Wörterbuch
Autismus Viele Autist:innen sehen, hören, riechen und erleben die Welt anders als nichtautistische Menschen. Es ist davon auszugehen, dass Autismus mit einer veränderten Wahrnehmung der Umwelt einhergeht, es werden insgesamt mehr Reize bewusst verarbeitet und/oder einzelne Reize verstärkt wahrgenommen. So kann es beispielsweise sein, dass einzelne Autist:innen Gerüche, Geschmäcker, Geräusche, Berührungen oder visuelle Reize wahrnehmen, die andere nicht bemerken. Häufig schauen Autist:innen z.B. sehr stark in die Augen oder auch im Gespräch ganz wo anders hin, um sich auf den Gegenüber zu konzentrieren. Diese andere Wahrnehmung sorgt dafür, dass Autist:innen ihre Umwelt teilweise als intensiver und chaotischer wahrnehmen als NichtAutist:innen und sich das im Miteinander stark auswirkt.
Barrieren
Barrieren können Hindernisse jeder Art sein, welche im Alltag einschränkend sind. Sie sind immer subjektiv zu betrachten, daher kann dieselbe Situation für eine Person gar kein Problem darstellen, während sie für eine andere Person so schlimm ist, dass sie zu so einem großen Hindernis wird, dass nicht normal weitergemacht werden kann. Barrieren können in der körperlichen, gedanklichen oder in der Gefühlswelt erscheinen.
Virtuelles Leben
Virtuelles Leben beschreibt eine Möglichkeit für Autist:innen, mit Mitmenschen auf verschiedene Weise in virtueller Form zu begegnen. In Virtuellen Räumen. So wie hier z.B. oder auf anderen Wegen, z.B. mit einem Livestream in einen "Nebenraum". Vielen ist die Regulierbarkeit hier sehr lieb, da bestimmte Räume schnell verlassen oder geschlossen werden können und die Kommunikation kann hinter einander stattfinden (muss nicht gleichzeitig gesprochen werden im Chat z.B.) Auf Dauer wird aber auch von Autist:innen beschrieben, dass nur dort auch nicht ganz erfüllen ist, auch wenn Autisten das zum Teil wirklich sehr lange "dort aushalten" ganz ohne physische Nähe, bzw diese sehr dosiert / reguliert wie z.B. im BDSM oder in Safe Spaces von Beziehungen / Beziehungsformen.
Hypersensitivität
Hypersensitivität ist ein Zustand, der situativ oder permanent auftreten kann, bei dem Menschen Reize verstärkt wahrnehmen und es ihnen schwerfällt, Reize zu filtern. Dies betrifft die Sinnesreize (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen). Hier kann es zu einem Overload, also einer Reizüberflutung kommen.
Hyposensitivität
Hyposensitivität ist ein Zustand, der situativ oder permanent auftreten kann, bei dem ein oder mehrere Reize nur abgeschwächt wahrgenommen werden. Autist:innen müssen sich hier sehr anstrengen, um den Reiz, der abgeschwächt wahrgenommen wird, zu verarbeiten.
KO-Muster
KO-Muster sind Muster, welche Autist:innen handlungsunfähig machen können. Welche Muster das sind, kann sich von Person zu Person unterscheiden, da es sich um eine sehr subjektive Wahrnehmung handelt.
Masking
Bei Masking handelt es sich um ein Anpassungsverhalten an das Umfeld, welches manche Autist:innen zeigen. Meist handelt es sich hierbei um Mimik und Gestik, welche neurotypischem Verhalten angepasst werden. Auch das oberflächliche Aushalten von belastenden Situationen ist eine Form von Masking. Die Auswirkungen der Überlastung zeigen sich dann zeitverzögert, sobald eine Person in einer sicheren Umgebung (beispielsweise dem eigenen Zuhause) ist.
Meltdown
Zu einem Meltdown kann es kommen, wenn eine Person einer für sie als sehr stark empfundenen Reizüberflutung ausgesetzt ist (Overload) und sie dieser Situation nicht entkommen kann. Hier kann es zu Wutausbrüchen und selbstverletzendem Verhalten kommen. In dieser Situation ist es wichtig, den/die belastenden Reiz/e sofort zu unterbinden und die Person auch keinen weiteren Reizen auszusetzen (z.B. durch Berührung) bzw auf Wunsch auch ganz stark Festhalten, wenn das etwas bringt (muss aber dem Partner mitgeteilt werden, als Aufforderung)
Ein Meltdown
Kann auch zeitverzögert auftreten, sobald eine sichere Umgebung (beispielsweise das eigene Zuhause) aufgesucht wurde.
Neurodiversität
Neurodiversität beschreibt die neurologische Vielfalt und die unterschiedliche Reizverarbeitung und Wahrnehmung der Umwelt, die alle Menschen haben. Somit werden abweichende neurologische Verarbeitungsarten, wie sie beispielsweise bei Autismus auftreten, nicht als Störung oder Krankheit gesehen, da sie nur eine natürliche Variation der Menschheit darstellen.
Neurominderheit
Bei Neurominderheiten handelt es sich um einen Anteil der Menschheit, der in einer ähnlichen Weise eine veränderte Wahrnehmung der Umwelt hat. Beispielsweise Autist:innen oder Menschen mit ADHS. Die Diskriminierung von Neurominderheiten wirkt in ähnlicher Weise wie andere Differenzkonstruktionen, wie Rassismus oder Sexismus. Bei Neurominderheiten handelt es sich um einen kleineren Anteil von Menschen, welcher sich aufgrund beispielsweise veränderter Wahrnehmung im Vergleich zur neurotypischen Norm unterscheidet. Hierzu zählt auch Autismus.
Neurotypisch
Neurotypisch ist ein Großteil der Menschen. Hierbei handelt es sich um Normen, zum Beispiel in Bezug auf Wahrnehmung und erwartetes Sozialverhalten. Neurominderheiten entsprechen diesen Normen nicht, weshalb sie eine Minderheit im Vergleich zur Menge an neurotypischen Menschen darstellen. Das Verhalten weicht mehr oder weniger stark von dem ab, was die Normalität für die meisten Menschen darstellt.
Overload
Bei einem Overload handelt es sich um eine Überlastungserscheinung durch zum Beispiel sensorische und soziale Barrieren. Dadurch kann es unter Anderem zu zu vielen Reizen kommen, die sich aufstauen und hochschaukeln und dadurch sehr belastend für die autistische Person sein können. Ein Overload kann auch durch Hypersensitivität entstehen, wodurch Reize verstärkt und ungefiltert wahrgenommen werden. Es kann zu unwillkürlichem Stimming kommen. Wird der Overload zu schlimm, kann es zu einem Meltdown oder Shutdown kommen.
Sensorik
Die Sensorik beschäftigt sich mit der Sinneswahrnehmung (sehen, riechen, schmecken, tasten, hören) von Menschen. Besonders relevant wird diese auch bei Autismus, da hier veränderte Wahrnehmungen nachweisbar sind.
Shutdown
Ein Shutdown kann aus einer Überlastungssituation (Overload) hervorgehen. In diesem Zustand ist die Person aufgrund der starken Reizüberflutung oft nicht ansprechbar. Meist gab es vor dem Shutdown beispielsweise keine Rückzugsmöglichkeiten oder eine soziale Bedrohung und es war kein Stimming möglich. In dieser Situation ist es wichtig, den/die belastenden Reiz/e sofort zu unterbinden und die Person auch keinen weiteren Barrieren auszusetzen (z.B. durch Berührung), um ihr zu helfen, bzw auch dem Gegenteil, dem Wunsch nach sehr starkem Halt oder Druck durch Körperkontakt. Bedürfnisse, die eventuell geäußert werden, müssen ernstgenommen und respektiert werden. Ein Shutdown kann auch zeitverzögert auftreten, sobald eine sichere Umgebung (beispielsweise das eigene Zuhause) aufgesucht wurde. Im Anschluss kann es Stunden, Tage oder Wochen dauern, je nach Intensität, bis der Ruhezustand wieder erreicht wurde und die Person wieder in der Lage ist zu lernen.
Stimming
Stimming beschreibt Handlungen die unwillkürlich begonnen und bewusst oder unbewusst fortgeführt werden, die sich häufig durch kleine, in kurzer Abfolge wiederholende Handlungen auszeichnen. Beispielsweise das „Wackeln“ mit den Zehen, Spielen mit den Haaren... in einem Gespräch, das um einen Finger drehen von Kleidung oder das Drehen eines Toys.
Stimming
kann auch eine unwillkürliche Möglichkeit sein mit Barrierelast umzugehen. Es ist wichtig, diese Handlungen nicht zu unterbinden, da sie vor allem für Autist:innen ein wichtiges Hilfsmittel sind, um mit belastenden Situationen (oftmals Reizüberflutung oder anderen Barrieren) umzugehen und ansonsten ein Shutdown begünstigt wird. Sie kann Wiederholung von Worten sein (Echolalie), Gesang / Musik immer das Selbe Lied auch 2.000 Mal (WIRKLICH! diese Zahl ist echt, im Laufe eines erwachsenen Autisten kann das die Anzahl sein, die das Lieblingslied gehört wurde), und Vieles mehr. Eigentlich alles, was Reizregulation bedeutet, auch BDSM oder Sex an sich.