wie immer ein sehr emotionales Thema :-)
Als Neuling in der Gruppe musste ich mir natürlich als erstes diese Diskussion einmal antun
Ist schon interessant, wie nah persönliche Empfindungen und (gefühlte) Rationalität doch immer wieder beisammen liegen
Ein paar kleine Fakten mal von meiner Seite:
Die Selbstanzeige war ja nicht immer nur gnadenlos strafbefreiend. Interessant - und ein deutliches Zeichen des Eigenverständnisses unserer Politik - finde ich, dass die strafbefreiende Selbstanzeige in dieser Form vor rund 14 Jahren unter Bundeskanzler Schröder eingeführt wurde. Welche Parteien sind doch noch einmal die, die heute am lautesten gegen die bestehende Regelung wettern?
Jede Steuer ist ja bekanntlich in einem eigens vorgesehenen Gesetz geregelt:
• Die Einkommensteuer (keine 2 "s" in der Mitte übrigens) im Einkommensteuergesetz (EStG)
• Die Gewerbesteuer im Gewerbesteuergesetz (GewStG)
• Die Umsatzsteuer im Umsatzsteuergesetz (UStG) (deswegen heißt das Ding auch
nicht "Mehrwertsteuer!!!!)
• Die Körperschaftsteuer im Körperschaftsteuergesetz (KStG)
Die am häufigsten in dieser Diskussion genannten Steuern (Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer, Abgeltungssteuer), wie war denn das mit diesen noch einmal? Sind diese Steuern eigentlich vergleichbar? Wer ist eigentlich kapitalertragsteuerpflichtig? Schon mal in §1 Abgeltungsteuergesetz reingeschaut?
Solltet ihr mal machen, denn möglicherweise findet man auf diesem Weg viele Antworten auf offene Fragen.
Oder eben umgekehrt...
Es würde vor allem aber aufwerfen, warum Herr Hoeness tatsächlich ein Bagatellschaden war zu dem, was jedes Jahr durch Arbeitnehmer verursacht wird.
Bevor man doch aber die Hinterzieher von Steuern anprangert ("wer im Glashaus sitzt" übrigens... Wenn jeder Erwerbstätige seine Entfernung zur Arbeit im Durchschnitt nur um 1 km länger macht als es real ist, entsteht allein daraus ein jährlicher (!) Steuerschaden von 650 Mio Euro) sollte man sich auch mal Gedanken machen, ob die Erhebung dieser Steuer eigentlich "rechtens" ist.
Ich meine jetzt weniger die rechtstaatliche Legalität der Erhebung als vielmehr die emotionale Legalität
Zwei kleine Beispiele:
1.) Erbschaftsteuer
Jemand hat durch Arbeit ein (mehr oder weniger kleines oder großes) Vermögen erwirtschaftet. War immer steuererhlich und hat alle Erträge ordentlich versteuert. Dieses Vermögen wird nun im Erbfall nochmals besteuert. Warum eigentlich? Rechtstaatlich völlig legitim, keine Frage. Aber emotional?
2.) Darlehen
Jemand gewährt einem anderen (zB der Tochter) ein zinsloses Darlehen. Hat irgendwer hieraus Einnahmen? Ist irgendjemand hieraus reicher als vorher, wenn man unterstellt, dass das Darlehen wieder zurück gezahlt wird?
Ich denke wir sind uns einig, dass nein.
Was passiert steuerlich?
a) Schenkungsteuer - in Höhe der nicht berechneten Zinsen wird die Tochter ohne Gegenleistung fiktiv reicher (bzw weniger arm) als wenn Sie das Darlehen bei einer Bank aufgenommen hätte - Diese Bereicherung unterliegt der Schenkungsteuer
b) Einkommensteuer - beim Geber wird das Darlehen auf die Dauer der Laufzeit aufgeteilt in einen Zins- und einen Restwert, weil das Geld in der Zwischenzeit ja keine Zinsen erwirtschaften kann. Es wird quasi ein Gegenwert durch die Tochter "in Naturalien" gegeben, der angenommenen Bankzinsen (in Höhe von 5,5% p.a, höhöhö) entspricht. Der Vater muss daher für diese Zinsen "Einnahmen" der Einkommensteuer unterwerfen.
Ist das gerecht?
Ich denke, die Frage der Straffreiheit kann abseits des Rechtstaatlichen ausschließlich nach emotionalen Gesichtspunkten beurteilt werden. Emotional ist dabei das, was jeder von uns auf Grund der persönlichen Situation gern empfinden möchte.
• Die, die ihre Steuererklärung immer grundehrlich ausfüllen, erwarten dies von allen anderen auch und sind eher für ein härteres Durchgreifen.
• Die, denen eine gewisse "Gegengerechtigkeit" vom Staat fehlt ("Steuerverschwendung", "willkürliche/unmoralische Steuererhebung"), die werden eher solidarisch mit den Steuersündern umgehen.
(um nur zwei mögliche Gruppen zu nennen, dergleichen gibts ja Viele...)
Zum Schluss bleibt nur zu sagen, dass es eine friedensbringende Lösung nicht geben kann, weil jeder von uns andere Empfindungen zu dem Thema hat.