Mein erstes Auto war ein veritabler amerikanischer Straßenkreuzer, ein Ford Thunderbird, mit Rücklichtflossen, zweifarbig, d.h. mit metallic-kupferfarbenem Unterteil und weißem Oberteil, Weißwandreifen, und innen ganz mit weißem Leder ausgeschlagen. Ein echter Traum von einem Auto.
Das war 1985, ich war 35 Jahre alt und hatte einen Lehrauftrag an einer Universität in einer US-amerikanischen Kleinstadt ohne jeglichen öffentlichen Nahverkehr, und das gute Stück habe ich dort gebraucht für damals 2000 US Dollar erworben. Ein Jahr lang gondelte ich damit durch die nähere und weitere Umgebung meiner Stadt, erlebte das teilweise wie ein majestätisches Dahingleiten in einem Schiff in den unendlichen Weiten der amerikanischen Landschaft und war mir bewusst, dass ich wohl nie mehr in meinem späteren Leben ein so luxuriöses und komfortables Auto fahren bzw. mir leisten können würde. Es hatte ein Automatikgetriebe, ein elektrisches Schiebedach, elektrische Fensterheber und elektrische Sitzverstellung, einen Tempomat und ein gekühltes Handschuhfach sowie eine ebenfalls gekühlte Box für Getränke, Klimaanlage sowieso, eine hochwertige Stereoanlage - alles Dinge, die in Deutschland damals zwar schon bekannt aber nicht verbreitet und serienmäßig vorhanden, sondern höchstens als sehr teure Sonderausstattungen verhältnismäßig weniger Oberklasse-Wagen erhältlich und üblich waren. Umso mehr habe ich die Zeit, als ich es hatte, genossen.
Nach technischen Daten dürft Ihr mich nicht fragen, das hat mich nie interessiert und ich habe tatsächlich keine Ahnung und auch keine Unterlagen mehr darüber. Ein V8-Motor (das ist alles, was ich diesbezüglich behalten habe) schluckte für heutige Begriffe wahnsinnig viel Treibstoff, aber das war insofern kein Problem als der damals in den USA noch billig war, er kostete weniger als 50 Prozent des deutschen DM-Preises pro Liter. Allerdings hatte nach der ersten weltweiten Ölkrise auch in den autoverliebten USA bereits ein Umdenken eingesetzt bzw. es war der Beginn eines auch bei breiteren Bevölkerungsschichten entstehenden ökologischen Bewusstseins, es galt demzufolge bei den gebildeteren Schichten als nicht mehr zeitgemäß, einen Straßenkreuzer zu fahren, "man" , d.h. wer es sich leisten konnte, fuhr jetzt verbrauchs-ökonomischere europäische Wagen, die auch bereits mit Abgaskatalysatoren ausgerüstet waren, aber dafür ein Vielfaches der ehemals begehrten Straßenkreuzer kosteten, und stieß die riesigen "Schluckspechte" ab, auch wenn man nur miserable Preise dafür erzielen konnte - nur deshalb konnte ich so günstig an den Wagen kommen.
Meine Kollegen an der Uni erklärten mir dann mit hochgezogener Augenbraue, dass diese Art Auto doch wohl nur noch für Arme und Schwarze(!) in Frage komme - soviel an dieser Stelle zum Thema "Statussymbol"!
Daraus lässt sich unschwer schließen, dass ich mich in den Südstaaten befand. Und meinen Kollegen war auch nicht bewusst, dass meine damalige Dotierung wesentlich weniger komfortabel war, als ihre eigene, und dass der Wechselkurs, den ich in meine finanziellen Dispositionen einzubeziehen hatte, mir ein "politisch korrekteres" aber vielfach teureres Auto schlicht nicht erlaubt hätte...