Mutter+Sein
Die wichtigste Erfahrung meines Lebens, mein lebensverändernder Moment, war sicherlich, Mutter zu werden. Etwas, das das Natürlichste auf der Welt für eine Frau sein sollte, und doch ist dieses Etwas heute mit so vielen verquasten Theorien, Ängsten und gegensätzlichen Ansichten verbunden.Ehrlich gesagt, mag ich die Vollblut-Mütter nicht, die, die nur von ihren Schwangerschaften oder Kindern reden können. Ich brauche nicht ständig zu wissen, wie es den Kleinen geht, und ob die Verdauung sich wieder geregelt hat. Ich möchte gar nicht hören, wie ungerecht die Lehrer sie behandeln, wo jeder wissen sollte, dass sie ohne Weiteres eine Klasse überspringen könnten, würden sie nur richtig gefördert. Es interessiert mich in den allermeisten Fällen kein bisschen.
Es gibt Frauen, für die das AufdieWeltbringen und Erziehen von kleinen Menschen die Erfüllung und der Sinn ihres Lebens ist. Es ist alles, was sie jemals wollten und sie fühlen sich erfüllt und glücklich, wenn sie endlich befruchtet wurden. Ich freue mich für sie, ehrlich. Mein mitfühlendes Herz sprang vor Freude, als meine baby-hungrigen Freundinnen sich endlich fortpflanzen konnten. Es machte sie glücklich und die „Ich kann einfach nicht schwanger werden, egal wie oft wir es treiben und wie lange ich danach mit erhobenen Beinen daliege“- Geschichten waren endlich vorbei. Zuviel Information.
Für so manch Andere, wie mich, ist die Beziehung mit der Nachwuchsfrage lange komplizierter gewesen. Diese anderen Frauen befinden sich jahrelang in einem schwankenden Boot namens Konflikt. Zwischen dem überdeutlichen, nicht zu ignorierenden Bewusstsein, dass Babies, Mutterschaft, Fortpflanzung etwas Natürliches sind einerseits, und unseren anderweitigen Ambitionen andererseits.
Wir haben die Bauteile, wir sind gemacht dafür, und wir sind clever, entwickelt, gebildet und ehrlich genug, das Wissen darum nicht zu unterdrücken. Es gehört zu uns, auch wenn es sich jahrlang nur in „Mein Gott, hab ich die Pille genommen?“, „Nicht ohne Kondom!“ und sich monatlich wiederholenden Angstzuständen äußert.
Unsere feministischen Mütter und Vorstreiterinnen für so vieles, das wir heute als selbstverständlich empfinden, glaubten noch, wir müssten unsere Eierstöcke ignorieren, damit unsere Gehirne mehr Aufmerksamkeit erhielten. Ich danke ihnen für alles, was sie erreicht haben.
Ich kann dank sei ihnen heute offen und selbstbewusst sagen: Wir brauchen unsere angeborene Weiblichkeit nicht zu unterdrücken und den Männern ähnlich werden, um (fast) auf dem gleichen Niveau wie sie behandelt zu werden. Wir sind nicht weniger wert, nur weil wir anders sind.
Ds Dilemma liegt darin: die natürlichen Instinkte der Frau, die wir heute weder zwingend ausleben, noch unterdrücken müssen auf der einen, und der Ehrgeiz, etwas „anderes“ zu tun, dem Leben einen Sinn zu geben, dem ich nicht außerhalb meines Körpers beim Aufwachsen zusehe, auf der anderen Seite.
Mit „anderes“ meine ich... Alles. Die Freiheit, jede aufregende, inspirierende Gelegenheit beim Schopf zu packen, die sich ergibt. Großartige Jobs, Reisen, Nächte durchmachen mit Freunden, Urlaubsflirts, Genusssucht ausleben und eine Million anderer Möglichkeiten, die ein ehrgeiziges Mädchen morgens aus dem Bett treiben, selbst an schlechten Tagen.
Natürlich gibt es überall auf der Welt Mütter, die offenbar all diese Gelegenheiten noch immer nutzen und leben, wie sie möchten. Die Idee, dass man „anders und einzigartig“ ist, und dazu fähig, alles zu haben, ist jedoch eine ironische Lüge, die sich viele werdende Mütter einreden, damit sie das Muttersein begrüßen können, ohne ihre verlorene Freiheit betrauern zu müssen.
Denn lasst uns ehrlich sein: in dem Moment, in dem du dich wahrhaftig an einen anderen Menschen bindest, ist deine bisherige Selbstständigkeit vorbei und Dinge ändern sich.
Und erst wenn man schwanger ist, wird einem bewusst, dass man mit keinem Freund, Ehemann oder Partner, egal, wie wichtig er einem ist, jemals eine so große Bindung haben kann, wie mit diesem neuen Leben. Man fängt an zu verstehen, was Selbstlosigkeit, Verpflichtung und wahre, nie endende Bindung wirklich bedeutet. Und für viele ist das fürchterlich Angst einjagend.
Aber für die Bewussten unter uns bedeutet der Verlust einer gewissen Freiheit, so sehr wir es auch bedauern mögen, nicht automatisch eine Zukunft als nachlässige Eltern, die trotz Kindern alles wie vorher ausleben möchten. Ich glaube, dass man, mit Verständnis und Respekt für sich selbst, weiterhin sein Leben mögen kann.
Zu der Voraussetzung dafür, sich befreit nach vorne zu wenden und die Dinge, die man neu dazu gewinnt, wirklich wertschätzen zu können, gehört es auch, Trauer zuzulassen und gewisse Dinge zu bedauern. Man hat weniger das Gefühl, etwas zu verlieren und zurückzulassen, sondern sich zu ändern und weiß, dass man sich freuen kann auf all die neuen Erfahrungen, die man dazu gewinnt.
Die neuen, starken Frauen, zu denen ich mich gern zähle, gehen an das Thema Mutterschaft heute mit dem gleichen Durchsetzungsvermögen, der gleichen Hingabe, Liebe und Begeisterung heran, wie an alle anderen Unternehmungen.
Der Gedanke, Frauen, die über Nachwuchs gemischte Gefühle haben oder hatten, würden schlechtere Mütter als die, die sich ihr Leben lang nichts Schöneres vorstellen konnten, ist genau die Art von Denken, auf die ich immer wieder treffe und die ich als etwas Gefährliches betrachte.
Was haltet ihr davon?