Klaus Modick, Konzert ohne Dichter
Kürzlich bei einem Besuch in Worpswede erworben und gerade mitten in der Lektüre. Anlässlich des 150sten Geburtstags des vielseitigen Künstlers Heinrich Vogeler gibt es in Worpswede schwerpunktmäßig mehrere Ausstellungen sowie jede Menge Literatur über ihn, so auch den Roman von Modick.
Heinrich Vogeler, gefeierter Märchenprinz des Jugendstils, ist auf der Höhe seines Erfolgs. Im Juni 1905 wird ihm de Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen - für sein Gesamtwerk, besonders aber für das nach fünfjähriger Arbeit fertiggestellte Gemälde "Das Konzert oder Sommerabend auf dem Barkenhoff".
Während es in der Öffentlichkeit als Meisterwerk gefeiert wird, ist es für Vogeler das Resultat dreifachen Scheiterns: In seiner Ehe kriselt es, sein künstlerisches Selbstverständnis wankt und eine fragile Freundschaft zerbricht. Rainer Maria Rilke, der literarische Stern am Himmel der Worpsweder Künstlerkolonie, und sein "Seelenverwandter" Vogeler haben sich entfremdet - und "Das Konzert" bringt das auf subtile Weise zum Ausdruck: Rilke fehlt. Sein Platz zwischen den Frauen, die er liebt, bleibt demonstrativ frei.
Was Vogeler und Rilke zueinander führte und später trennte, welchen Anteil die Frauen daran hatten, die Kunst, das Geld und die Macht der Mäzene, davon erzählt Klaus Modick auf kunstvolle Weise. Auf der Reise zur Preisverleihung erinnert Vogeler sich an die Gründung der Künstlerkolonie, die Magie der ersten Begegnungen mit Rilke in Florenz und Berlin, die Euphorie des gemeinsamen Aufbruchs - und an Paula Modersohn-Becker und Clara Rilke-Westhoff, die Frauen, denen Rilke in einer skandalösen Dreiecksbeziehung verbunden war. Ein großartiger Künstlerroman, einfühlsam, kenntnisreich, atmosphärisch und klug.