Versuch zum Thema zurück zu kommen
wir streiten (oder sollten es zumindest) über die Frage wo und wie mehr Demokratie gewagt oder versucht werden sollte.
die Gründe, weswegen sich die Mütter und Väter unserer Grundordnung für die repäsentative Demokratie entschieden haben, sind vielfältig und für mich nachvollziehbar. Die Versuche Formen direkter Demokratie zu leben, sind in D-Land doch überwiegend an zwei Dingen gescheitert. Erstens lies man das nur in wenigen Fällen zu, und mit Verlaub die Abstimmung über Olympia in Bayern oder die Stadtwerke in Berlin sind doch weitestgehend von marginaler politischer Bedeutung, oder die Beteiligung der Bürger war viel schlechter als bei Wahlen.
Aber: Die Möglichkeiten der direkten oder indirekten Einflussnahme auf politische Entscheidungen sind doch heute viel größer, als noch vor vielen Jahren. Nehmen wir die viel gescholtene Lobby-Arbeit.
Noch nie war diese so ausgeprägt wie heute. Und wir machen einen Fehler, wenn wir meinen, dass diese nur von Wirtschaftsverbänden und dem sog. Kapital professionell veranstaltet wird.
Es gab noch nie so viele NGO's und wirtschaftsferne Verbände, die in die politische Entscheidungsfindung einbezogen werden, wie heute. Zudem findet (in-)direkte Einflußnahme verstärkt über die Neuen Medien statt.
Im politischen Prozeß kann sich heute keine Partei mehr erlauben, die "Meinungsbildung im Netz" aussen vor zu lassen. Politikberatung hat früher zu erst in die Bild, FAZ und Süddeutsche geguckt, heute wird erst einmal das Netz durchstöbert, bevor man zu bestimmten Themen berät.
War der Zugang zu Informationen und ja auch Meinungsmache früher weitestgehend auf diejenigen beschränkt, die sich die o.g Zeitungen (natürlich unvollständig aufgezählt) gekauft haben, so ist der Zugang heute nichtzletz auch durch die vielfältigen Online-Möglichkeiten wesentlich einfacher und die Basis breiter.
Schon deshalb sind demokratische Prozesse heute viel offener und dirketer beeinflusst, als noch vor 20 Jahren, als die Leserbriefseite in der FAZ noch eine politische Wirkung erzielen konnte.
Aber auch das ist (belegbar) Folge der neuen Möglichkeiten. Noch nie war die Beteiligung an Fachkonferenzen, politischen Kolloquien und offiziellen Beteilungsverfahren so schlecht (quantitativ und qualitativ) wie heute. Ich stelle immer wieder fest, dass dort im Gegensatz zu früher, viel weniger Leute aus der ersten Reihe mehr vertreten sind, und immer öfters "schweigende Lämmer" aus der dritten und vierten Reihe das nachbeten, was ihnen von den einladenden Fraktion aufgeschrieben wurde. Das ist ein deutliche Indiz dafür, das Beteiligung wo ganz anders stattfindet, als in den offiziellen Foren. Anhörungen in Landtagen oder im Bundestag waren nach meiner Einschätzung immer schon eine grenzwertige Farce. Heute sind sie - zumindest, die ich direkt erlebe - zusehens kommödiale Inszenierungen, die noch weniger Wirkung haben, als je zuvor.
Einen Ausweg hieraus sehe ich nicht, halte ihn aber auch nicht für notwendig.