So sehe ich die Ehe - ebenfalls aus aktuellem Anlass
Die Zeiten in denen Frauen an den Herd "gefesselt" waren und für die Nachkommenschaft zuständig waren, wo sie eben abhängig vom Herrn des Hauses waren sind doch wohl vorbei.
Das habe ich auch mal geglaubt.
Die Zeiten werden härter - besonders für Mütter und Kinder.
Jahrelang habe ich als alleinerziehende, berufstätige Mutter mein Leben nicht nur gut gemeistert, sondern auch richtig genossen.
Gutes Gehalt, intakte Großfamilie (*winke*
@****ch nach Brandenburg, wo - wie ich gehört habe - Kinderbetreuung auch ohne solche funktionieren soll) gesundes, aufgewecktes Kind ... mein Lebensabschnittgefährte teilte mit mir die Wohnung und den
'Spaß an der Freud'. Meine Rechnungen habe ich selbst bezahlt und er hat seine Hemden selbst gebügelt und genauso wollten wir es haben. Einen Trauschein brauchten wir dafür nicht. Es ging uns richtig gut!
Es fing damit an, dass die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten für Normalverdiener faktisch abgeschafft wurde. Der Steuerfreibetrag greift erst bei außergewöhnlich hohen Betreuungskosten
und einem außergewöhnlich hohen Gehalt - d.h. das Kindermädchen des Chefarztes (Steuerberaters, Politikers, Firmenchefs ...) bleibt absetzbar, die Tagesmutter der Krankenschwester (Sekretärin, Sachbearbeiterin, Facharbeiterin ...) ist es nicht mehr - egal ob man verheiratet ist oder nicht.
Es ging damit weiter, dass die Steuerklasse II (die ursprünglich mal die Nachteile des Ehegattensplittings für Elternteile ohne Ehepartner ausgleichen sollte) bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wurde.
Dann kam das ALG II und fasste Menschen mit derselben Wohnanschrift zu sog. "Bedarfsgemeinschaften" zusammen - ganz unabhängig von der biologischen Abstammung oder emotionalen Zugehörigkeit.
Meinem Lebensabschnittsgefährte drohte vor vier Jahren, seinen Job zu verlieren und ich habe ihn geheiratet, weil ich ihn finanziell sowieso
'am Bein' hatte und meine Vorteile als alleinerziehende Mutter auch ohne Trauschein entwertet worden waren.
Wir dachten nicht, dass es unserer Liebe schaden würde, fanden es in den sechs Jahren vorher aber auch nicht wichtig.
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Seine Firma wurde nach monatelangen Vorankündigungen endlich verkauft, 10% der Mitarbeiter wurden übernommen - er war dabei.
Meine Firma wurde vor drei Jahren ganz überraschend auch verkauft - 75% der Mitarbeiter wurden
vorher entlassen (das hübscht die Bilanzen mächtig auf, auch wenn die Funktionalität des Betriebes damit zerstört wird) - und bei den Entlassenen war ich.
Uuuups.
Neuen Job gesucht und gemerkt, dass Mütter über 40 (auch wenn sie jahrelang berufstätig waren, als IT-Supporter und -Trainer sich immer weitergebildet haben, drei Sprachen sprechen und bereit sind zur Schichtarbeit) in der Vorstellungswelt westdeutscher Personalchefs nicht als ernstzunehmende Bewerberinnen vorkommen.
Hartz IV wäre unausweichlich der nächste Schritt gewesen - und es wäre mir abgelehnt worden, weil mein (jetzt Ehe-)Mann mit meinem Kind und mir zusammenlebte. Dass das Kind nicht von ihm ist und der leibliche Vater mir als gutverdienender Mutter den Unterhalt jahrelang vorenthalten hat, war mein bzw. sein persönliches Pech.
Ja, ich bin froh, dass ich in der Ehe versorgt bin.
Und ja, ich hasse diese Form der Abhängigkeit, die mich an feudale Hierarchie erinnert und mein Kind und mich als Mündel in die Verantwortung des Mannes drängt, mit dem ich zuvor nur die Wohnung und die Lebensfreude geteilt hatte.
Ein ganz klein wenig besser fühle ich mich in der Leibeigenschaft, seitdem ein gemeinsames Kind die Unterhaltsleistungen meines Mannes rechtfertigt.
Wesentlich besser habe ich mich gefühlt, als ich meine Rechnungen noch selbst bezahlen und außer mit meinem Kleinkind auch täglich Umgang mit erwachsenen Menschen hatte, die mich als IT-Fachkraft und nicht nur als Säugetier wahrgenommen haben.
Ja, ich liebe meine Kinder alle beide. Aber das ältere Kind hatte eindeutig die 'bessere' (d. h. die ausgeglichenere, zufriedenere, gelassenere und fröhlichere) Mutter, als es klein war.
Ein zweites Kind zu bekommen und den Kindsvater schon zwei Jahre vorher geheiratet zu haben war berufliches
'Harakiri'.
Für berufstätige Frauen in Westdeutschland ist ein bestehender Kinderwunsch oder auch nur die biologische Möglichkeit der Mutterschaft ein hohes Risiko und für berufstätige Ehefrauen mit Kinderwunsch ist die Betreuungssituation eine direkte Falltür in Abhängigkeit und (falls die Liebesbeziehung dieses Machtgefälle nicht verkraftet) in die Armut.
Das ist die Wahrheit im Jahr 2007 - und der ganz profane Hintergrund dafür, dass die Zahl der Eheschließungen wieder ansteigt und gleichzeitig die Zahl der Geburten auf (vor allem im Osten zuvor unbekanntem) extrem niedrigen Niveau stagniert.
Der Liebe zwischen meinem Mann und mir hat die bürgerliche Versorgungsehe eindeutig geschadet.
Uns als Paar ging es besser, als noch jeder seine Rechnungen selbst bezahlen und seinen Anteil an der Hausarbeit frei wählen konnte. Und dass das Zusammenleben mit gestressten Eltern in einer unbefriedigenden Ehe für Kinder besser sein soll, als das Leben mit Erwachsenen, die wirtschaftlich unabhängig und emotional verbunden in einer liebevollen Beziehung zueinander stehen, kann glauben wer will - ich weiß es besser.
Solange die Entscheidungsträger in den Firmen lieber
keinen Ingenieur einstellen und auf Aufträge verzichten, als eine Fachkraft anzulernen, die älter als 35 und/oder weiblich ist
und solange die Beitragsbemessungsgrenze für die Sozialversicherungen irgendwo als Deckel zum Schutz der höheren Gehaltsklassen vor zuviel Solidarität am oberen Ende der Normalverdiener statt als Einstieg (oben offen) als Schutz vor Überforderung am unteren Ende zur Existenzsicherung liegt, werden die Nettolöhne und -gehälter das Niveau von 1986 nicht übersteigen. Solange die Betreuung von von Kleinkindern und Förderung von Schülern als reine Privatangelegenheit der Eltern bzw. als freiwillige Leistung der Gesellschaft angesehen wird, bleibt das schlechte Gewissen gegenüber lieblos verwahrten Kleinkindern und vernachlässigten Schulkindern ein wirksames Hindernis für die Berufstätigkeit (und damit die wirtschaftliche Unabhängigkeit) der Mütter und damit auch für die Möglichkeit, dass Frauen und Männer sich frei und aus reiner Liebe jeden Tag neu füreinander entscheiden können.
Wenn das Zusammenleben nicht mehr nur vom gegenseitigen Respekt und der emotionalen Nähe, sondern auch von der Angst vor Anwaltshonoraren und Scheidungsfolgekosten motiviert wird, hat die Liebe es ebenso wie die Lust schwer zu überleben, denn beide sind Kinder der Freiheit.
So sehe ich das - ebenfalls aus aktuellem Anlass.
glg BIanca