Und wenn es umgekehrt wäre?
Verlust der Vertrautheit
depressive Liebes-Wahrnehmung
körperliche Erschöpfung
beschädigtes Selbstwertgefühl
innere Verlassenheit
Mißtrauen
Psychokrieg
Unter diesen Bedingungen wird die Partnerschaft langsam aber sicher zerstört - eine Trennung erscheint unausweichlich:
Wie seht ihr das: Ist Trennung wirklich das Beste oder hat/würde sich für euch Beziehungsarbeit lohnen?
Welche positiven/negativen Erfahrungen konntet ihr innerhalb eurer Partnerarbeit machen und habt ihr diese Warnsignale auch gesehen?
Ist eine interessante Frage.
Was wäre, wenn es umgekehrt wäre:
Wenn also nicht die Annahme, dass in einer anderen (=besseren) Beziehung das beschädigte Selbstwertgefühl, die körperliche Erschöpfung, das Misstrauen und das Gefühl der inneren Verlassenheit
geheilt und Vertrautheit, respektvoller Umgang miteinander sowie eine optimistische Liebeswahrnehmung sich mit einem neuen (=besseren) Partner wieder einstellen würden, richtig wäre, sondern dass Menschen, die aufgrund ihrer innerpsychischen Beschaffenheit (Stichwort 'böses Kind' oder 'labile Persönlichkeit') zu einer depressiven Sicht des Lebens oder Psychokrieg, zur Selbstausbeutung bis zur völligen Erschöpfung und zum Gefühl innerlich verlassen zu sein, zu einem schwach entwickelten Selbstwertgefühl und Misstrauen etc. neigen und sich mit schlafwandlerischer Sicherheit immer wieder die dazu passenden Partner suchen?
Dass solche Beziehungen sich mit bösartiger Regelmäßigkeit unbefriedigend entwickeln und irgendwann scheitern, erscheint mir persönlich als einleuchtender, als die Vorstellung, dass ein gesunder, lebensfroher Mensch sich in der Beziehung zu einem ebenso gesunden, ebenso lebensfrohen Menschen ohne eigenes Zutun nach und nach in einen erschöpften, misstrauischen, einsamen und abweisenden Griesgram verwandelt, der weder von seinem Partner noch vom Rest der Welt etwas gutes erwartet und den anderen erst recht nichts Gutes gönnen will.
Wenn ich also die Verantwortung für mein Wohlbefinden selbst übernehme, diese
nicht an meinen Partner delegiere und von diesem nicht mehr Respekt, Vertrauen und Einfühlungsvermögen erwarte, als ich
mir selbst zu geben bereit bin?
Ob sich dann eventuell auch die Beziehungen zu meinen Mitmenschen (nicht nur zum (Ehe-)Partner) bessern?
Ob dann wohl meine Ausstrahlung und Selbstwahrnehmung, meine Lebensfreude und innere Stabilität dazu beitragen, dass ich
in der Beziehung, in der ich mich gerade befinde - sei es als Tochter zu meinen Eltern, als Mutter zu meinen Kindern, als Nachbarin zu anderen Nachbarn, als Vorgesetzte, Kollegin oder Untergebene am Arbeitsplatz, als Sportskameradin oder Vereinsmitglied und selbstverständlich auch in meiner Partnerschaft - mehr Freude und Vertrauen, mehr Wertschätzung und Mitgefühl, mehr Verbundenheit und Achtsamkeit mit den anderen Menschen teilen kann?
Meine Erfahrung ist, dass diese Warnsignale auf einen Beziehungsabbruch mit mir selbst, auf einen achtlosen Umgang mit meinen Bedürfnissen und Fähigkeiten, meinen Gefühlen und Werten hindeuten, und dass zuerst ich selbst achtlos mit mir umgehen muss, bevor andere Menschen sich dasselbe erlauben.
Wenn ich in jeder Krise (nach einer Fehlgeburt oder einem Arbeitsplatzverlust, nach einem gefährlichen Unfall oder dem Tod eines lieben Menschen, nach einem Umzug oder der Geburt eines Kindes), in der Schlafmangel, Trauer und/oder Sorgen zu Phasen fehlender Achtsamkeit und mangelnden Interesses für meine eigenen Bedürfnisse und folglich zu Erschöpfung und Mutlosigkeit geführt haben, meinen Partner gewechselt hätte, hätten diese Wechsel
meine ureigenste Aufgabe, gut für mich selbst zu sorgen und die Verantwortung für meine Bedürfnisse und Gefühle, für meine Worte und mein Verhalten zu übernehmen, sicher nicht erleichtert.
Beziehungsarbeit ist da nur der zweite Schritt, finde ich.
Und Trennung erst der allerallerletzte.
Wer nicht bereit ist, seine eigenen Baustellen zu bearbeiten, wird schwerlich einem Partner diese Aufgabe erfolgreich zuschieben können. Die Forderung: "Mach
du mich glücklich! Ich weiß zwar nicht,
was ich zum Glücklichsein brauche, aber wenn du es nicht herausfindest, verlasse ich dich." ist für Männlein und Weiblein unerfüllbar.
So seh ich das.
lg BIanca