jede Münze hat zwei Seiten
Die Welt Schreibt darüber:
20. September 2007, 16:30 Uhr
Von Anne-Beatrice Clasmann
"Auf sieben Jahre befristet"
Was hat Paulis Ehe auf Zeit mit dem Islam gemeinsam?
Gabriele Paulis Vorschlag einer befristeten Ehe ist nicht nur geklaut, sie ist auch nicht neu. Bei den Schiiten zum Beispiel gibt es auch eine Ehe auf Zeit – aber sie ist eine Beziehung zweiter Klasse. Denn die Frau hat in ihr wesentlich weniger Rechte als der Mann.
Ihr Vorschlag sorgt für Furore: Gabriele Pauli
In der islamischen Welt ist die von CSU-Politikerin Gabriele Pauli vorgeschlagene „befristete Ehe“ kein Novum. Allerdings wird sie nur in einigen islamischen Ländern und auch nur von den schiitischen Muslimen praktiziert. Die Sunniten, die den entsprechenden Koran-Vers über die „Frauen, die ihr genießt“, anders interpretieren, lehnen sie ab. Sunnitische Religionsgelehrte und auch die Frauenverbände in der arabischen Welt sehen in der Ehe auf Zeit eine Art „religiös legitimierter Prostitution“.
Die Frau ist gebunden, der Mann nicht
Die Sunniten kennen zwar auch die „Misjar“-Ehe, bei der es vor allem um Sex und nicht um Kinder oder ein gemeinsames Leben unter einem Dach geht. Eine von vorneherein festgelegte zeitliche Begrenzung gibt es jedoch bei dieser „Genussehe“ nicht.
Auch nicht alle Schiiten praktizieren die Ehe auf Zeit. Es gibt sie vor allem im Iran und seit einigen Jahren auch wieder häufiger im Irak. Sie kann für mehrere Jahre geschlossen werden, aber auch nur für einen ganz kurzen Zeitraum. Die Frau, fast immer handelt es sich um Witwen oder geschiedene Frauen, ist an die zeitliche Vereinbarung gebunden. Der Mann kann die Verbindung dagegen vorzeitig beenden.
Oft ist Not die Triebfeder für die Frauen
Im Iran heißt die Ehe auf Zeit „Sigheh“. In den arabischen Ländern nennt man sie „Sawaj Mutaa“, was so viel bedeutet wie „Vergnügungsehe“. Im Iran sind die Auflagen für diese befristete Ehe, die in früheren Jahrhunderten oft von Pilgern, Soldaten und Saisonarbeitern praktiziert wurde, in den vergangenen Jahren strenger geworden. Eine geheime Absprache zwischen Mann und Frau im Schlafzimmer reicht nicht aus. Ist die Frau nicht geschieden oder verwitwet, muss ihr Vater oder, falls dieser tot ist, ein anderer männlicher Verwandter, der Ehe zustimmen.
Gelockert wurden die Regeln dagegen in den vergangenen Jahren im Irak, wo die Ehe auf Zeit unter dem 2003 von den Amerikanern gestürzten Regime des Sunniten Saddam Hussein offiziell verboten war.
Vor allem in den schiitischen Pilgerstädten des Zentraliraks - in Nadschaf und Kerbela - lassen sich immer mehr Frauen auf
Schlagworte
Islam Ehe Muslime Koran Sunniten Schiiten Irak
eine befristete Ehe ein. Oft ist Not die Triebfeder dieser Frauen. Viele von ihnen sind Witwen ohne eigenes Einkommen. Sie heiraten reiche Iraker, Iraner oder schiitische Araber aus den Golfstaaten, die als Pilger in die Stadt kommen. Doch obwohl der schiitische Klerus die Praxis billigt, haben es die Ehefrauen auf Zeit schwer. Denn die „Ehe zum Vergnügen“ gibt ihnen weniger Rechte als die normale Ehe nach islamischem Recht. Und auch von der Gesellschaft werden diese Frauen, die sich mit dem Mann oft darauf einigen, keine Kinder in die Welt zu setzen, oft als „Ehefrauen zweiter Klasse“ angesehen.
20. September 2007, 16:30 Uhr
Von Anne-Beatrice Clasmann
"Auf sieben Jahre befristet"
Was hat Paulis Ehe auf Zeit mit dem Islam gemeinsam?
Gabriele Paulis Vorschlag einer befristeten Ehe ist nicht nur geklaut, sie ist auch nicht neu. Bei den Schiiten zum Beispiel gibt es auch eine Ehe auf Zeit – aber sie ist eine Beziehung zweiter Klasse. Denn die Frau hat in ihr wesentlich weniger Rechte als der Mann.
Ihr Vorschlag sorgt für Furore: Gabriele Pauli
In der islamischen Welt ist die von CSU-Politikerin Gabriele Pauli vorgeschlagene „befristete Ehe“ kein Novum. Allerdings wird sie nur in einigen islamischen Ländern und auch nur von den schiitischen Muslimen praktiziert. Die Sunniten, die den entsprechenden Koran-Vers über die „Frauen, die ihr genießt“, anders interpretieren, lehnen sie ab. Sunnitische Religionsgelehrte und auch die Frauenverbände in der arabischen Welt sehen in der Ehe auf Zeit eine Art „religiös legitimierter Prostitution“.
Die Frau ist gebunden, der Mann nicht
Die Sunniten kennen zwar auch die „Misjar“-Ehe, bei der es vor allem um Sex und nicht um Kinder oder ein gemeinsames Leben unter einem Dach geht. Eine von vorneherein festgelegte zeitliche Begrenzung gibt es jedoch bei dieser „Genussehe“ nicht.
Auch nicht alle Schiiten praktizieren die Ehe auf Zeit. Es gibt sie vor allem im Iran und seit einigen Jahren auch wieder häufiger im Irak. Sie kann für mehrere Jahre geschlossen werden, aber auch nur für einen ganz kurzen Zeitraum. Die Frau, fast immer handelt es sich um Witwen oder geschiedene Frauen, ist an die zeitliche Vereinbarung gebunden. Der Mann kann die Verbindung dagegen vorzeitig beenden.
Oft ist Not die Triebfeder für die Frauen
Im Iran heißt die Ehe auf Zeit „Sigheh“. In den arabischen Ländern nennt man sie „Sawaj Mutaa“, was so viel bedeutet wie „Vergnügungsehe“. Im Iran sind die Auflagen für diese befristete Ehe, die in früheren Jahrhunderten oft von Pilgern, Soldaten und Saisonarbeitern praktiziert wurde, in den vergangenen Jahren strenger geworden. Eine geheime Absprache zwischen Mann und Frau im Schlafzimmer reicht nicht aus. Ist die Frau nicht geschieden oder verwitwet, muss ihr Vater oder, falls dieser tot ist, ein anderer männlicher Verwandter, der Ehe zustimmen.
Gelockert wurden die Regeln dagegen in den vergangenen Jahren im Irak, wo die Ehe auf Zeit unter dem 2003 von den Amerikanern gestürzten Regime des Sunniten Saddam Hussein offiziell verboten war.
Vor allem in den schiitischen Pilgerstädten des Zentraliraks - in Nadschaf und Kerbela - lassen sich immer mehr Frauen auf
Schlagworte
Islam Ehe Muslime Koran Sunniten Schiiten Irak
eine befristete Ehe ein. Oft ist Not die Triebfeder dieser Frauen. Viele von ihnen sind Witwen ohne eigenes Einkommen. Sie heiraten reiche Iraker, Iraner oder schiitische Araber aus den Golfstaaten, die als Pilger in die Stadt kommen. Doch obwohl der schiitische Klerus die Praxis billigt, haben es die Ehefrauen auf Zeit schwer. Denn die „Ehe zum Vergnügen“ gibt ihnen weniger Rechte als die normale Ehe nach islamischem Recht. Und auch von der Gesellschaft werden diese Frauen, die sich mit dem Mann oft darauf einigen, keine Kinder in die Welt zu setzen, oft als „Ehefrauen zweiter Klasse“ angesehen.
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