Jeder Mensch der da ist oder da war, verdankt sein Leben einer Zeugung. Und sexualisiert beworbene Produkte verkaufen sich so gut, dass diese Art Werbung dauerhaft etabliert ist. Sex als (mehrheitliches?) Interesse scheint also gegeben zu sein. Komischerweise fällt es vielen schwer, über Sexualität zu reden, oder sie als Wunsch offen darzustellen.
Kinder kichern verlegen über sexuelle Themen -ob viele Erwachsenen über dieses Niveau vielleicht einfach nicht hinauskommen?
Hinderlich ist sicherlich bei den meisten Menschen, dass sie zur stark vereinfachten, plakativen Sichtweise neigen und dann auch noch sachlich unkorrekte Themenverknüpfungen vornehmen:
-- "Außerehelicher Sex" =: Fremd gehen, der Partner wird zwangsläufig "sitzen gelassen" --ist der/die Blöde, das Opfer--, insgesamt schweben sofort Betrug, Verantwortungsloskeit oder gar Böswilligkeit, zumindest aber egoistische Gleichgültigkeit im Raum.
=> dass es unterschiedliche sexuelle Wünsche in einer Partnerschaft geben kann, oder einfach nur den Wunsch nach Abenteuer + Lebendigkeit, eine im Idealfall gemeinsame Entscheidung zur offenen Beziehung im Konsens vorliegen kann, .... --das wird von vielen offenbar gar nicht in Betracht gezogen.
-- "Engstirnigkeit" und "Phantasielosigkeit", sprich die Fähigkeit sich vorzustellen, dass andere Menschen anders ticken als man selbst.
=> Vanilla-Typen, die BDSM "krank" finden, heterosexuelle Typen, die Homosexualität krank finden,...
Tatsächlich war ein schwuler Freund von mir (lebt leider nicht mehr), nach seinem Coming-Out der festen Ansicht, Sex mit Frauen sei eklig und hat versucht bekannte Männer "zum Besseren" zu bekehren. Engstirnigkeit wäre demnach keine Frage der sexuellen Orientierung
und scheint auch bei Personen problemlos bestehen zu können, die Toleranz für sich bereits als positiv hätten wahrnehmen können.
Vielleicht ist das menschliche Verhalten sexuellen Themen gegenüber nahe verwandt mit dem Umgang mit politischen Themen: die einen sind interessiert an der Meinung anderer, hören einander zu und versuchen diese Ursache/Gründe die hinter dieser Meinung stehen zu verstehen, für sich einzuordnen. Andere haben ihre feste Meinung (weißderKuckuckwoher), versuchen Menschen ihre Ansichten aufzubügeln + wenn es nicht klappt, ist unmittelbar glasklar, dass dem Gegenüber mindestens einige Latten am Zaun zu fehlen scheinen und der Austausch ist beendet bevor er überhaupt begonnen hat.
In diesen Fällen findet die Diskussion offenbar eher emotionalisiert denn argumentativ statt. Zwar könnte das insbesondere bei sexuellen Themen in der Natur der Dinge liegen, hilft aber in der Regel nicht wirklich weiter....
So gesehen, wäre (zurück zum Thema) die Offenheit gegenüber sexuellen Themen vermutlich eine Frage von Kultur + Zivilisation. Manche haben sie, andere können sie erlangen, wieder anderen fehlen vermutlich Voraussetzungen und/oder Interesse.