Miteinander reden hilft.
Kann ich selbst schon nicht mehr hören.
Doch gerade bei ADHSlern ist wegen genau diesen Geschichten (emotionale Dysregulation) gute Kommunikation so richtig elementar für eine gesunde Beziehung - egal, wie diese aussieht. Denn die Beziehungsform an sich definiert nicht die Qualität der Kommunikation, die man miteinander hat.
Für meinen Teil dachte ich auch, ich wäre nicht für F+ und Affären geschaffen, da ich eine Qualität und Quantität im Austausch miteinander brauche, die kaum jemand gewillt sein wird an den Tag zu legen, wenn da keine romantischen Gefühle im Spiel sind. Tatsächlich habe ich Affären und F+ die bald meine längste romantische Beziehung übertreffen.
Der Krux ist: Liebe allein reicht nicht.
Man kann noch so sehr lieben und denken, damit würde schon alles irgendwie... nope. Man muss miteinander reden, über Gefühle, ja, auch über die eigenen. Nicht nur ab und an mal sondern regelmäßig. Und leider Gottes auch auf einem sehr hohen Niveau, sprich Tiefe, denn gute Beziehungen zu ADHSlern sind nichts für Amateure. Zumindest nicht, wenn's um mich geht
Für meinen Teil musste ich mir auch erstmal bewusst werden, dass ich eine emotionale Sprengkraft besitze. Die ein neurotypischer Mensch nicht unbedingt besitzt oder gar kennt. Mit der sich auch ein ADHSler aktiv auseinandersetzen muss, denn nur weil man zu diesem Club gehört, macht einen das nicht automatisch gescheit.
Dann galt es herauszufinden, wann und warum das zu Tage tritt. Die Gründe liegen bspw. bei mir darin, dass ich in meinem Leben systematisch die Erfahrung gemacht habe, als wertlos und unzureichend rückgemeldet zu werden. Systematisch deswegen, weil ich von klein auf von nahestehenden Menschen dieses Gefühl vermittelt bekam und ich dann alles was mir im Leben wiederfahren ist, mit diesem vorgestanzten Schema wahrgenommen habe: Das Negative, was die Glaubenssätze von damals bestätigt, bleibt haften, während alles was eigentlich positiv ist und gut für mein Selbstbild wäre, regelrecht an mir abprallt und kaum Wirkung entfaltet.
Das Gemeine ist: Ein Gegenüber muss nicht unbedingt explizit kommuniziert haben, dass ich wertlos sei - bei mir kommt allerdings vieles sehr schnell so an, weil ich dafür ja ein Schema im Kopf habe, das bestätigt werden will.
Und genau da kommen dann wieder ADHS-Spezifika dazu, die wie ein Booster wirken:
• ADHSler brauchen mehr positive Bestätigung darüber, das sie akzeptiert, gemocht, geliebt werden als neurotypische Menschen. Das ist wichtig für uns, damit wir mit Kritik umgehen können.
(Trotzdem muss unser Gegenüber auch Kritik üben können, wenn es etwas zu kritisieren gibt. Wie will man das hinbekommen, wenn man nicht auf einem zugegeben sehr hohen Level miteinander kommuniziert?)
• ADHSler neigen zu schwarz/weiß Schemata.
Das ist etwas, was vielen nicht bewusst ist - weder den ADHSlern selbst, noch deren neurotypischen Gegenüber.
Das Bewusstsein darüber als auch entsprechende Lösungen (Kommunikation!) sind unglaublich elementar um auf Dauer eine gute Beziehung führen zu können.
In dieser Hinsicht neige ich also ganz ADHS-Typisch zu zwei Extremen: Entweder ich sehe mich ebenfalls als unzureichend und wertlos an oder ich werde darüber fuchsteufelswild und denke mir: Ich bin ein toller Mensch und habe es nicht verdient scheiße behandelt zu werden.
Triggert demnach in einer zwischenmenschlichen Beziehung irgendwas dieses Thema, dann reagiere ich ab einem gewissen Punkt (ab dem ich mit meinem Bedürfnis nach klärender Kommunikation beim Gegenüber nicht mehr weiter komme) mit starker Emotionalität. Dann auch meistens in einem Modus der angreift oder verteidigt. Durch mein ADHS kriegt meine Reaktion dann mitunter also richtig WUMMS.
Gepaart damit, dass es mich unentwegt viel Kraft kostet, mich nicht so zu verhalten, wie ich es eigentlich erlernt habe (Stichwort physische und psychische Gewalt), tut es dann regelrecht gut, wenn ich verbal mal so richtig auf die Kacke hauen kann und jemanden mit Worten filetiere... erst recht, wenn's gefühlt auch noch absolut verdient ist. /*angry Hulk noises*
Das hat schon zwischenmenschliche Beziehungen gekillt.
Nicht viele explizit deswegen aber bei ein oder zweien dachte ich mir schon: Fuck, das hätte ich jetzt nicht so weit kommen lassen dürfen.
Dennoch kann und will ich es nicht alleine verantworten, wenn es so läuft. Denn stets bin ich die treibende Kraft wenn's um das Thema Kommunikation geht und nicht selten musste ich regelrecht darum flehen, dass wir uns beide! aktiv! bewusst! um gute Kommunikation kümmern und uns dahingehend zusammen entwickeln.
Wer das nicht kann oder nicht will... tja.
Deal with Hulk or fuck off.
Meine Lösung für das Thema:
Hulk unter Kontrolle bringen
• Sich aktiv mit dem Thema beschäftigen - zerlegen, verstehen, optimieren.
• Dabei professionelle Unterstützung einholen, bspw. Gesprächstherapie oder Ergotherapie mit Fokus auf ADHS-Spezifika.
• Den Hulk nicht töten oder einsperren, sondern zu einem Avenger machen: Ihn trainieren und nur bewusst raus lassen, wenn er etwas gutes bewirken kann.
Normalsterbliche schützen
• Menschen die einem nahe stehen darüber aufklären, warum Kommunikation gerade hinsichtlich ADHS essentiell ist und wie diese Kommunikation aussehen muss, damit sie nicht versehentlich den Hulk wecken (besonders wichtig, wenn das Hulk-Training noch nicht abgeschlossen ist).
• Den Mut haben, Menschen auf Distanz zu halten oder aus dem Leben zu entfernen, wenn sie diesen Anforderungen nicht gewachsen sind.
Mein Hulk gehört nämlich zu mir.
Ich tue alles um ihn bei seiner Entwicklung zu einem Avenger zu unterstützen. Das tut man nämlich, wenn man wahrhaftig liebt. Und ich übe mich in dieser Selbstliebe, denn ich bin sie mir wert.