Im Machtpoker um die Ukraine bietet die EU und speziell das deutsche Kapital den Menschen in der Ukraine nur weitere Armut und Ausbeutung an. Die „DW“ schreibt : Insgesamt acht Prozent der ukrainischen Importe kommen aus Deutschland, sagt Thomas Baumann von der DIHK. "Wir schätzen , dass mehr als 2000 deutsche Unternehmen in der Ukraine aktiv sind".
Dabei sei das Land vor allem wegen seiner geringen Lohnkosten für die deutschen Automobilhersteller von großem Interesse. "In der Westukraine werden Monatslöhne von unter 200 Euro bezahlt. Das ist natürlich extrem günstig", sagt Baumann. Aber auch als Absatzmarkt sei das osteuropäische Land interessant. "Zuletzt waren es 5,5 Milliarden Euro, die in die Ukraine exportiert worden sind. Das ist ja keine kleine Summe." Das genau sind die Interessen des EU Kapitals oder des deutschen Kapitals. Die Ukraine soll ein Billiglohnland bleiben.
Die Ukraine soll weiteren Sozialabbau betreiben. Diese Forderungen stellte der IWF in der Vergangenheit an das Land. Nötig ist eine reaktivierte Arbeiterbewegung in der Ukraine, die sich scharf von bürgerlichen und faschistischen Kräften, in der völlig gerechtfertigten Protestbewegung gegen Janukowitsch abgrenzt. Auch Klitschko, Timoschenko und die faschistischen „ Swoboda“ vertreten nicht die Interessen der einfachen Leute. Die Revolution muss über diese Figuren hinweggehen und für eine freie und soziale Ukraine kämpfen.
Am Tag des Machtwechsels in der Ukraine konnte man in deutschen Presseorganen folgende Meldungen lesen – und im Übrigen auf den Kanälen des staatlichen Fernsehens hören:
Die Ukraine hat nach den Massenprotesten wirtschaftliche Schwierigkeiten, Russland stoppt dennoch zugesagte Gelder. Jetzt stellt die EU Unterstützung in Aussicht.“
(Zeit, 23.02.2014)
„Julia Timoschenko ist frei, Viktor Janukowitsch abgesetzt, doch das ist erst der Beginn: Die Ukraine steht vor riesigen Problemen, dem Land droht die Staatspleite. Russland streicht zugesagtes Geld, die USA, der IWF und die EU bieten Hilfe an.“
(Spiegel online, 23.01.2014)
„USA, EU und IWF stellen finanzielle Unterstützung in Aussicht
+ Russland legt Finanzhilfen auf Eis.“ (Süddeutsche 23.02.2014)
Unisono tönt es so aus den Mainstream-Medien. Dazu folgende Konkretisierungen, beispielhaft in 'Die Zeit', zu lesen unter dem oben bereits zitierten Vorspann:
„Russland setzt die für die Ukraine geplanten Finanzhilfen vorerst aus. Zuerst müsse es eine neue Regierung geben, sagte Finanzminister Anton Siluanow bei dem G-20-Treffen in Sydney“. Dann wird er mit dem Satz zitiert: „Letzte Woche haben wir darüber gesprochen. Aber seitdem hat sich die politische Lage dramatisch verändert. Jetzt müssen wir warten, bis es eine neue Regierung gibt, bevor wir darüber eine Entscheidung fällen können.“
„Die europäische Regierung signalisierte derweil, der Ukraine finanziell beizustehen. Wirtschaftskommissar Olli Rehn sagte auf dem G-20-Treffen, die EU stehe für eine substanzielle Unterstützung bereit, sobald es eine politische Lösung des Konfliktes gebe. Als Bedingungen nannte auch er eine neue Regierung. Diese solle institutionelle und wirtschaftliche Reformen ernsthaft angehen. Darüber hinaus müsse die EU der Ukraine eine klare europäische Perspektive bieten.“
„Neben der Europäischen Union stellten auch die USA und der Internationale Währungsfonds Unterstützung in Aussicht. „Wenn die ukrainischen Behörden sich an den IWF wenden, sei es mit der Bitte um Beratung, sei es wegen Diskussionen über finanzielle Hilfe, gekoppelt an Wirtschaftsreformen, stehen wir selbstverständlich bereit“, sagte IWF-Chefin Lagarde.“
(Alle drei Zitate aus der 'Zeit', 23.02.2014)
Das gleiche Bild in 'Spiegel online:
„Eigentlich“ habe Russland jetzt 2 Milliarden zahlen wollen …, aber „finanziell beispringen“ könne nun auch der IWF, „gekoppelt an Wirtschaftsreformen“. Auch die USA stelle Hilfe in Aussicht, „um die Wirtschaft zu stabilisieren“. Bereitschaft zeige auch die EU, „sobald es eine politische Lösung des Konflikts und eine neue Regierung“ gebe. Die neue Regierung müsse aber institutionelle und wirtschaftliche Reformen ernsthaft angehen usw. und sofort.
Beide Texte stammen erkennbar aus demselben Ticker. Nicht anders die 'Süddeutsche Zeitung'. Sie setzt mit der Zwischenzeile „Internationale Unterstützung für Kiew“, der einen Absatz tiefer die weitere Zwischenzeile „Russland friert Finanzhilfen ein“ folgt, nur noch eins drauf.
Tenor und Botschaft all dieser Meldungen: Die Russen zeigen wieder mal ihr wahres Gesicht…
Preisfrage: Worin unterscheiden sich die Angebote?
Russland sieht das Land traditionell als seiner Einflusssphäre zugehörig an, der Westen – allen voran Deutschland und die USA – trachtet danach, es aus dieser zu lösen und der eigenen einzuverleiben.
Gerade Berlin kann hier auf eine lange Traditionslinie zurückblicken. Schon während des Ersten Weltkriegs wusste der spätere Reichsfinanzminister Matthias Erzberger, dass man, um Russland zu schwächen, die „Befreiung der nichtrussischen Völkerschaften“ im Zarenreich „vom Joch des Moskowitertums und Schaffung von Selbstverwaltung im Innern der einzelnen Völkerschaften“ anzustreben habe, natürlich unter der Dominanz Berlins: „Alles dies unter militärischer Oberhoheit Deutschlands, vielleicht auch mit Zollunion.“
Die ukrainische Sache blieb denn auch in allen Phasen der wechselhaften Geschichte eine Herzensangelegenheit des deutschen Imperialismus, insbesondere als er sich in seiner völkermörderisch-faschistischen Gestalt auf den Weg gen Osten machte. Die Fahnen derjenigen, die damals mit dem NS-Faschismus kooperierten und in seinem Windschatten über hunderttausend Menschen – vor allem Juden, Polen und Kommunisten – ermordeten, wehen heute wieder über dem Maidan, das Porträt Stepan Banderas, des Führers der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) hängt an vielen Zelten. Insbesondere die Aktivisten des „Rechten Sektors“ und der enge Kontakte mit der deutschen NPD pflegenden Partei „Swoboda“ betreiben einen regelrechten Kult um die Faschistenorganisation und Bandera.
Olesia ist jung, gebildet und wirkt weltoffen. Sie kennt die Mißstände in der Ukraine, die Korruption, die zu den normalen Umgangsformen egal welcher Regierung hier gehört, die niedrigen Löhne, die Perspektivlosigkeit. Und sie sympathisiert mit dem Rechten Sektor. Von ihm erhofft sie sich eine Kontrolle „von der Straße“, damit „die im Parlament sich an die Interessen der Bevölkerung halten“. Sie traut weder Julia Timoschenko, noch hält sie Vitali Klitschko für einen fähigen Politiker. Wie sie denken hier viele.
Wer auch immer nun letztendlich an den Start geht – viel an substantieller Veränderung ist nicht zu erwarten. Die ukrainische Bevölkerung hat seit 1991 viele Regierungen über sich ergehen lassen müssen, von denen man in keinem Fall behaupten kann, sie hätten den Menschen des Landes langfristig die Perspektive auf ein besseres Leben eröffnet. Leonid Kutschma, Viktor Juschtschenko, Viktor Janukowitsch, Julia Timoschenko – das sind nur die im Westen prominentesten Namen einer langen Liste von Regierungschefs, die am Ende ihrer Amtszeit bei großen Teilen der Bevölkerung für Korruption, Bereicherung, Autoritarismus und den Ausverkauf des Landes standen.
Stellt man in Rechnung, was auf die Ukraine zukommt, kann man schon jetzt davon ausgehen, dass die Faschisten ihre Position ausbauen werden. Denn die – sollte nichts Überraschendes passieren – kommenden Maßnahmen, die die nächste Regierung durchsetzen muss, will sie den Staatsbankrott durch Gelder aus USA, EU und IWF abwenden, werden in der Bevölkerung abermals den zutreffenden Eindruck hinterlassen, dass sie sich von den überkommenen Politcliquen nichts zu erhoffen hat. Und die Rechten werden diejenigen sein, die sich als Wahrer der Nation präsentieren können.