Wer mehr zur symptomlosen Übertragung von SARS-CoV-2 durch Aerosole erfahren möchte, inzwischen gibt es weitere Fallstudien.
In fünf der durch ein interdisziplinäres Forscherteam ausgewerteten Studien betrug der Anteil der Übertragungen, die draußen stattgefunden haben könnten, weniger als zehn Prozent. Eine der in die Analyse einbezogenen Studien bezifferte das Risiko einer Infektion im Freien sogar als knapp 19-mal niedriger als das innerhalb geschlossener Räume. (Journal of Infectious Diseases - vorab veröffentlichte Meta-Analyse)
https://academic.oup.com/jid … .1093/infdis/jiaa742/6009483
Bei Innenaktivitäten sollte der Studie zufolge genauer differenziert werden, was wirklich gefährlich sein könnte und was nicht. Ihre Auswertungen zeigen, dass bei einer ganzen Reihe sogenannter Spreading-Events offenbar Klimaanlagen eine wichtigere Rolle spielten, als bislang diskutiert wird. Dies gilt auch für das mittlerweile traurig-berühmte Chortreffen in Skagit / Washington, wo sich 80% der Mitglieder eines Chores infizierten und zwei starben.
In einem niederländischen Pflegeheim steckten sich trotz niedriger Infektionszahlen in der Allgemeinbevölkerung in kürzester Zeit erst mehrere Bewohner gleichzeitig und dann die Pfleger an, und zwar obwohl diese bei Dienstleistungen am Patienten eine Maske trugen. Das Pflegeheim bestand aus insgesamt sieben unterschiedlichen Abteilungen, die räumlich voneinander getrennt waren. Weil sich die Verbreitung des Virus nur in dieser einen Abteilung abgespielt hatte (80% der Patienten = 17 Pers. und 50% der zugehörigen Pfleger = 17 Pers.), alle anderen Bewohner und Pfleger (95 und 6 Pers.) des Heimes jedoch negativ getestet wurden, wurden auch die zugehörigen Belüftungssysteme untersucht. Die betroffene Abteilung war die einzige mit einer Klimaanlage. Diese war erst vor kurzem eingebaut worden und sollte besonders energieeffizient arbeiten, was aber letztlich dazu führte, dass die Raumluft zu lange rezirkuliert wurde. Alle anderen Abteilungen hatten eine Ventilation mit regelmäßiger Außenluftzufuhr. Auch hier fanden sich Spuren von SARS-CoV-2-Viren im Staub der Anlage, d.h. es waren vermutlich auch dort Infizierte unterwegs gewesen. Die Virenspuren waren jedoch nicht, wie in der betroffenen Abteilung, überall sonst auf den Böden und Ablageflächen nachweisbar vorhanden. Durch die Rezirkulation der Raumluft hatten sie sich offenbar in einer problematischen Größenordnung angesammelt. Möglicherweise kommt es nicht so sehr darauf an, ob sich Personen an die AHA-Regeln halten und wie viele es sind.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov … /PMC7499506/pdf/ciaa1270.pdf
Der RKI-Steckbrief zu Covid-19 bezieht sich auf zwei Multispreading-Events bezüglich der möglichen Übertragung durch Aerosole beim Singen: Heinsberg und Skagit. Bei dem später durch Hendrik Streeck ausgewerteten Event in Heinsberg handelte es sich um eine Karnevals-Veranstaltung. Wie auch bei der Apres-Ski-Bar in Ischgl ist anzunehmen, dass neben Tanzen und Küssen vor allem lautstarke Unterhaltungen aufgrund der allgemeinen Lautstärke die Verbreitung des Virus gefördert haben. Das Chortreffen in Skagit wird bislang als Beleg für die Gefährlichkeit des Singens herangezogen. Doch wie die Fallstudie zeigt, saßen die Chormitglieder teilweise auch eng beieinander, teilten mitgebrachte Snacks und unterhielten sich. Es war mindestens ein Chormitglied vor Ort, das bereits Symptome hatte. Hinzu kam eine Klimaanlage. Auch gab es nicht nur ein Treffen, sondern zwei, und die Treffen gingen über insgesamt 2½ Stunden. Daher könnte das gemeinsame Singen – zu welcher Gelegenheit auch immer – in gut gelüfteten Räumen vermutlich als deutlich weniger riskant eingestuft werden als bisher.
https://www.cdc.gov/mmwr/vol … m6919e6.htm?s_cid=mm6919e6_w