr nicht andere behandlung zukommen ließen, eine andere station. oder dass sie die anderen patienten im zimmer nicht "schützten", aber ich projeziere es immer noch auf sie. es hat mich damals sehr verstört.

das ist bestimmt kein netter post für betroffene, aber auch das kann in nichtbetroffenen ausgelöst werden.
Jetzt könnt Ihr mich vielleicht verstehen, warum ich mir oft ein Schild mit der Aufschrift:

"Meine Narben habe ich mir NICHT selbst zugefügt!"

umhängen möchte.....
**********bidum Frau
290 Beiträge
ja.
****_90 Frau
80 Beiträge
Themenersteller 
@ http://www.joyclub.de/my/2693823.aurelya.html


Lieben Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, so ausführlich zu antworten *g*


@ libidoadlibidum

Es tut mir Leid zu hören, dass du so viele negative Erfahrungen mit dieser Thematik machen musstest. Auch hier finde ich es verständlich, dass du eher auf Abstand gehst. Wobei hier auch ein Zitat von http://www.joyclub.de/my/2693823.aurelya.html sehr passend ist:

Das Leben hat viele Facetten, Menschen auch. Keiner, der sich selbst verletzt, gleicht dem anderen, auch wenn es gewiss gewisse Parallelen und Schnittmengen geben mag.

Zu deinem damaligen Freund kommt mir spontan die Frage, ob er in therapeutischer Behandlung war und wie sehr er sich dir gegenüber geöffnet und von seinen Problemen erzählt hat. Ich denke, das sind 2 wichtige Faktoren. Ich bin seit Jahren in Behandlung, sowohl medikamentös als auch therapeutisch und werde es auch so lange sein, bis ich das Gefühl habe, dass ich stabil genug auf meinen beiden Beinen stehe, um meinen weiteren Weg allein zu gehen.
Zur Zeit habe ich keinen Partner, aber in meiner damaligen Partnerschaft war ich immer ehrlich, habe nichts heimlich gemacht und mit meinem Partner offen über meine Probleme gesprochen. Und so werde ich es auch immer wieder machen. Mittlerweile bin ich seit 2 Jahren Single und sehne mich sehr nach einem festen Partner. Ich suche aber nicht aktiv. Denn ich denke mir: "Wenn ich selbst manchmal nicht mit mir klarkomme, wie soll es dann ein Partner?" Ich bin mir durchaus bewusst, dass ein solcher zur Zeit ein hohes Einfühlungsvermögen, Geduld und manchmal vielleicht auch einfach starke Nerven bräuchte. Was nicht heißen soll, dass es solche Partner nicht gibt. Ich möchte damit nur zum Ausdruck bringen, dass ich mir durchaus darüber bewusst bin, dass meine Krankheit auch Auswirkungen auf eine Partnerschaft hätte.

Zu dem Vorfall mit deiner Mitpatientin: das ist wirklich sehr krass. Ich weiß ja nicht, in was für einer Klinik du warst. Aber selbst in der psychosomatischen Klinik, in der ich war, habe ich sowas nie miterlebt. Deine aufkommende Wut kann ich da verstehen.
Ich selbst würde nie auf die Idee kommen, mich in Anwesenheit einer anderen Person zu verletzen. Was man als Betroffener schnell Gefahr läuft zu vergessen, ist, dass es auf Nicht-Betroffene sehr verstörend wirken und sie überfordern kann. Man schneidet sich (tief) in die Haut, es fließt Blut - das ist schon eine sehr drastische Maßnahme und für viele ein schockierender Anblick. Ich selbst empfinde es nicht so, für mich hat es "das Schockierende" verloren. Aber ich versuche mir immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass das für Außenstehende nicht zutrifft.

LG, Anna
***bs Paar
10 Beiträge
Ich bin auch schon vielen Jahren ein betroffener.Immer wieder verletze ich mich selbst um den seelischen Schmerz zu vergessen ihn umzuwandeln in physischen Schmerz. Wenn der psychische Schmerz zu groß wurde war es mir eigentlich egal ob es jemand sieht , ich bemühte mich zwar mich so zu verletzen das es niemand sieht, aber das Blut kann man nicht unsichtbar machen.
Aber das war nicht die Frage, mich stören diese Wunden nicht, ich kann verstehen, wenn man sich selbst verletzt, der Beweggrund mag immer anders sein. im Endeffekt ist es nur ein Blitzableiter.
In vielen Gruppengesprächen und Einzelgesprächen habe ich inzwischen gelernt andere Methoden anzuwenden die einem helfen Gedanken in andere Bahnen zu lenken sich abzulenken von den Gedanken sich selbst zu verletzen. Es ist ein langer Weg dies umzusetzen aber es ist machbar.
**********bidum Frau
290 Beiträge
hallo anna, auch wenn wir uns von den sichtbaren narben wegbewegen, weil du so direkt fragst,

die krankenhausepisode hatte ich recht effektiv verdrängt, ich kann mich nur noch dunkel erinnern. irgendwann, nach ein paar tagen, kam das mädel wohl auf die psychiatrie. aber aus heutiger sicht war da einfach das krankenhauspersonal wenig umsichtig. vielleicht gab es auch einfach grad mal wieder irgendwo keine freien betten - oder zuwenig belegte. *roll*

Zu deinem damaligen Freund kommt mir spontan die Frage, ob er in therapeutischer Behandlung war und wie sehr er sich dir gegenüber geöffnet und von seinen Problemen erzählt hat. Ich denke, das sind 2 wichtige Faktoren. Ich bin seit Jahren in Behandlung, sowohl medikamentös als auch therapeutisch und werde es auch so lange sein, bis ich das Gefühl habe, dass ich stabil genug auf meinen beiden Beinen stehe, um meinen weiteren Weg allein zu gehen.

besagter freund, war zu dem zeitpunkt noch nicht oder nicht mehr in behandlung, irgendwann später folgte aber ein teilstationärer klinikaufenthalt von mehr als einem jahr. er hat sich leider nie ganz zu sich selbst gefunden, ohne sich weh zu tun zumindest, das hat unserere, auch lange danach noch bestehende freundschaft immer überschattet.

für mich war es ein problem, zuviel von seinen problemen zu wissen. ich war damals die einzige, der er sich offenbart hat. eine last, die ich zu dem zeitpunkt nicht tragen konnte. vielleicht nie tragen könnte. ich war seine freundin, nicht seine therapeutin. ich bezweifle mittlerweile, durchaus auch, was mich selbst betrifft, ob es immer sinnvoll ist, alles von sich preis zu geben. seine befindlichkeiten dem partner gegenüber immer in vollem ausmaß zu thematisieren, anstatt nur die basics anzusprechen und den rest mit sich selbst auszumachen oder an andere instanzen auszulagern. freunde. familie. therapeuten. für jeden ein stück des problems, nicht ein ganzes problem für einen.

man handelt meist in guter absicht so. will verstanden werden, sich nachvollziehbar machen, mitteilen, gehör finden, nähe schaffen oder einen schulter zum anlehnen finden, ich bin mir aber nicht sicher, ob eine partnerschaft immer alles tragen kann und soll - geschichten können erschlagen und ersticken. man will selbst gehört werden und hört den anderen nicht mehr, wenn es zuviel wird. offenheit ist gut und wichtig, zuviel offenheit kann destruktiv sein.


Zur Zeit habe ich keinen Partner, aber in meiner damaligen Partnerschaft war ich immer ehrlich, habe nichts heimlich gemacht und mit meinem Partner offen über meine Probleme gesprochen. Und so werde ich es auch immer wieder machen. Mittlerweile bin ich seit 2 Jahren Single und sehne mich sehr nach einem festen Partner. Ich suche aber nicht aktiv. Denn ich denke mir: "Wenn ich selbst manchmal nicht mit mir klarkomme, wie soll es dann ein Partner?" Ich bin mir durchaus bewusst, dass ein solcher zur Zeit ein hohes Einfühlungsvermögen, Geduld und manchmal vielleicht auch einfach starke Nerven bräuchte. Was nicht heißen soll, dass es solche Partner nicht gibt. Ich möchte damit nur zum Ausdruck bringen, dass ich mir durchaus darüber bewusst bin, dass meine Krankheit auch Auswirkungen auf eine Partnerschaft hätte.

ich bin mir sicher, dass es einen passenden partner für dich gibt. einen, der dich z.b. nicht in meine schublade steckt, der eine andere sicht der dinge hat, weil andere erfahrungen.

(ich glaube übrigens, dass schubladen trotzdem gut sind. wenn wir immer alle menschen in ihrer gesamtheit, ihrer vielfalt sehen würden, alle geschichten wüssten, die sie zu dem gemacht haben, was sie sind - das hirn würde einem im kopf zerspringen. so macht sich jedes hirn seinen filter um nicht verrückt zu werden. jeder hat seine eigenen schubladen. und jeder befüllt die auf seine eigene art. jeder fällt selber in irgendjemandes schublade und wird aussortiert, so wie jeder selbst aussortiert. oder einsortiert. mann muss nicht um die weinen, durch deren filter man fällt, es gibt immer noch genug andere, die diesen filter nicht haben und manche davon hat man umgekehrt selber noch nicht in irgendeine lade gesteckt. da ist also immer noch irgendwo potential fortan die welt gemeinsam auszusieben :-))

du liest dich recht reflektiert, trotzdem mir fällt an der stelle nochmal der "starke partner" aus dem eingangspost ein.
womöglich, auch hier argumentiere ich aus meiner eigenen geschichte heraus, besteht gerade in so psychischen ausnahmesituationen, im eigenen leiden die gefahr, sich insgeheim eher eine art retterfigur, als einen partner zu erhoffen.

"wenn der partner nur stark genug ist, dann ginge es mir besser", aber bei einer psychischen erkrankung, noch weniger als bei einer körperlichen, kann der partner keine "erlösung" bringen. die findet sich nicht in der partnerschaft, sondern in der auseinandersetzung mit einem selbst. so wie ein therapeut nur das werkzeug reicht, aber nicht das lösungsheft dazu gibt.

womöglich bürdet das "immer stark sein müssen" dem partner nochmal eine last mehr auf. was kann ich umgekehrt dem partner zurück geben, wo kann er auch mal "schwach" sein?

was dir hilft, hast du vermutlich alles in dir, ein partner dazu ist ein nice to have, das sahnehäubchen, manchmal eine stütze, nicht aber das ende des problems. und auch der partner braucht raum für sich und luft für seine eigenen probleme. damit er dann stützen kann, wenn es wirklich notwendig ist.

(nachtrag: ich hau mir auch mal heftig auf die finger. der post ist schon ein wenig oberlehrerhaft geraten.)
Erinnerungen
Ich habe mir alle Beiträge intensiv durchgelesen...
Kann dazu garnichts sagen...weil so viel in mir vor geht...
möchte mich aber trotzdem mitteilen...um zu zeigen...das Frau/Mann nicht allein ist...Lg
********nder Mann
2.896 Beiträge
**********bidum:
womöglich, auch hier argumentiere ich aus meiner eigenen geschichte heraus, besteht gerade in so psychischen ausnahmesituationen, im eigenen leiden die gefahr, sich insgeheim eher eine art retterfigur, als einen partner zu erhoffen.

Seems legit to me.

Oder anders: In einer Partnerschaft - persönlich wie beruflich - sehe ich diesen Aspekt ("Retter") als wichtigen Bestandteil an. Nicht als Dauerrolle, aber ein Fragment der Partnerschaft. Es geht da aus meiner Sicht ja weniger um "Rettung" als eine Begleitung durch die Untiefe/einen Abgrund. Und bei einem Partner - ich zähle dazu auch Familie und (sehr) gute Freunde - stelle ich mich im Worst Case vor sie und schütze sie. Ich liefere Feuerschutz, damit sie selbst wieder auf die Beine kommen, und im allerschlimmsten Fall trage ich sie auch aus der Schusslinie.

Jeder Mensch hat seine Sollbruchstellen, an denen er einknickt. Untiefen, durch die er im Leben geht. Im Zuge eines Dauerzustands oder Verweilens (im Abgrund) bin ich absolut bei dir, fände es sehr schade und ist mir meine eigene (psychische) Gesundheit letztendlich wichtiger als die meines Gegenübers. Situationsbezogen... nope.

****_90:
"Wenn ich selbst manchmal nicht mit mir klarkomme, wie soll es dann ein Partner?"

Laufen lernt man beim Laufen.

Und ich fühle mich gerade an ein Video erinnert:


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