Gelebte Beziehungsanarchie
Ihr Lieben, insbesondere @********reis ich wurde gebeten von meinem Leben als Beziehungsanarchistin zu erzählen. Als erstes ist es mir ein Anliegen ein wenig Hintergrund als Theorie anzubieten:
https://mehrplatzfuerdieliebe.blogspot.com/p/beziehungsanarchie-in-8-punkten.html
Aber jetzt zu mir, ich hangel mich mal an diesem Text lang, was das für mich persönlich bedeutet.
Liebe ist für mich nicht begrenzt. Ich habe das Konzept von "endlicher Liebe" noch nie verstanden. Das hat sich für mich einfach nicht erschlossen. Warum soll ich nur einen einzigen Menschen lieben können sollen? Das verstand ich nie und verstehe ich bis heute nicht. Ich kann verstehen, wenn jemand von mir Treue verlangt, mich zu verpflichtender Loyalität bindet... ja. Aber das macht mein Maß an Liebe nicht endlich, sondern bindet mich nur an einen Menschen z.B. weil bestimmte Handlungen exklusiv sind wie Penetration z.B. wenn ich dem zustimme. Zustimmen will vor allem. Letzten Endes ist es eine massive Beschränkung auf eine Person. Ich kann für sehr viele Menschen Liebe empfinden und kann jedem Menschen das schenken, was ich bereit bin, was ich will. Und dafür brauche ich keinen Namen.
Ich kann mit einem Mann einfach Sex haben. Ohne Intimität. Oder ich kann Intimität haben, ohne Sex. Ich brauche keinen "Partner" im Sinne von das muss jetzt aber unbedingt DER eine Mann fürs Leben sein - bisher war mir das nie einer. Ich war verheiratet weil ich habe Kinder, all so etwas.
Aber alle Beziehungen die ich führ(t)e waren keine solitären Geschichten. Ich habe ein einziges Mal versucht für einen Mann monogam zu leben, es war das reinste Fiasko und hatte sicher nichts mit Liebe zu tun.
Ich entschied mich dann endgültig für mein einzige Tätowierung die ich trage: Liebe und Respekt statt Forderungen
Wenn ein Mensch mich nicht in seinem Leben haben möchte, dann respektiere ich das. Wenn ein Mensch mich in seinem Leben haben möchte - und ich das auch will - freut es mich. Manchmal passt das nicht zusammen. Ist halt so, aber das gibt keinem das Recht mir aufdringlich zu werden. Oder mir das Recht wem anders auf die Pelle zu rücken.
Ich lebe das Ganze so lange wie ich es sinnvoll finde. Dafür muss es nicht immer Ponyhof sein, ich entscheide mich bewusst für einen Menschen und jeder hat was das nervt oder anstrengend ist... aber wenn die Bedürfnisse und Wünsche (noch) übereinstimmen ist alles gut sozusagen. Beide müssen freiwillig diese Wünsche und Bedürfnisse hegen, pflegen und leben.
Hört einer auf sich das zu wünschen, das Bedürfnis zu haben, geht es auseinander. Oder eben auch nicht, weil die Wünsche und Bedürfnisse halten. Meine längste Beziehung ging 22 Jahre lang und endete mit dem Tod des Mannes (starb plötzlich und unerwartet). Manchmal muss man sich einfach nicht für einander verbiegen und es passt einfach.
So wie ich möchte, dass jemand zu mir ist, bin ich zu dem anderen zumindest. Ich mag Unzuverlässigkeit nicht, also bin ich zuverlässig, ich mag Illoyalität nicht, also bin ich loyal und so weiter und so fort. Für mich sind unzuverlässige, illoyale Menschen schwierig, also funktioniert das mit mir auch nicht, mit Menschen denen Zuverlässigkeit und Loyalität total schnuppe sind - zumindest nicht über Sex hinaus. In einem Club wo das keine Rolle spielt, klar, warum nicht? Ein One-Night-Stand ist manchmal ja auch nett. Ich hab die Verhütung unter Kontrolle und in den Clubs besteht maximaler Schutz für mich als Frau. Sprich: wer mehr wie 1 x Sex mit mir will muss die Selben Werte haben wie ich.
Für mich spielt das Geschlecht in Clubs bedingt eine Rolle, auch hier ist es so, dass ich längere Beziehungen mit Männern führe. Tanzen tu ich mit jedem, egal wer. Und so möchte ich auch behandelt werden. Ich möchte nicht, dass ich bei One-Night-Stands hart bemessen werde an egal welchen Kategorien, die sind oberflächlich. Längere Beziehungen möchte ich aber auch nicht oberflächlich führen, auch wenn ich Intimität und Sex eigentlich nicht vermische.
Das weicht massiv von der Norm ab, aber wir sind hier im Joy. Hier zeigt sich, dass es sehr viele Menschen gibt, die von der "Norm" abweichen, die es aber vielleicht auch so gar nicht gibt. Es ist aus meiner Sicht Kern von Beziehungsanarchie mit diesen starren Strukturen bewusst zu brechen und sich zu öffnen, sich zu trauen abzuweichen vom monogamen, rein heterosexuellen Partnerschaftsmodell der Kompromisse im Loose Loose.
Wichtig ist mir vor allem dabei, dass man sich gegenseitig versteht, so dass keine Angst entsteht vor irgend welchen negativen Konsequenzen, nur weil man gerade macht, was man macht (wenn es Grundwerte wie Grenzen respektieren etc wahrt). Für mich ist es besonders wichtig, aus dem positiven Wunsch heraus zu leben. Der Mann will mich dominieren, ich mag alles abgeben - wunderbar ... ein paar Stunden Ruhe und tun, was geschieht, sich dem hingeben. Einfach mal fallen lassen, ohne Pflicht, einfach weil es beide wollen. Natürlich kann ich mich verabreden, und den Termin einhalten und auch organisieren, dass ich dann auch kann. Aber ich mein eben, dass es nicht darum geht dass ich mir denk: mist, schon wieder dieses Date, ich hab zugesagt, jetzt geh ich auch hin, wennst sein muss... sondern: ich hab ein Date und das ist genau was ich jetzt will!
Und der andere hoffe ich auch.
ich finde das schlimmste Szenario immer, wenn mich hier ein Mann datet, der eigentlich gar keinen Bock auf mich hat. Und noch schlimmer: wenn eine bessere Frau daherkommt ich gelöscht werde oder oder. Also nie Lust auf mich bestand. Solche Verhaltensweisen erzürnen mich zutiefst, weil es meinem Lebenskonzept der Beziehungsanarchie widerspricht im gesamten Kern dessen wer ich bin und was ich lebe.
Warum um alles in der Welt sollte ich ein Date vereinbaren wenn ich KEINEN BOCK darauf habe?
Jetzt ist es natürlich so, dass wir alle nur Menschen sind und das schon irgendwie sehr schwierig für manchen klingt, der mich daten will. Wie soll das denn gehen? Keine Kompromisse, wissen was man will, das auch noch aus Liebe tun und dann keine Partnerschaft führen außer beide entscheiden sich dazu aus voller Entscheidung das zu tun, was sie tun?
Wo doch das gesamte Gesellschafts-System eigentlich auf Monogamie, sich anpassen, Kompromisse, etc aufbaut im Kern oft?
Nun ja, ich bin halt so. Ich muss mich nicht einmal dafür verbiegen oder hier irgend etwas "faken" bis ich es mache. Mir persönlich war als ich diese 9 Punkte las endlich klar, wie ich bin. Ich verstand, warum ich so anders bin wie andere, nicht nur aufgrund dessen weil ich Autistin bin und eine PTBS mit mir herum trage im sexuellen (zum Glück in anderen Bereichen nicht).
Ich bin Beziehungsanarchistin
Und ich habe gelernt, dass es besser ist erstmal zu vertrauen. Oder es zumindest zu versuchen, obwohl mir das wirklich schwer fällt, immer wieder aufs Neue. Manchmal brauche ich Jahre, bis ich einem Menschen wirklich vertraue. Manchmal verschenke ich mein Herz sofort.
Und so lebe ich mit Menschen in verschiedenen Beziehungsformen, manchmal ist jemand eifersüchtig auf einen Mann, mit dem ich nur intim schreibe. Mal ist wer anders eifersüchtig auf jemanden, mit dem ich intensive sexuelle Erfahrungen suche. Eifersucht finde ich immer schwierig... denn ich schenke mein Herz und wenn mir nach etwas nicht ist, aus ganzer Seele heraus, wie z.B. mit jemandem Sex zu haben mit es einst Spass machte, aber aus irgend einem Grund dann später nicht mehr, dann ist es halt später auch vorbei. Und Eifersucht sinnlos, denn nicht jeder Bereich den ich einmal hergebe ist deshalb für immer demjenigen zu Eigen.
Es hat mich 2 Jahrzehnte meines Lebens gekostet zu lernen hier rechtzeitig Grenzen zu setzen, wenn Männer eifersüchtig werden, meine Grenzen überschreiten beginnen. Aber je mehr ich insgesamt darauf achte auf Grenzen zu achten, auch des Gegenübers, je weniger kommt es überhaupt zu Konflikten.
Denn: selbst ein einfaches Treffen muss aus vollen Willen und mit dem Herzen beider stattfinden. Und so kann nie etwas falsch laufen. Will einer von beiden nicht mehr - ist es vorbei.
Mit Entscheidungen für ein ganzes Leben bin ich deutlich vorsichtiger geworden.
herzlich
Die WuselDuselin