Frankfurt - Mousonturm "BODIES OF BABEL"
Donnerstag 29.9. - Samstag 1.10. 2011
Bodies of Babel - Projecting the Body in the Moving Image
"In olden days a glimpse of stocking
Was looked on as something shocking,
But now, God knows,
Anything goes
Good authors too who once knew better words
Now only use four-letter words
Writing prose,
Anything goes"
Cole Porter, 1934
Wie hat sich der Umgang mit dem menschlicher Körper durch den Film verändert? Hat sich die von Linda Williams 1989 im Untertitel ihres Buchs "Hard Core" konstatierte "Raserei des Sichtbaren" fortgesetzt oder haben neue soziale Netzwerke und Selbstdarstellungstechniken Spiegelsäle geschaffen, in denen sich Begehren anders richtet? Seit der Erfindung bewegter Bilder ist die menschliche Physis gleichermaßen Untersuchungsgegenstand und Fluchtpunkt von Sehnsüchten: Der Körper einerseits als Fokus forschender Analyse (z.b. in den Arbeiten Muybridges und Richard Oswalds) und ästhetisierte Projektionsfläche andererseits. Prägt diese in der Geburtsstunde des Mediums angelegte Ambivalenz bis heute den Blick, insbesondere im pornographischen Film? Welche Wirkung hat dieser Blick auf die Betrachteten? Kann die Kamera zum Gegenüber werden?
"Bodies of Babel" hat es sich zur Aufgabe gemacht, jene Betrachteten aus verschiedenen Epochen zu Wort kommen zu lassen, in einem erweiterten performativen Resonanzraum, der Philosophie, Theater und Musik streifen muss, um im besten Fall zu unerwarteten Perspektiven zu gelangen. Wo bestehen Gemeinsamkeiten zwischen Baletttänzern, Schauspielern, Popsängern und Pornodarstellern, und welches ästhetisch-moralische Gefüge liegt den Genregrenzen zugrunde? Welche Veränderungen hat dieses Wertgefüge in den letzten Jahrzehnten durchlaufen? Zur Hochzeit des Porn Chic in den siebziger Jahren suchten nicht wenige Schauspieler offensiv die Nähe bekannter Pornostars, darunter Stars des New Hollywood wie Warren Beatty und Jack Nicholson- aber auch alte Showgrössen wie Sammy Davis Jr. Trotz vieler Versuche ist es aber damals keinem durch „schmutzige" Filme bekanntwordenem Schauspieler gelungen, dauerhaft in das „saubere", künstlerisch anerkannte Filmgeschäft zu wechseln. Paradoxerweise nannten im letzten Jahrzehnt viele neue Pornodarsteller den nur mit Mühe als Propaganda lesbaren Film "Boogie Nights" als Inspiration für den Einstieg in diesen ambivalenten Berufszweig. Haben sich die Zeiten geändert? Oder drehen wir die Uhr immer wieder zurück, wie Cole Porter es beschrieb? Kann jemand wie Sasha Grey, ein zweifellos intelligenter Shootingstar des als Gonzo bekannten drastischen, antinarrativen Subgenres, dieser von ihr als Kunst verstandenen Form entwachsen und sich als Schauspielerin, Musikerin oder Photografin etablieren?
Einerseits scheint Pornographie in Zeiten von "youporn" tief in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein, andererseits erscheinen die Ausübenden immer noch subtil stigmatisiert- zumindest wenn Sie länger ein Teil der "Industrie", wie sie die kalifornischen Sexarbeiter nennen, bleiben. John Stagliano, eine weitere Legende des Gonzo Porn, sieht den Mut, sich dem auszusetzen, als eine Qualität an: "People in porn have the courage to be disliked by a large portion of society". Andererseits nehmen keineswegs des Puritanismus verdächtige Kenner wie John Waters an, dass ein hoher Prozentsatz gerade weiblicher Darsteller irgendwann Opfer sexuellen Missbrauchs waren. Bis in die frühen Achtziger gab es weltweit nur eine Handvoll Menschen, die sich vor der Kamera offensiv sexuellen Handlungen hingaben, heute geht diese Zahl wohl eher in die Hunderttausende. Und Millionen sehen Ihnen zu.
Wagen wir ein Gespräch mit dem Begehren herauszufinden, wie es dazu kam.
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29. September
Sasha Grey USA
Neü Sex
Bodies of Babel – Projecting the Body in the Moving Image
„Porno ist Teil der Popkultur" sagt Sasha Grey, die mit 18 Jahren ihren ersten Porno drehte und in der Branche schnell zur erfolgreichsten Newcomerin aller Zeiten wurde. Als sie nach L.A. zog, wollte sie innovative Pornofilme drehen. Mittlerweile ist sie in der Popkultur angekommen und arbeitet mit Regisseuren und Musikern wie Steven Soderbergh oder Moby. Mit der im Oktober erscheinenden Monografie „Neü Sex" steht sie jetzt nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera. In Bildern und persönlichen Essays zeigt sie die Bandbreite ihrer exzessiven, aber auch zerbrechlichen Persönlichkeit. Einige der Fotografien zeigt sie bei der Ausstellungseröffnung zum Auftakt des Festivals.
Sasha Grey USA Neü Sex Bodies of Babel - Festival
29. September l Beginn: 19:00
Theatersaal
VVK & AK: € 22.-, ermäßigt: € 11.- für den gesamten Abend / Festivalpass € 44,-
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Alle Festivaltermine:
Donnerstag 29.09.11
19:00 Sasha Grey USA Neü Sex
Bodies of Babel - Festival
Ausstellungseröffnung l Theatersaal
20:00 9to5 – Days in Porn (OmU)
Bodies of Babel - Festival
Film l Theatersaal
22:30 Chris & Cosey UK
Bodies of Babel - Festival
Konzert l Theatersaal
Freitag, 30.09.2011
20:00 Podiumsdiskussion:The Body in the Moving Image
Mit: Sasha Grey, Peaches, Jens Hoffmann, Diedrich Diederichsen u.a.
Bodies of Babel - Festival
Podiumsdiskussion in englischer Sprache l Theatersaal
22:00 Love Inks USA
Bodies of Babel - Festival
Konzert l Theatersaal Video
23:00 Narcissister USA
Bodies of Babel - Festival
Performance l Theatersaal
23:30 DJ Peaches CDN
Bodies of Babel - Festival
Party l Theatersaal
Samstag 01.10.11
19:00 Marc Siegel D “A Sex Issue of the Cocktail World” – Jack Smith’s Flaming Creatures
Bodies of Babel - Festival
Vortrag in englischer Sprache l Theatersaal
20:00 Flaming Creatures (OV) von Jack Smith
Bodies of Babel - Festival
Film l Theatersaal
21:30 Scott Matthew AUS
Bodies of Babel - Festival
Konzert l Theatersaal