Lakritze
Inhaltsstoffe:Lakritze enthält Glycyrrhizin, ein Gemisch aus Kalium- und Calciumsalzen der Glycyrrhizinsäure. Dieses Glykosid, das der Lakritze ihren Geschmack verleiht, besitzt in etwa die 50-fache Süßkraft von Rohrzucker. Durch Abspaltung des Diglucuronids entsteht aus Glycyrrhizin die 18-β-Glycyrrhetinsäure, die selbst keine Süßkraft mehr besitzt. In geringer Konzentration sind zahlreiche Triterpensaponine wie das 24-Hydroxyglycyrrhizin und die Sojasaponine I und II enthalten. Neben weiteren Glykosiden wie Glabrinsäure und Oleanolsäurederivate enthält Süßholzwurzel mehr als 40 identifizierte Flavonoide. Hierzu gehören das Chalconderivat Isoliquiritigenin und das zugehörige 4-O-Glycosid Isoliquirtin und das Flavanon Liquiritigenin und sein Glycosid Liquiritin. Auch Isoflavone wie Formononetin, oder auch Sterin und höhere Alkohole sind nachgewiesen worden. Weiterhin sind Cumarine wie beispielsweise das auch in Doldenblütlern wie Liebstöckel vorkommende Umbelliferon enthalten. An flüchtigen Aromastoffen wurden neben anderen Anethol und Gerianol identifiziert. Das saure Polysaccharid Glycyrrhizan GA ist der Hauptbestandteil der weiterhin enthaltenen Polysaccharide.
Medizinische Verwendung:
Geraspelte Süßholzwurzel nach Vorschrift der Ph. Eur.Süßholzwurzel wirkt aufgrund der enthaltenen Saponine, vor allem der Glycyrrhizinsäure, expektorierend (auswurffördernd), sekretolytisch (schleimverflüssigend) und sekretomotorisch (schleimlösend). Bei Süßholzextrakten wurde eine antibakterielle und antimykotische Wirkung nachgewiesen. Typische Anwendungsgebiete sind Husten, Bronchialkatarrh und andere Erkrankungen der oberen Atemwege.
Bei Gastritis und Magengeschwüren findet die Süßholzwurzel ebenfalls Anwendung. Die experimentell und klinisch belegte entzündungshemmende und krampflösende Wirkung ist noch nicht vollständig geklärt. Die nachgewiesene entzündungshemmende Wirkung der Glycyrrhizinsäure soll aber nicht durch eine Hemmung der Prostaglandinbiosynthese, sondern durch Einfluss auf die Wanderung der Leukozyten zum Entzündungsort entstehen.[2] Daneben beeinflusst Glycyrrhizinsäure selbst den Steroidstoffwechsel, indem sie das Enzym Steroid-5β-Reduktase (EC 1.3.99.6), möglicherweise auch die NAD+-abhängige 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 2 hemmt. Diese Enzyme bauen Cortison und Aldosteron ab, ihre Hemmung führt daher zu einer Verlängerung der biologischen Halbwertszeit der Corticosteroide sowie bei hohem Aldosteronspiegel zu Bluthochdruck und Kaliumverlust.[3]
Zur Behandlung der chronischen Hepatitis und der Leberzirrhose wird im ostasiatischen Raum Glycyrrhizinsäure in Kombination mit Glycin und Cystein als Infusion eingesetzt. Für Glycyrrhizin wurde eine antivirale Wirkung bei Hepatitis A und C belegt.[4] Auch soll der Süßholzzucker die Produktion eines Virusproteins der Herpesviren blockieren, das normalerweise die Entdeckung des Erregers durch die Zelle verhindert.[5] Ohne dieses Protein bemerken die Zellen den Eindringling und leiten ihren eigenen Tod ein. Die dafür nötige Dosis ist allerdings viel zu hoch, um durch normalen (gesundheitlich unbedenklichen) Lakritzkonsum erreicht zu werden, und wurde nicht am lebenden Menschen, sondern nur an Zellkulturen nachgewiesen.[6] Weitere Forschungen untersuchen auch die antivirale Wirkung auf das Kaposi-Sarkom-auslösende Herpesvirus.[7]
Die medizinische Wirkung der Süßholzwurzeln war schon in der Antike bekannt. Die Ägypter des Altertums schätzten Lakritze sehr und kannten ein Lakritzegetränk namens Mai sus. Theophrastos von Eresos, der um 350 v. Chr. lebte, schätzte Lakritze als Heilmittel gegen Husten und als Durstlöscher. Es soll daher zur Standardausrüstung der römischen Soldaten gezählt haben. Tim Richardson weist in seiner Geschichte der Süßigkeiten darauf hin, dass auch französische und türkische Soldaten im Ersten Weltkrieg Lakritze im Marschgepäck hatten.
In Mitteleuropa kennt man Lakritze als Heilmittel seit dem Mittelalter. In Großbritannien wurden Lakritztaler zu therapeutischen Zwecken hergestellt. Erst 1760 setzte ein Apotheker namens George Dunhill der Lakritze Zucker zu, so dass sie von da an als Süßigkeit verzehrt wurde. In der chinesischen Medizin ist die chinesische Lakritze (G. inflata, eine verwandte Süßholz-Art) nach wie vor ein Standardheilmittel. Es wird dort als Tonikum für das Herz eingesetzt sowie bei Geschwüren, Erkältungen und Hautunreinheiten verwendet.
In der Kombination mit Ammoniumchlorid und Anisöl wird Süßholzwurzelextrakt zu Salmiakpastillen verarbeitet. Als „traditionell angewendetes Arzneimittel zur Schleimlösung im Bereich der Atemwege“ bezeichnet, wurden sie bereits in Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis von 1925 beschrieben.
Getrocknete Süßholzstangen werden auch zur Zahnpflege gekaut, wobei neben den enthaltenen Inhaltsstoffen auch die Eigenschaft des Holzes zum tragen kommt, beim Kauen am Ende stark auszufasern und so eine natürliche Zahnbürste zu formen.
Verwendung als Genussmittel:Lakritze als Süßigkeit
Süße LakritzeBei der Herstellung werden die Inhaltsstoffe aus den Wurzeln extrahiert und eingedickt. Zusätzlich werden Zuckersirup, Mehl und Gelatine zugesetzt, um daraus die üblichen Lakritzformen herzustellen. Vermischt mit Stärke, Agar, Anis, Fenchelöl, Pektin und teilweise Salmiak werden die üblichen Lakritzvariationen hergestellt. Angeblich hat Lakritz je nach Anbaugebiet einen unterschiedlichen Geschmack. Kenner sollen den Geschmacksunterschied zwischen den in Spanien, Italien, der Türkei und Frankreich angebauten Pflanzen herausschmecken können.
Die schwarze Farbe, die Lakritzsüßigkeiten in der Regel haben, ist künstlich verstärkt.
In den Niederlanden und Skandinavien ist Lakritze (nl. drop, dän. lakrids) sehr verbreitet und wird in den verschiedensten Geschmacksrichtungen und Formen als Süßigkeit angeboten. Hauptsächlich wird zwischen süßem (nl. zoet, dän. sød) und salzigem (nl. zout, dän. salted) unterschieden. Vor allem in Skandinavien wird der Lakritze Salmiak beigemischt, welches sehr intensiv im Geschmack ist. Im süddeutschen Sprachraum, in der Schweiz sowie in Österreich wird die süße Lakritze mundartlich oft auch Bärendreck genannt, weil der Ulmer (später Nürnberger) Süßwarenfabrikant Karl Bär auf viele Lakritzarten teilweise europaweit Patente innehatte.
liquorice allsortsAus Großbritannien stammen die sogenannten liquorice allsorts, bei denen Stücke von Lakritze mit verschieden aromatisierten, lakritzefreien Schichten umhüllt oder gefüllt werden; unter verschiedenen Markennamen werden liquorice allsorts international verkauft.
Formvarianten (u.a. Brezel, Schnecke und Pfeife)
Lakritztaler aus Hartlakritz (links) und Weichlakritz (rechts)Ein weiterer charakteristischer Bestandteil von Lakritzwaren ist Ammoniumchlorid, auch Salmiak genannt. In Deutschland dürfen Lebensmittel ohne Warnhinweis auf der Verpackung nicht mehr als 2 Prozent Salmiak enthalten. Lakritzwaren mit einem höheren Gehalt an Salmiak müssen einen Warnhinweis auf der Verpackung haben. Dieser lautet:
1.Erwachsenenlakritz – kein Kinderlakritz bei Gehalten über 2 % bis 4,49 %
2.Extra stark, Erwachsenenlakritz – kein Kinderlakritz bei Gehalten über 4,49 bis 7,99 %
Lakritz kann den Elektrolythaushalt des Körpers beeinflussen und zu Bluthochdruck, Kopfschmerzen und Ödemen führen. Diese Wirkung beruht darauf, dass einer der Hauptinhaltsstoffe der Lakritze (Glycyrrhizin) den Mineralocorticoidstoffwechsel beeinflusst. Derselbe Mechanismus hemmt auch den Abbau von 4-(Methylnitrosamino)-1-(3-pyridyl)-1-butanon (NNK). NNK trägt als wichtiges Karzinogen der Zigarette zum Lungenkrebsrisiko bei.[8] Die Tabakverordnung erlaubt den Zusatz von Lakritz als Aromastoff, der Gehalt in verschiedenen Zigarettenmarken kann auf der Website des BMELV nachgeschlagen werden.[9]
Obwohl derzeit noch keine gesetzlichen Höchstgrenzen für Glycyrrhizin festgelegt worden sind, warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung dennoch vor übermäßigem Lakritzgenuss. Lakritzprodukte, die mehr als 200 Milligramm Glycyrrhizin pro 100 Gramm Lakritze enthalten, müssen in Deutschland als Starklakritz gekennzeichnet sein.
Insbesondere als Süßigkeit für Kinder ist Lakritz seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts in zahlreichen Formen beliebt, so als Schnecken, Rauten oder als Taler. Die Lakritzmünzen der Firma Haribo wurden ab 1925 als Negertaler, umgangssprachlich auch Negergeld, vertrieben; wegen des teilweise als diskriminierend empfundenen Ausdrucks wurden sie 1993 umbenannt.[10]
Quelle:Wikipedia