Puhhh...
Ich wähle die folgenden Worte bewusst etwas überspitzt (also ab jetzt;-) ), da ich so langsam doch Bauchschmerzen beim Lesen der letzten Kommentare hier bekomme. In meinen Augen driftet das Ganze immer weiter von einer ein weiten Teilen faktenbasierten Diskussion zu wilden Spekulationen, esoterischen angehauchten Weisheiten und eben jener Angst und Unsicherheit ab, die das nüchterne Bewerten und Abwägen der Lage verkompliziert.
Vielleicht ist es aber auch eine Form von Generationenkonflikt (soweit ich gesehen habe, bin ich deutlich jünger als der Rest hier in diesem Forum); vielleicht sind meine Zukunftssorgen deutlich größer als bei denjenigen, die die Jahre bis zur Rente an einer oder zwei Händen abzählen können. Ich bin kein Beamter auf Lebenszeit und ich werde ganz sicher zu der Generation zählen, die - auch durch den riesigen Schuldenberg, der sich mit jedem Tag den die Pandemie zu lange dauert vor uns auftürmt - keine so gesicherte Altersversorgung genießen wird.
Ich denke jeder hier möchte doch, dass diese Pandemie schnellstmöglich vorbei ist, die Beschränkungen wieder wegfallen, wir wieder reisen dürfen, man ohne mulmiges Gefühl seine alten Eltern oder schwer vorerkrankte Freunde treffen kann. Der eine oder andere hier möchte sicherlich auch wieder in den Swingerclub...
Welche Optionen haben wir?!
Realistisch gesehen genau eine einzige - eine Impfung. Und dabei ist es völlig egal, ob der Impfstoff von BioNtech, den Russen, von Kim Jong Un oder dem Papst kommt - Hauptsache er sorgt für eine möglichst gute und idealerweise möglichst langfristige Immunität.
Mir wäre es auch lieber, wenn wir die Pandemie durch beten (dafür würde ich es dann auch zum ersten Mal in meinem Leben tun), den Glauben an das Gute, ausgewogene Ernährung, Ferien auf dem Bauernhof oder durch ein Wunder wieder loswerden könnten. Das wird aber nicht passieren!
Wenn so viele die eigenen - und wie auch immer gearteten und hervorgerufenen - Bedenken gegenüber einer Impfung in den Vordergrund stellen und sich nicht für eine Impfung entscheiden, wird die Pandemie uns mit all Ihren massiven Einschränkungen (soziale, wirtschaftliche, medizinische,...) uns zwangsweise auch noch länger begleiten als es nach derzeitigem Stand der Wissenschaft nötig sein wird.
Stattdessen, wartet man also ab, was mit denjenigen, die sich impfen lassen passiert. Auch das sind eine ganze Menge zum Glück. Da die Wirksamkeit für einen Schutz der zumindest einige Monate, wahrscheinlich eher Jahre, bereits belegt ist, wird sich die Lage auch so langsamer aber doch merklich bessern. Diejenigen, die sich also nicht geimpft haben profitieren von den geimpften, die das extrem geringe (Rest)Risiko von Impfschäden oder Langzeitfolgen dadurch, bewusst in Kauf genommen haben.
Nun - dies ist nach klassischer Definition eine Form des Schmarotzens (bitte Bedenken, dass dies eigentlich ein Begriff aus der klassischen Biologie ist und keine Beleidigung).
Welche möglichen theoretisch durchführbaren Optionen blieben ohne Impfung?!
• Die ganze Welt macht einen harten Lockdown für einige Wochen. In der Praxis undenkbar und nicht durchführbar, da auch medizinsche Versorgung - einfach alles - komplett und ohne Ausnahme heruntergefahren werden müsste. Ansonsten überlebt das Virus natürlich an vielen Fleckchen und verteilt sich genauso schnell wieder wie vor einem Jahr in unserer globalisierten Welt.
• Wir tun so als gäbe es SARS-CoV-2 nicht und leben unser Leben wie noch vor einem Jahr. Da die Mortalitätsrate nicht sehr hoch ist, wird die Menschheit das überleben und in Jahren oder eher Jahrzehnten ist auch eine Immunität in der Bevölkerung vorhanden. In der Praxis ebenfalls absolut undenkbar, da es schon aus ethisch-moralischen Gründen keine Option sein kann. Abgesehen davon ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich mutierte Virenstämme etablieren bei sehr langsam voranschreitender Immunität der Bevölkerung durch den dann nach und nach einsetzenden Selektionsdruck auf das Virus, sehr groß.
Da aber die Rate der Impfwilligen in den meisten anderen europäischen Ländern (und auch darüber hinaus) tendenziell höher ist als in Deutschland, so ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass andere Länder schneller aus der Krise kommen als wir. Auch das wäre nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht nicht gerade gut für uns.
So...und wer bis hierhin gelesen hat, der findet natürlich zahlreiche Ansatzpukte zu relativieren, negieren und zu kritisieren (finde ich auch). Vielleicht fühlt sich auch jemand angegriffen?! Bitte nicht - ich habe bewusst niemand zitiert oder direkt angesprochen und wie eingangs angekündigt bewusst überspitzt formuliert.
Ich hoffe aber, dass eben genau dies bewirkt, dass sich jeder nochmal sachlich, nüchtern, möglichst ohne Emotionen aber mit den Informationen, die man aus seriösen und aktuellen Quellen erlangen kann, ausgiebig Gedanken macht, welches Nutzen/Risiko-Verhältnis für ihn persönlich das beste ist. Wer jetzt noch über sich hinaus denkt und dieses Abwägen auch auf seine Mitmenschen, die Gesellschaft und sogar andere Teile der Erde ausweitet, der kommt ganz sicher zu einer guten Entscheidung.
Ich fände es jedenfalls großartig, wenn auch ganz bald wieder z.B. die Programme zur Bekämpfung latenter Tuberkuose in der dritten Welt anlaufen könnten.
So - aber jetzt ziehe ich mich aber auch bewusst hier aus der Diskussion mal etwas zurück. Sollten Fragen, molekularbiologischer, immunologischer, biotechnologischer, molekulardiagnostischer, genetischer Natur (letztlich ist es alles Molekularbiologie) oder zum Patenterecht (wohl kaum der Fall; es sei denn hier wird eine der wirren Theorien zu einem angeblichen Corona Patent aus 2015 aufgetischt) auftreten, dann stoße ich gern wieder dazu und gebe mein Bestes diese zu beantworten.