Ich befasse mich mit dem Thema Tod und Sterben schon seit Jahrzehnten, als ich mit Schwerkranken überhaupt noch keinen Kontakt hatte. Auslöser war eine TV Dokumentation über eine krebskranke Frau, die nach ihrer unfausten Krebsdiagnose schon Jahre vor ihrem Tod erklärt hatte gehen zu wollen, wenn sie selbst den Zeitpunkt für angebracht hielte. Sie gab eine große Abschiedsparty für Familie und Freunde und zog sich anschließend zu ihrem vorbereiteten Sterben zurück.
Dieser Entschluss hat nicht nur in ihrer Heimat (USA?) Aufsehen erregt. Mich hat er zum Nachdenken gebracht. Ich kaufte ihr Buch in dem sie ihren Schritt erklärte. Sie war in ihren mittleren Jahren und ging bevor die Krankheit sie entstellte und sie nur noch größeres Leid erwarten konnte. Ich war entsetzt aber auch angefixt, mich mit dem Thema weiter zu befassen. Einige Bücher von Elisabeth Kübler-Ross gaben mir Infos über das Leben und Sterben von Kindern und Erwachsenen Schwerstkranken.
Viele Jahre später lernte ich schon während meiner Ausbildung in Krankenhäusern und im Seniorenheim die Praxis kennen. Bis zur Jahrtausendwende war Sterbehilfe nur über Grauwege möglich. Die deutsche Gesellschaft für humanes Sterben ermöglichte es ihren Mitgliedern schon lange bevor ich mich mit dem Thema befasste, den Freitod durch Zyankali zu wählen. Groß bekannt gemacht durch Inge Meysel.
Noch um 2003 propagierte die Heimleitung meines AG öffentlich die These „Wir lassen niemanden verhungern oder verdursten“. Wer bei seinem Angehörigen das Legen einer PEG zur Nahrungsgabe oder Flüssigkeit per Infusion verweigerte, wurde darüber aufgeklärt, dass dies bei uns nicht möglich war. Sie sollten ihre Kranken nach Hause holen, und dort selbst pflegen.
Eine sehr fragwürdige Einstellung. Ich präferiere den natürlichen Ablauf, wenn dem Todkranken nicht mehr zu einem lebenswerten Leben verholfen werden kann und der Tod schon in Sichtweite ist. .
In Krankenhäusern lief es damals ähnlich. Wer den Notarzt rief, musste damit rechnen, dass auf Teufel komm raus behandelt wurde. Manche Kranke lagen auf Intensiv und man erwartete ihr Ableben, während sie bewusstlos beatmet und infundiert wurden. Schmerzmittel (BTM) wurden zu dieser Zeit weit seltener verordnet als heute.
Die Wende kam mit den immer häufiger verfassten Patiententestamenten, in denen der Patient (muss natürlich geistig klar sein) seine diesbezüglichen Wünsche äußern konnte. Ergänzt durch eine Vorsorgevollmacht (sie soll eine gesetzliche Betreuung im Sinne des Kranken verhindern und regelt zum Bspl. wer Entscheidungen treffen darf) kann den Wünschen des Patienten Rechnung getragen werden.
Wenn eine solche Vollmacht vorliegt, ist in vielen Fällen geholfen. Leider nicht immer, aber in meinem persönlichen Umfeld konnte durch Unterlassung bestimmter Maßnahmen ein noch längeres Leiden verkürzt werden. Es geschah immer im Einverständnis mit den Angehörigen, Heim und Arzt. Allerdings habe ich in diesen Fällen die Pflege selbst übernehmen können.
Egal was bei dem Gesetz herauskommt, es bleibt immer noch die Frage, wer das Leben eines anderen aktiv beenden soll. Nicht jeder ist dazu bereit, auch nicht alle die dies von einem anderen erwarten. Passive Sterbehilfe ist in D schon länger erlaubt. Hinzu kommt inzwischen eine Reihe gut ausgebildeter Palliativmediziner und Palliativpflegekräfte, die auch im häuslichen Bereich ihre segensreiche Arbeit verrichten.
Ich meine, es hat sich schon allerhand gebessert. Man muss nur die Möglichkeiten kennen und ausnutzen.