- Sind Akademikerinnen aufgrund Ihrer beruflichen Belastung und ihrer „Hirntätigkeit“ eher asexuell veranlagt?
Das hielte ich für eine sehr kühne Hypothese! Eine asexuelle Veranlagung gibt es bei Akademikerinnen sicher ebenso häufig wie bei Nichtakademikerinnen, genauso wie bei Akademikern und Nicht-Akademikern). Möglicherweise verfügen wir Akademikerinnen bedingt durch eine befriedigende berufliche und gesellschaftliche Situation aber über einen breiteren Korridor an "nährenden Gesellschafts- und Sozialkontakten" als Frauen, die diesbezüglich weniger privilegiert sind, und müssen daher unser Selbstbewußtsein und unsere Selbstbestätigung nicht im gleichen Masse aus sexueller Nähe und Intimität ziehen, wie diese. Sex ist dann eben nur e i n e von diversen Möglichkeiten, sich gut und glücklich zu fühlen , und bekommt nicht ganz so diese zentrale Bedeutung fürs eigene Wohlbefinden.
Ja, mir ist klar, dass einige dies für eine gleichermaßen kühne Hypothese halten mögen, ich stelle sie dessen ungeachtet dennoch in den Raum.
Allerdings beobachte ich, dass leider auch in Akademikerkreisen auch heute noch häufig die Frauen diejenigen sind, welche zusätzlich zu ihrer "Hirntätigkeit" und beruflichen Belastung nach wie vor den Hauptteil wenn nicht den Gesamtbereich der Familienpflege, sozialen Beziehungspflege sowie der Versorgung des Haushalts, Gartens etc. tragen, ohne dass ihre dort investierte Arbeit und Energie eine angemessene Würdigung erfährt (wobei "angemessen" aus der subjektiven Sichtweise der betroffenen Frau zu sehen ist, nicht des männlichen Partners). Hier gibt es nämlich häufig eklatante Unterschiede der Bewertung!
Jedenfalls ist die Vielfalt und Menge dieser Gesamtbelastung dann häufig dazu geeignet, die gesamte Energie und Kraft aufzubrauchen, daher neige ich eher zu der Vermutung, dass dies mehr Anteil an der Lustlosigkeit zu sexueller Aktivität haben dürfte als eine potenziell asexuelle Veranlagung.
- Was macht ältere Akademiker so interessant, dass man (frau) mit ihnen in Kontakt treten mag oder umgekehrt, ab wann sind ältere Akademiker – auch sinnlich sexuell – aus der Sicht einer Akademikerin so uninteressant, dass eine Kontaktaufnahme einfach nicht sinnvoll erscheint?
Darauf gibt es vermutlich so viele unterschiedliche Antworten wie Frauen.
Meinen jetzigen Lebensgefährten habe ich hier im JC kennengelernt. Er fiel mir auf dadurch, dass er einer der raren Exemplare Mann ist, die häufig und über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahren interessante Beiträge in unterschiedlichen Foren und zu unterschiedlichen Themen gepostet hat, die eine eigene Meinung dokumentierten, die darüber hinaus oft humorvoll und auch mal gegen den Strich des Mainstream gebürstet waren. Irgendwann habe ich ihm zu einem Beitrag ein dementsprechendes Kompliment mit Text gemacht, er schrieb zurück, es entstand eine lebhafte Korrespondenz. Heute leben wir in einer sehr lebendigen, sehr spannenden und glücklichen (Fern-) Beziehung, in der der Sex eine zentrale Rolle spielt. Allerdings nicht heimlich, sondern offen. Wir sind beide nicht anderweitig an Partner gebunden.
Für mich wäre es zum jetzigen Zeitpunkt meines Lebens einfach unattraktiv, mich damit zu begnügen, die "diskrete Affaire" eines Mannes zu sein. Ich will mich auch in der Öffentlichkeit und im Familien- und Freundeskreis zeigen können mit einem Mann, der mir nahesteht, egal welcher Natur das Verhältnis ist. Die Position der heimlichen Geliebten oder der halboffiziellen "zweiten Geige" liegt mir nicht und tut mir nicht gut (das weiß ich aus konkreter Erfahrung), also käme sie für mich persönlich nicht mehr in Frage, egal wie attraktiv und interessant ich einen Mann auch finde. Mit meinem oder seinem Akademikerstatus hat das jedoch nichts zu tun.
Ich kenne aber eine Frau, Akademikerin, mit einem Akademiker verheiratet, beide in unterschiedlichen Berufen aktiv tätig, beide Berufstätigkeiten gut bezahlt bzw. wirtschaftlich gut situiert, beide an ihrem Wohnort hoch angesehen und prominent, deren Mann irgendwann die Lust am Sex verlor und sie dann explizit aufforderte, ihre dementsprechenden Bedürfnisse anderweitig zu befriedigen. Bedingung war, ihn bzw. die gemeinsame Familie (sie haben drei Kinder, alle mittlerweile flügge, 2 noch im Studium) gesellschaftlich nicht zu kompromittieren. So suchte sie sich einen Liebhaber in einer anderen Stadt, der seinerseits ebenfalls verheiratet ist und dessen Frau keinen Sex mehr möchte (der JC machte es übrigens möglich, alle Beteiligten sind zwischen 55 und 65).
Beide Ehepartner wissen um das Arrangement, das "heimliche Paar" verbringt vier bis fünfmal im Jahr eine gemeinsame Woche in der Ferienwohnung des Liebhabers. Beide Paare verkehren gelegentlich gesellschaftlich miteinander, z.B. im Golfclub oder bei beruflich veranlassten Kongressbesuchen z.B. am Gesellschaftsabend. Dort, wie auch an den Wohnorten, wird nach aussen allerdings allseits strikt die Fassade gewahrt, und bis heute besteht dieses Arrangement inzwischen für alle beteiligten Erwachsenen erfolgreich seit gut 5 Jahren.
An dieser Stelle möchte ich auch loswerden, dass in meinen Augen unser derzeitiger Bundespräsident ganz wichtige Pionierarbeit geleistet hat und aktuell leistet in Bezug auf die Akkzeptanz von Lebensformen in unserem Land, die bis vor kurzem noch als "unmöglich" angesehen wurden. Wäre es bis vor wenigen Jahren denkbar gewesen, dass ein Mann das höchste Staatsamt bekleiden kann, der, obwohl verheiratet, wenn auch seit Jahren friedlich getrennt, ganz offiziell mit einer anderen Fau lebt und diese sämtliche Pflichten wahrnehmen darf, die traditionell einer Präsidentengattin obliegen, egal ob Staatsbesuche zu empfangen, ihren Lebensgefährten bei offitiellen Auftritten zu begleiten. Und die dabei selbst weiterhin ihrem Beruf als Journalistin nachgeht (zugegebener Maßen nur noch eingeschränkt und als Freelancerin, aber immerhin). Kompromisse sind sicher notwendig. Aber eben auch faktisch möglich.
Jedenfalls bin ich der Überzeugung, es geht nicht ums Alter. Es geht darum, ob ich innerlich zu dem stehe, was ich tue und weiß, wo mögliche Fallstricke liegen und wie ich damit verantwortungsvoll umgehe. Welches Risiko gehe ich ein, Welche Kompromisse bin ich bereit einzugehen? Was wäre das "worst case Szenario"? Bin ich notfalls bereit, mit den dann eintretenden Konsequenzen zu leben? Wenn dies nicht der Fall ist, werde ich mich nicht auf das Spiel mit dem Feuer einlassen. Das ist n i c h t gleichbedeutend damit, dass der in Frage kommene Mann, Akademiker oder Nicht-Akademiker, uninteressant wäre, sondern das Risiko wäre mir zu groß und der potenzielle persönliche Gewinn zu gering.