Ein fiktives Interview
Frage:
Für wen ist die Selbstanzeige letztendlich gedacht?
Antwort:
Für Steuerhinterzieher, welche durch Inanspruchnahme der Selbstanzeige dennoch Straffreiheit genießen wollen!
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Frage:
Ist die Selbstanzeige eine „Rechtswohltat“ ausschließlich für Vermögende?
Antwort:
1.) In Anbetracht dessen, dass es die Selbstanzeige im süddeutschen Steuerrecht seit 1879 gibt (vergl. hierzu Presseclub: „Wer betrügt, profitiert? Wie gerecht ist die Straffreiheit für Steuerhinterzieher?“ bzw. die Talkshow: „Günter Jauch - Schwarzer und Co. am Steuer-Pranger - endet beim Geld die Moral?“ vom 09.02.2014) und zu dieser Zeit ausschließlich
vermögende Bürger überhaupt Steuern zahlen mussten, ist davon auszugehen, dass die Selbstanzeige schon damals AUSSCHLIESSLICH für Vermögende gedacht war!
2.) Wer kein Vermögen besitzt kann auch keine Kapitalerträge versteuern!
3.) Bei lohnabhängigen Beschäftigten wird die Steuer sofort abgezogen, somit ist Steuerhinterziehung aufgrund dessen erst einmal, so nicht möglich.
4.) Deutsche Banken führen die Abgeltungssteuer sofort ab (Steuerhinterziehung ist nicht möglich). Das Vermögen muss demnach auf einer ausländischen Bankinstitut angelegt sein, welches keiner Auskunftspflicht (zumindest an die deutsche Behörden) unterliegt. Ein „Auslandstransfer“ lohnt sich allerdings erst bei großen Vermögen!
5.) Zudem sollte jeder sich vor Augen führen, dass nicht jeder Steuerhinterzieher auf der Welt aufgrund einer Selbstanzeige weiter Straffreiheit genießen kann! In anderen Ländern wird dies anders gehandhabt. Von daher könnte man die Selbstanzeige schon als eine „Rechtswohltat“ definieren!
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Frage:
Gibt es dennoch, nicht auch für weniger vermögende Menschen, die Möglichkeit Steuern zu hinterziehen?
Antwort:
1.) In diesem Kontext sollte sich jeder einmal überlegen, wann dies möglich sein könnte! Bei Schwarzarbeit bspw. würden natürlich Steuern hinterzogen! Aber wo treffen wir diese Schwarzarbeiter denn an? Oftmals auf Baustellen, in der Gastronomie oder im Dienstleistungssektor. Hier gibt es allerdings dann auch die Zollbehörde, welche Kontrollen durchführt. Nun stellen wir uns einmal vor, dass die Zollbehörde eine Kontrolle auf einer Baustelle durchführt und bevor die Beamten die Personalien der Arbeiter aufgenommen haben und eventuell feststellen konnten / mussten, dass es hier „Schwarzarbeiter“ gibt, kommt ihnen ein Arbeiter entgegen gelaufen und ruft: „Bevor Sie sich die Mühe machen, ich arbeite hier schwarz und möchte mich somit selbst anzeigen!“ Was denken Sie? Genießt dieser Arbeiter nun Straffreiheit, da dieser sich selbst anzeigte?!
2.) Und wenn wir an den Dienstleistungssektor denken, so ist es gerade die Reinigungskraft, die Haushaltshilfe etc. welche zu den Personenkreis zu zählen ist, welche sich eventuell (rein technisch betrachtet) für Schwarzarbeit gut eignet! Aber, sofern diese ihre Dienste einer Privatperson zur Verfügung stellt, so ist diese oftmals relativ vermögend (denn der Otto-Normalverbraucher kann sich oftmals keine eigene Putzfrau etc. leisten). Zudem kann dann Steuerhinterziehung nur funktionieren, wenn beide Parteien sich hierüber einig sind!
3.) Ein Arbeitnehmer bspw., welcher eventuell versucht eine Spesenabrechnung zu seinen Gunsten zu manipulieren, wird auf wenig Verständnis bei seinem Arbeitgeber stoßen, wenn er, nachdem er die Tat beging, eingesteht, dass er die Spesenabrechnung zu seinen Gunsten manipulierte!
4.) Eine Kassiererin, welche eintausend Euro aus der Kasse entnimmt, muss trotzdem, obwohl sie die einhundert Euro wieder unentdeckt am nächsten Morgen in die Kasse legte mit einer Strafanzeige rechnen, obwohl sie sich freiwillig (aufgrund von Gewissensbissen) anzeigte! Straffreiheit = Fehlanzeige!
5.) Zudem sollte das Strafmaß doch eigentlich IMMER von dem entstandenen Schaden abhängen, oder etwa nicht?! In diesem Zusammenhang stellt sich dann natürlich die Frage, warum ein Steuerhinterzieher, welcher eventuell Jahrzehnte lang Millionen Euro vor dem deutschen Fiskus versteckte, die Möglichkeit zur Selbstanzeige haben soll, somit relativ straffrei bleibt und ein Dieb bspw., welcher vielleicht gerade einmal einer Privatperson, Institution etc., einen geringen materiellen Schaden zufügte hierfür bestraft wird?!
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Frage:
Ist die Selbstanzeige dann eigentlich ein gerechtes, soziales Mittel, welches eingesetzt wird um wenigstens doch noch etwas Steuern in die Staatskasse zu bringen (da ein bereits ertappter Straftäter nicht mehr zur Mitarbeit verpflichtet ist und somit eventuell die Gefahr besteht weniger Steuern nachträglich einzunehmen)?
Antwort:
Mir ist nicht bekannt, dass ein Straftäter bei Diebstahl oder Unterschlagung durch eine Selbstanzeige Straffreiheit erlangen kann! Steuerhinterzieher in Deutschland schon! Obwohl auch in Deutschland Steuerhinterziehung ein Straftatbestand darstellt!
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Frage:
Ist es aber nicht so, dass nach einer Selbstanzeige nicht nur das Vermögen nachträglich versteuert wird und zudem noch Strafzinsen anfallen?
Antwort:
Hierbei sollten aber die Verjährungsfristen beachtet werden! Es kann ja wohl nicht angehen, dass sich so mancher Steuerhinterzieher diese Verjährungsfristen zu Nutzen macht und dann noch hieraus einen Vorteil zieht! Wenn dieser seine/ihre Kapitalerträge bspw. dreißig Jahre nicht versteuert, aber nur für zehn Jahre Steuern nachbezahlen muss und für die restlichen zwanzig Jahre nicht, da diese Zeit bereits verjährt ist, ist dies dann gerecht?
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Frage:
Aufgrund so mancher Steuerverschwendung, welche man vielen Politikern eventuell vorwerfen kann, sollte dann nicht auch Steuerhinterziehung straffrei bleiben, da ja Steuerverschwendung auch nicht geahndet wird?
Antwort:
Dieser Vergleich „hinkt“!
Sofern einem Politiker grobe Fahrlässigkeit oder böswillige Absicht nachgewiesen werden kann, bleibt das auch nicht ohne Folgen! Sofern dies nicht der Fall ist und die Steuerverschwendung geschieht aufgrund seiner Inkompetenz, so hat der Bürger die Möglichkeit diesen dahingehend abzustrafen, indem er eine andere Partei wählt!
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Frage:
Und wenn diese Politiker dann auch inkompetent sind und Steuern verschwenden?
Antwort:
Sehr witzig! Dann würde ich mir über unsere Gesellschaft ernsthaft Sorgen machen! Und würde in diesem Fall nun dazu raten dann nicht mehr bspw. andere EU-Staaten bezüglich ihrer Inkompetenz in der Wirtschafts- und Finanzpolitik zu rügen (so nach dem Motto: „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen!)!
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Frage:
Gäbe es denn eine Möglichkeit die Selbstanzeige abzuschaffen ohne die Gefahr, dass sich jetzt noch weniger Steuerhinterzieher zu ihrer Straftat freiwillig bekennen?
Antwort:
Theoretisch ja, sofern Deutschland, genauso wie in Schweden, auf das Bankgeheimnis bzw. auf das Recht der Anonymität verzichtet. In Schweden ist für jeden ersichtlich wer was verdient bzw. wer, wie viel Steuern zahlt! Allerdings wäre das für die allermeisten Deutschen wohl ein Alptraum (obwohl sich viele bei facebook und Co. sowieso schon freiwillig „gläsern machen“ und einige jetzt schon der Ansicht sind: „Anonymität war gestern und wenn ich nichts zu verbergen haben ...“ - tja, aber wenn es dann darum geht ihre eigenen Finanzen transparent zu machen, dann verweist man gerne auf das Persönlichkeitsrecht, auf Privatsphäre, Datenschutz etc.).
Eine weitere Möglichkeit bestünde natürlich auch darin z.B. den Spitzensteuersatz wieder anzuheben, die Vermögenssteuer wieder einzuführen und mit den zusätzliche Steuereinnahmen wieder genügend Beamte einzusetzen (welche im Zuge eines neoliberalen Zeitgeistes wegrationalisiert wurden - So nach dem Motto: „Der Staat muss schlanker werden“), um den Staat wieder in die Lage zu versetzen Steuerhinterzieher auch ohne Selbstanzeige zu überführen!
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Frage:
Wird die Selbstanzeige also bald abgeschafft werden?
Antwort:
Eher nicht! Allerdings werden wahrscheinlich Nachbesserungen erfolgen! Über Verjährungsfristen wird eventuell nachgedacht, die Voraussetzungen zur Selbstanzeige wird eventuell erschwert werden und über die Höhe der Strafzinsen wird eventuell diskutiert werden! Zudem werden die deutschen Behörden nicht davon absehen weiterhin Hinweisen bezüglich einer Straftat (Steuerhinterziehung ist eine solche) nachzugehen, zumal die Behörden dazu verpflichtet sind! Somit wird die Gefahr für den Steuerhinterzieher bestehen bleiben entlarvt zu werden!
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Abschlussfrage:
Was denken Sie, was das eigentlich für Menschen (bezogen auf den Charakter) sind, welche Steuern hinterziehen?
Antwort:
Erst einmal sind es Straftäter, da Steuerhinterziehung hierzulande eine Straftat darstellt! Ein Straftäter, welche eine Straftat aus niedrigen Beweggründen heraus begeht, kann durchaus als asozial und undemokratisch bezeichnet werden, zumal diese Steuerhinterzieher Steuern nicht hinterziehen um ihre Existenz zu sichern, sondern lediglich um sich noch mehr zu bereichern!
Es ist anzunehmen, dass Menschen mit einer ausgeprägten Sozialkompetenz weniger in Versuchung geraten als Menschen ohne diese Sozialkompetenz!
Und gerade diesen Subjekten lässt man dann auch noch eine Rechtswohltat in Form einer Selbstanzeige zugute kommen! - Toll, toll, toll!