Beim Vorwurf "Zickigkeit" nicht klein beigeben
Hallo ihr lieben,ich habe mich zwar bisjetzt noch nicht so viel in diesem Forum eingebracht, zur Zeit beschäftigt mich aber ein Thema, bei dem ich mir vorstellen kann, dass es hier ganz gut aufgehoben ist.
Es geht darum, dass ich in meinem eigenen Verhalten immer wieder beobachten kann, wie ich klein beigebe, mich für mein Verhalten entschuldige (und auch wirklich das Gefühl habe, etwas falsch gemacht und überreagiert zu haben), sobald der Vorwurf kommt, ich würde "rumzicken" oder "hysterisch sein". Auch Formulierungen wie "kompliziert" oder "verkrampft" führen ziemlich schnell dazu, dass ich zurückrudere, ohne nochmal nachzudenken. Denn genau das will ich alles nicht sein.
Und harmoniebedürftig (= mit jedem auskommen wollen, auch mit den Leuten, die ich garnicht so toll finde, und es nicht stehen lassen können, wenn es einen Streit - auch über ein unpersönliches, etwa politisches Thema - gab) bin ich eh.
Je mehr ich das beobachte, desto mehr frage ich mich aber: Muss das sein? Muss ich mich wirklich entschuldigen? Hab ich wirklich was falsch gemacht? Und, tatsächlich, auch, wenn ich mich immer hüte, die Sexismuskeule zu schwingen: Wäre das nicht ganz anders bewertet worden, wenn ich ein Mann wäre?
Mir geht es vorallem darum, zu lernen, mit der Enttäuschung, der Wut, dem temporären Rückzug von anderen klarzukommen. Wenn ich immer sofort "Ach, mist, da hab ich mich doof verhalten, das tut mir Leid" raushaue, verbaue ich mir die Chancen, dass Dinge auch mal so gemacht werden, wie ich das will. Und das bin ich Leid.
Kennt ihr die Problematik? Wenn ja, wie geht ihr damit um? Gibt es hier vielleicht auch Frauen, die ein ähnliches Gefühl von "Wenn mich nicht alle zu jedem Zeitpunkt lieb haben und zufrieden mit mir sind, ist nicht alles in Ordnung" kennen? Wie habt ihr gelernt, mit der Ablehnung von anderen umzugehen und sie nicht als Ablehnung von euch als Ganzes sondern von eurer Verhaltensweise zu sehen - und die Verhaltensweise dennoch durchzuziehen (!)?
Falls sich jemand nicht vorstellen kann, was ich überhaupt meine, noch ein Beispiel, dass mich im Moment akut beschäftigt.
Ich wohne in einer 5er-WG und ich und meine 3 jetzigen Mitbewohner (2 Typen und 1 Mädel) suchen in der letzten Zeit einen neuen Mieter. Am Anfang habe ich mich darum gekümmert, die Anzeige online zu stellen, die Zeiten mit meinen Mitbewohnern abzustimmen, habe mit meiner weiblichen Mitbewohnerin für die Bewerber gebacken, Tee gekocht, wir haben alle geputzt (sie und ich selbstverständlich, Mitbewohner 1 nach Aufforderung und Mitbewohner 2 nach mehrfacher Aufforderung 10 Minuten vor dem 1.Termin) und dann sind sie und ich auch mit den Leuten sitzen geblieben und wir haben uns mit ihnen unterhalten. Meine männlichen Mitbewohner haben sich entweder etwa die Hälfte der Zeit blicken lassen (1) oder 5 Minuten (2).
Ihr könnt es euch denken - als es zur Entscheidung kam, hat ausgerechnet der Mitbewohner, der erst kurz vorher geputzt hat, kaum da war und so weiter zweimal sein Vetorecht eingelegt (und das mit fadenscheinigen Begründungen). Ich war dann erstmal total sauer und habe angekündigt, dass ich nicht weiter suche sondern das jemand anders machen soll.
Ungefähr einen Monat stand diese Bitte im Raum, ohne, dass sich jemand drum gekümmert hätte, am Ende hat es (unter "Hättste mal was gesagt"-Gegrummel) besagter Mitbewohner 2 übernommen. Gestern und heute kamen/kommen die Leute jetzt und als ich das auf Nachfrage gehört habe, habe ich meinen Mitbewohner darum gebeten, den Bewerbern zu sagen, dass sie noch mit mir skypen "müssen" bzw. sollen. Es sind Semesterferien, ich bin grade zu Hause und die anderen in unserer WG. Natürlich hat er, im Gegensatz zu mir, nicht mit allen abgecheckt, wann sie da sein können, mir nichtmal von sich aus Bescheid gesagt usw. Auf diese Aufforderung hin wurde dann ein riesen Ding losgetreten, ob die jetzt mit mir skypen müssen oder nicht und im Endeffekt habe ich von meiner Forderung abgelassen und gesagt, dass ich darauf vertraue, dass die anderen das schon einschätzen können (was bedingt stimmt, da wir sehr unterschiedliche Persönlichkeiten sind und sich das auch schon bei der Bewertung der anderen Bewerber gezeigt hat). Weil die ganze Stimmung in der WG gekippt ist und alle 3 jetzt von meiner "Zickigkeit", "Konrollsucht", "Unentspanntheit" und meinem "Misstrauen" (und ja, zumindest in "Mitbewohner 2" hab ich recht wenig vertrauen, was die Erledigung von Aufgaben angeht - dafür hat er mir aber auch allen Grund gegeben) genervt waren, auch das andere Mädel, war ich auch noch kurz davor, mich bei Mitbewohner 2 für mein Verhalten zu entschuldigen. Erst nach einer ganzen Weile fiel mir auf, wie doof das ist. Jeder hat das Recht, mitzubestimmen und einen Veto einzulegen - und wenn sie das nervt, ist das ihr Problem und nicht meines. Ich muss mich nicht rechtfertigen oder entschuldigen und dass die Stimmung in der WG aufgrund meiner Forderung genervt ist, ist kein Grund dafür, sie zurückzuziehen oder mich gar zu entschuldigen. Ob ich danach handle, ist aber die andere Frage.
Und: in solchen Situationen finde ich mich ständig wieder. Egal, ob es WG-Themen sind ("Mensch, jetzt zick doch nicht so rum, nur weil XY seit 2 Wochen seinen Bereich nicht geputzt/ alle Pfannen dreckig gemacht hat und für niemand anderen mehr welche übrig sind") oder es andere Lebensbereiche betrifft (Typischer Satz von mir "Tut mir Leid, dass ich da emotional so überreagiert habe, ich bin manchmal eine echte Zicke (! sag ich selbst schon) " in Situationen, die eigentlich einer Klärung bedürfen und in denen meine Gefühle von Wut, Trauer o.ä. eigentlich angebracht oder zumindest existent und damit wichtig sind).