Aber eins hat Will Smith geschafft: Er hat seiner Frau gezeigt, dass er an ihrer Seite steht. Und dass mehr auf ihn geschaut wird als auf sie. Er hat sie verteidigt. Wenn er mein Mann wäre, wäre ich gerührt und dankbar
So leid es mir tut, aber einem Mann, der mich durch eine Ohrfeige/in einer Schlägerei glaubt, verteidigen zu müssen, wäre ich kein bisschen dankbar und erst recht nicht gerührt. Das ist eine Romantisierung von Gewalt wie in antiquiertem Western oder billigen Groschenromanen.
Warum ich so denke?
Ich war mal mit jemand zusammen. Wir gingen auf der Straße spazieren und kamen an ner Baustelle vorbei.
Ein Pärchen kam uns entgegen, und der Typ warf mutwillig ein Schild um.
Ich guckte mich um, und der Typ pöbelte: „was guckste so?“
Ich - ironisch: „was für ein toller starker Mann du bist.“
[Hintergrund: ich bin ja selber relativ groß und präsent und habe keine Angst vor anderen Menschen im Bezug auf meine große Klappe. Allerdings konnte ich bisher in meinem Leben auch davon ausgehen, dass Männer eine Art Beißhemmung haben, eine (fremde) Frau für nen dummen Spruch zu verprügeln. Heißt: ich wäre damals nie auf die Idee gekommen, dass ein Mann sich meinetwegen prügelt.]
Im dem Fall passierte aber genau das:
Eh ich mich versah, gingen die beiden Männer aufeinander los. Der Andere war gefühlt doppelt so groß wie mein Begleiter. Aber der konnte Karate.
Fazit der Geschichte: später erfuhr ich, dass er dem Anderen mit nem Tritt das Bein gebrochen hat.
Und: vor dem gegenseitigen physischen Angriff hatte der Andere noch was über mich gesagt, wodurch sich mein Freund in seiner Ehre gekränkt fühlte.
Und: der Typ war ein Neonazi, dessen Sport es war, Ausländer so zu Tätlichkeiten zu provozieren.
Man könnte also sogar sagen, er hätte es mehr als verdient gehabt, dass er mal den Falschen provoziert.
Das ist jetzt 40 Jahre her und - wie du lesen kannst - ich weiß es noch wie heute und es hat mich maßgeblich beeinflusst.
Seit dem Tag bringe ich meine Sprüche nur noch dann, wenn ich alleine und für mich selber verantwortlich bin, weil ich mit meiner Eloquenz entweder gewinnen kann oder verbal ausflippe und damit verliere. Das ist aber dann meine Verantwortung mit allen Konsequenzen.
Wenn ich danach noch mal mit Freunden beispielsweise in einer Disco war und sich Konflikte anbahnten - Jemand sagte was und mein Begleiter fühlte sich beleidigt oder umgekehrt - habe ich mich immer wie ne Mauer dazwischen gestellt und mit beiden Seiten geredet, um ne Schlägerei zu verhindern.
Ich habe mich vor nem Jahr sogar mitten in ne Schlägerei zwischen zwei Jugendbanden am Stuttgarter Hauptbahnhof gestellt und gesagt, sie sollen aufhören.
Dies: ein Mann beweist durch Gewalt seine Männlichkeit - vor allem: er muss seine Frau, Freundin mit körperlicher Gewalt verteidigen sprich verbale Angriffe eskalieren zu gegenseitiger Körperverletzung - ist für mich ein Bild von der toxischen Männlichkeit, von der ich mir wünsche, dass sie nun langsam im dritten Jahrtausend von Männern überwunden werden kann.
Stattdessen finden diverse Großmäuler aus solchen Überlegungen noch verdrehte Gründe, Kriege anzufangen.