"Ein Deutscher weiss schon alles...
...dagegen sind selbst Informationen machtlos" (Gerd Wollschon)Ich könnte jetzt sagen, dass ich es zunehmend unverschämt finde, wie die berufliche Qualifikation der Journalisten in Teilen der Bevölkerung heute mißachtet wird. Aber es entlarvt sich ja selbst.
Wenn bei VW, BMW usw. Motoren manipuliert werden, dann beschwert sich niemand pauschal über die Fähigkeiten der gut ausgebildeten deutschen Ingenieure, wenn das Brot aus der Kettenbäckerei nicht schmeckt, dann sind nicht alle Bäckermeister Dilettanten usw. usw.
Gehen Sie mal ruhig davon aus, dass die journalistische Ausbildung in Deutschland ähnlichen Qualitätsanforderungen entspricht. Eine der allerersten Grundsätze, die man lernt, heißt "Quellenkritik", also eine kritische Herangehensweise an die Informationsquellen, an deren Aussagen und an deren Interessen.
Das, was in einer offenen Gesellschaft nun mal gar nicht funktioniert, ist, dass man sich umfangreich verschwört. Irgendwer verpfeift immer und irgendjemand aus den Medien hat schon ein Interesse daran, diese Informationen an die Öffentlichkeit zu zerren (und sei es nur, um dem Konkurrenzblatt ein Schnippchen zu schlagen). Und wer dann die Fakten nicht prüft, dem geht es so wie dem Stern mit den Hitler-Tagebüchern. Das wirkt sich nachhaltig auf die wirtschaftliche Lage des Blattes aus.
Journalistische Sorgfaltspflicht gehört ebenso zum Beruf, wie die Sorgfaltspflicht beim Arzt, der möglichst kein Skalpell in der Bauchhöhle hinterlässt. Dass dies immer mal wieder passiert, ist zumeist menschlich und nicht systematisch. Und das gilt eben auch für den Journalismus.
Dass es Kollegen gibt, die nicht genügend in die Tiefe gehen und geschönte Artikel veröffentlichen (warum auch immer: ob sie nun von einem Unternehmen eingeladen werden, ob sie unter Zeitdruck nur wenige Quellen heranziehen und nicht kritische Gegenpositionen hören, ob sie vielleicht sogar einer Meinung mit einer bestimmten Position sind und eine Kampagne befördern wollen), auch das kommt vor, genauso wie Ärzte, die von Pharmafirmen an allen Ecken und Enden bezuschusst werden. Ich habe trotzdem Vertrauen in die fachliche Qualität von Ärzten, wenn ich in ein Krankenhaus gehe.
In jedem Beruf gibt es Licht und Schatten, aber die Realität soweit zu verkennen, dass ganze Gruppen sich angeblich zu einer Verschwörung zusammengeschlossen haben, das kann ich absolut nicht nachvollziehen.